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Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck

Titel: Bratt, Berte - 01 - Das Herz auf dem rechten Fleck
Autoren: Berte Bratt
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drohen und mich zwingen, gegen mein eigenes Gewissen zu handeln?“
    „Ich pfeife auf dein Gewissen. Das hat es ausgehalten, mir so viele Freuden zu zerschlagen; ich glaube, das erträgt es auch noch, wenn ich mich diese lächerlichen zwölf Meter hinablasse. Und jetzt erzähle ich den anderen von diesem Vorschlag, da kannst du meinetwegen mit deinen Protesten verschimmeln!“
    „Bernadette, ich.“
    „Halt den Mund, Feigling!“
    Ich wandte mich an den alten Mann, erklärte meinen Plan und fragte: „Was haben Sie alle an festen Gürteln, Riemen und an Sachen bei sich, die wir so zusammenknüpfen könnten, daß ich mich an ihnen hinablassen könnte?“
    Nun kam Leben in sie. Der Alte hatte einen starken Gürtel und -gesegnet sei sein Pessimismus - er hatte noch dazu Hosenträger!
    Alte Witze fallen einem in den seltsamsten Situationen im Leben ein. Nun mußte ich an die scherzhafte Erklärung eines Pessimisten denken: ein Mann, der sowohl einen Gürtel als auch einen Hosenträger trägt.
    Ohne ein Wort löste Asbjörn seinen Gürtel. Mit dem Taschenmesser schnitt er die Riemen vom Rucksack. Dann zog er den Anorak aus. Es war richtig, er hatte wirklich eine riesige Rückenbreite und ungewöhnlich lange Ärmel. Und der Stoff war gewiß fest genug, um mich auszuhalten, das wußte ich. Dann löste er den Riemen von der Kamera und holte zum Verschnüren festen Bindfaden aus den Taschen.
    Wir knüpften und schnallten aneinander. Ich zog meine Stiefel aus - die wogen sicher ein Kilo; wozu sollte ich mich schwerer machen als ich war? „Wir müssen die Höhe ausprobieren“, sagte Asbjörn.
    Die Stiefel waren am äußersten Ende angebunden und hinabgelassen. Nein, sie reichten nicht bis hinunter.
    „Wart“, rief ich, „so viel kann gar nicht mehr fehlen. Binde noch deine Schnürsenkel an, dann versuchen wir es noch einmal! Wenn nur etwa ein Meter fehlt, geht es gut. Da klettere ich ganz bis zum Ende hinunter und dann lasse ich mich fallen.“
    Wir fügten noch einen Meter Schnürsenkel hinzu. Und siehe da, wir berührten den Boden! „Steck dir meine Taschenlampe ein“, schlug Asbjörn vor.
    Seine Stimme klang sehr ruhig, sehr sachlich, so wie es bei Menschen der Fall ist, die sich bis zum Äußersten beherrschen. „Wenn du unten bist, gib mir ein Zeichen mit der Lampe.“
    „Ja“, antwortete ich. „Und du holst das Tau wieder ein und ziehst deinen Anorak an. Ich brauche eine Stunde bis zum Ort und eine viertel Stunde, um Moro zu wecken und mit ihm zur Station zu laufen. In etwa anderthalb Stunden also werden wir auch euch runterholen!“
    Nun band Asbjörn das Ende des Taus fest und schob das Fenster ganz hinunter. Die Türen ließen sich nicht öffnen. Sie wurden bei der Abfahrt der Kabine geschlossen, nur Maro und Carlo konnten sie öffnen.
    Asbjörn hob mich bis zur Höhe des Fensters hoch. „Bernadette -ich liebe dich!“
    Seine Stimme klang seltsam belegt. „Und ich dich, Asbjörn. So, jetzt habe ich das Tau fest - nein, laß mich richtig heraus, die Beine zuerst - ja so - jetzt halte ich mich am Fensterrahmen fest - laß mich los, halt das Tau lieber ein bißchen ab - nun geht es gut! Leb wohl, ich mache nicht lange!“
    Asbjörn wußte, daß ich eine gute Turnerin bin. Tauklettern ist für mich ein Kinderspiel. Aber sich an einem Tau herabzulassen, das aus Riemen, Kleidungsstücken und Hosenträgern besteht, einem Tau, das im Nachtwind hin und her schwingt und noch dazu an einer ziemlich stark schaukelnden Kabine hängt, ist doch eine andere Sache.
    Rings um mich her war pechschwarze Nacht.
    Ich hatte meine Beine um das Tau geschlungen und ließ mich mit so langen Griffen wie möglich hinunter, aber vorsichtig, um nicht zu heftig an dem Tau zu zerren. Meter um Meter - nein, wie es hin und her schwang - ich klammerte mich so fest, daß meine Hände weh taten.
    Ein Griff und noch ein Griff - und da gab es einen Ruck, das Tau riß, und ich stürzte hinab. Ich fiel, die Hände um einen harten Riemen verkrampft.
    Da lag ich nun. Ein Bein tat mir schrecklich weh und - mit Respekt zu sagen - mein Allerwertester auch. Aber ich vermochte aufzustehen. Ich konnte gehen. Ich hatte mir nichts gebrochen, nichts verstaucht. Ich war bestimm» nicht aus größerer Höhe als zwei Meter herabgestürzt.
    Aber das Tau war ziemlich weit oben zerrissen. Armer Asbjöm, nun konnte er seinen Anorak nicht zurückbekommen, denn der lag neben mir in der Dunkelheit.
    Die Taschenlampe! Jetzt mußte ich ihm ein Signal geben. Hatte
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