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Braut der Nacht

Braut der Nacht

Titel: Braut der Nacht
Autoren: Kalayna Price
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Eine kopflose Leiche, die quälenden Erinnerungen des Einzelgängers, das Nichts, und jetzt auch noch Grabschändung? Konnte diese Nacht noch schlimmer werden?
    Moment, das hatte ich ganz vergessen. Sobald ich zu Nathanials Haus zurückgekehrt war, musste ich immer noch vor dem Vampirrat erscheinen. Ich seufzte und ließ die Hände sinken.
    Wir konnten die ganze Sache ebenso gut gleich hinter uns bringen.
    »Welcher ist es?« Mit einer ausladenden Geste deutete ich auf die Reihen von Grabmälern, die sich, so weit das Auge reichte, um uns herum erstreckten.
    Gil deutete auf ein kleines Mausoleum mit etwas, das wie eine Sphinx aussah, die den von einem rostigen Tor versperrten Eingang bewachte. Das Tor quietschte in den alten Angeln, als es aufschwang, und rote Rostflocken blieben an meinen Fingern hängen. Im Innern zeigte Gil auf den zweiten Sarkophag. Ich versetzte dem Deckel einen Stoß, doch die große Betonplatte bewegte sich keinen Millimeter.
    Also suchte ich mir einen besseren Winkel, stützte mich mit den Knien ab und schob kräftiger. Wenn uns ein Mensch dabei beobachtet hätte, hätte er wahrscheinlich über die Vorstellung gelacht, dass ich die Platte bewegen wollte. Schließlich war ich kaum eins sechzig groß und durch die fünf Jahre, die ich als Streuner auf der Straße gelebt hatte, dünner, als ein Raubtier sein sollte, aber schon als Gestaltwandler war ich stärker als ein Mensch gewesen, und als Vampir war ich sogar noch stärker. Nicht so stark, dass ich einen Bus durch die Gegend schleudern konnte, aber viel stärker, als ich aussah.
    Der Stein schabte über den Sockel, und ein durch Mark und Bein gehendes, mahlendes Geräusch erfüllte das Mausoleum. Neben mir wippte Gil aufgeregt auf den Zehenspitzen, während sie versuchte, in das größer werdende Loch zu spähen. Ich schob noch ein letztes Mal und blickte dann auf das hinunter, was ich freigelegt hatte.
    Aus dem Sarkophag grinste mich ein uraltes Skelett an, die dünnen Arme über grauem Stoff gekreuzt, der an seinem Brustkorb herunterhing.
    »Das ist es?«, fragte ich und trat einen Schritt zur Seite.
    Gil beugte sich über die dreieckige Öffnung und klammerte sich an den alten Zement. Ihre dunklen Locken wippten, als sie den Kopf schüttelte. »Er ist nicht hier.«
    Oh, da lag eindeutig jemand in diesem Sarkophag, doch da der Name, der in die Vorderseite eingraviert war, »Mary Elizabeth Stanhope« lautete, war ich mir ziemlich sicher, dass, wer immer er auch war, sich nie in diesem Grab befunden hatte.
    Gil stieß sich ab und schlurfte zum Eingang des Mausoleums zurück. »Ich muss mich bei irgendetwas verrechnet haben. Vielleicht wenn…« Wieder zauberte sie eine Schriftrolle aus der Luft herbei und sah sich auf dem Friedhof um. »Ich hätte schwören können… Aber…« Mit einem Stirnrunzeln ließ sie die Schriftrolle wieder verschwinden. »Ich bring dich nach Hause.«
    Magie kroch über meine Haut.
    »Warte!« Ich stolperte einen Schritt zurück. Auf keinen Fall würde ich wieder ins Nichts gehen. Ich würde Nathanial rufen. Ich wusste seine Nummer nicht, aber ich hatte das Telefon auf seiner Anrichte stehen sehen. Ich konnte seine Telefonnummer herausfinden, und dann würde er kommen und mich abholen. Okay, meine Logik mochte ein bisschen fehlerhaft sein, aber ich würde einfach warten. Zum Teufel mit dem Vampirrat!
    Gil ignorierte meinen Protest. Ihre Hand berührte meinen Arm. Dann versank das Mausoleum in Schwärze.
    Ich lag auf der Seite und blinzelte in die Dunkelheit. Nicht in die Leere des Nichts– meine Vampiraugen konnten die holzgetäfelten Wände und die Zimmerdecke deutlich erkennen, deshalb lag diese Dunkelheit einfach nur an dem fehlenden Licht in Nathanials Flur.
    Keine Abenteuer mehr mit Gil.
    Nie wieder.
    Das hielt mein Magen einfach nicht aus.
    Ich kämpfte gegen den Drang an, alles wieder von mir zu geben, was ich zu mir genommen hatte, dann stemmte ich mich von dem flauschigen Teppich hoch. Zuerst spielten meine Knie noch nicht richtig mit, aber beim zweiten Anlauf gelang es mir, wieder auf die Beine zu kommen. Ich lehnte mich kurz an die Wand, bevor ich zum Hauptteil des Hauses stolperte.
    Die Schwingtüren zur Küche standen halb offen, und ich blieb einen Augenblick lang stehen und starrte von draußen hinein auf Nathanial. Er saß auf einem der ungepolsterten Stühle, mehrere Bücher um sich herum auf dem Tisch ausgebreitet und mit einem Laptop direkt vor sich. Die Opernmaske hatte er abgenommen. Sie lag
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