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Brausepulver für den Papst

Brausepulver für den Papst

Titel: Brausepulver für den Papst
Autoren: Jutta Ahrens
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Justin.
    »Macht nichts«, erwiderte Midian, »dieser Spaß war auch so unbezahlbar. Dafür schulde ich Pedro aus dem Kartell etwas. Seine Mixtur hat besser gewirkt, als ich dachte.«
    Leider verflog die Wirkung des Dopes so rasch, wie sie gekommen war. Nach dem Buffet hielt der Heilige Vater ein Schläfchen, und als am Nachmittag die Rede anstand, konnte er sich nicht mehr an seine Versprechen erinnern. Er wusste nur, dass er der Papst war, und der Stellvertreter Gottes auf Erden wusste, was er den Katholiken schuldete. Also ermahnte er die Armen zu Demut und Gehorsam, verbot Kondome, geißelte Sex vor der Ehe und segnete die Kurie und die weltlichen Herrscher.
    Bürgermeister, Bischof und Kardinäle atmeten auf. Ein ganzer Turmbau zu Babel fiel ihnen von der Seele, denn das Ansehen der Kirche war wiederhergestellt. Niemand ahnte etwas von dem Tonband in Justins Handschuhfach. Eine Woche später stand der Text in allen großen Blättern der Weltpresse, das Fernsehen machte Sonderberichte und schaltete eine Direktleitung zum Vatikan; Drewermann und Uta Ranke-Heinemann fehlten in keiner Talkshow. Der größte Kirchenskandal der Geschichte war perfekt.
    ***
    Wie erwartet, hatte Fiona die Kirchenseiten von
RAT & TAT
übernommen. Ihr Vorgänger durfte jetzt in der Kantine die Geschirrspülmaschine füllen. Da Fiona von Kirche nichts verstand, hatte sie Barbara als Assistentin eingestellt. Gerade berieten die beiden darüber, ob sie in ihrem nächsten Artikel eine kirchennahe oder eine kirchenkritische Haltung einnehmen sollten. Eine kniffelige Frage. Nach einer Weile rauchte ihnen der Kopf.
    »Ich hole uns mal einen Kaffee«, sagte Fiona schließlich.
    »Gute Idee.« Barbara biss erst in einen Berliner, dann wandte sie sich dem Computer zu. Das waren ihre zweitliebsten Beschäftigungen, da sah und hörte sie nichts mehr, auch nicht, dass die Bürotür leise aufgeschoben wurde. Erst, als kräftige Arme sie von hinten umschlangen und ein bekannter Moschusduft ihre Nase kitzelte, fuhr sie kreischend herum.
    »Midian!«
    Midian grinste sein Spitzbubengrinsen. »Hallo, Barbara«, sagte er mit Humphrey-Bogart-Stimme und wedelte mit zwei Eintrittskarten. »Ich habe wieder eine Überraschung für dich. Nur wir beide in einer Special-Performance-Show mit …« Er brach ab und steckte die Karten hastig in die Hosentasche. »Oh, hallo Fiona!«
    »Midian! Du bist in Berlin?« Die Kaffeetassen klirrten.
    Midian kam Fiona zur Hilfe. Bevor etwas zu Bruch gehen konnte, nahm er ihr das Tablett ab und stellte es auf den Schreibtisch. Dann küsste er sie herzhaft auf beide Wangen. »Seit gestern.«
    Fiona konnte sich nur mühsam wieder zusammenreißen, denn Midians Outfit war schlichtweg umwerfend: schwarze Lederjeans, schwarze Stiefel, schwarzer Rollkragenpullover, Pferdeschwanz, Ohren voller silberner Stecker. Ob Midian noch weitere Stecker an delikateren Stellen vorzuweisen hatte? Fiona versteckte ihre Überlegungen hinter einem bezaubernden Lächeln.
    »Nett, dass du uns mal in der Redaktion besuchst.«
    »Du weißt doch, seit Tunesien ist Nettsein meine zweite Natur.« Midian lächelte ebenso gewinnend zurück und griff unaufgefordert nach Fionas Kaffeetasse und Barbaras Berliner.
    »Hast du Justin auch mitgebracht?«
    »Ich bin hier, und du fragst nach einem anderen Mann?« Das konnte Midian nicht auf sich sitzen lassen. Er drängte Fiona gegen das Fax-Gerät, da begann dieses unerwartet zu schnurren und spuckte ein Blatt aus.
    dpa-Meldung

Heute Morgen gab die Pressestelle des Vatikans eine Suchmeldung nach dem jungen Mann heraus, der den Heiligen Vater Anfang des Monats in einem Landrover durch Santiago de Chile chauffierte. Es wird vermutet, dass der Unbekannte das Tonband verbreitete, das für den größten Kirchenskandal der jüngeren Geschichte gesorgt hat.
Wie aus gut unterrichteter Quelle ferner zu erfahren war, handelt es sich bei dem Band jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Fälschung. Der Vatikan beabsichtigt deshalb, den Unbekannten zu einem öffentlichen Widerruf zu zwingen.
Nachfolgend eine Personenbeschreibung des Gesuchten mit den Worten des Heiligen Vaters: Ein Mann, schön wie ein Erzengel, seine grauen Augen lächelten, seine geschwungenen Lippen verhießen Freude und Trost. Für sachdienliche Hinweise hat der Vatikan eine Belohnung von einer Million Dollar ausgesetzt.
    Ungehalten starrte Midian auf das Fax. »Was? Der Papst hält Justin für einen Erzengel? Weshalb gibt es von mir keinen
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