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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin
Autoren: Jo Clayton
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sind die nichtsnutzigen Huren in den Freudenhäusern.
    Aituatea schnitt eine finstere Miene. Soweit er erkennen konnte, hatte der Tod die Launen seiner Schwester nicht im geringsten beeinflußt. Davon brauchst du jetzt nicht zu schwafeln, hatte er gesagt. Erzähl weiter, was sich ereignet hat.
    Sie werden im Gesicht gebrandmarkt, Bruder, wäre ich im Gesicht als Diebin und Ausreißerin gebrandmarkt worden, wer hätte mich noch in seine Nähe gelassen? Also habe ich, als der Temueng-Hausmeister mich zur Arbeit in des Tekoras Kindergarten einteilt, alle Bereitschaft, vor den Temueng-Schlampen zu buckeln, obwohl ich ihnen lieber die dürren Gurgeln durchschnitte. Hotea zog eine Grimasse des Widerwillens. Und weißt du, was sie mir zumuten? Ihren Krempel zu tragen, hinter ihnen aufzuräumen, diese Temueng-Kebsen rühren keinen Finger, ich muß mir die Füße wundlaufen, um ihnen Kram zu holen, den sie sich mühelos selber besorgen könnten. Das Zirpen ihrer Stimme klang nach Verbitterung und Zorn. Sie war wütender, als Aituatea sie je erlebt hatte, so hatte er sie nicht einmal damals gesehen, als er vierzehn wurde und mit dem Haushaltsgeld zu einem Freudenmädchen ging, wie hatte es doch geheißen? Er schüttelte den Kopf, vermochte sich weder an den Namen zu entsinnen noch ans Aussehen des Mädchens. Nach einem Monat unter solchen Umständen, sagte Hotea, neige ich dann doch zum Weglaufen, selbst wenn es hieße, ich müßte Utar-Selt verlassen und für das restliche Jahr verborgen im Elend schmachten. Du könntest, dachte ich mir, lieber Bruder, allein für dich sorgen, doch ich hatte vor, dich zu warnen, für den Fall, sollte man dich, ließe das Glück dich einmal in solchem Maß wie mich im Stich, womöglich mit mir in Verbindung bringen. Den Kindergarten umgibt eine hohe Mauer, aber nahebei stehen viele Bäume. Auf der anderen Seite der Mauer liegen ein Zugangsweg für die Wächter und ein ziemlich steiles Kliff, aber das macht mich nicht bang, ich kann ebensogut wie du klettern, Bruder, und im Schwimmen bin ich besser. Schließlich habe ich mir vorgenommen, in der folgenden oder übernächsten Nacht über die Mauer zu entweichen, aber da sticht mich die fette alte Tungjii unversehens wieder ins Hinterteil. Des Tekoras jüngste Tochter verschwindet. Mehrmals drosch Hotea mit der Faust auf Aituateas Schulter, er schrak vor dem Brennen der Berührungen zurück. Er sprang fort, hielt sich den Kopf, als die plötzliche Bewegung seinen Affen aufschreckte, der Dämon aus dem Innern des Schädels gegen die Schläfen lostrommelte. Hotea lachte, der Hohn in ihrer lautlosen Stimme bewirkte, daß sich Aituatea schier die Nackenhaare sträuben wollten. Du Trottel, sagte sie, treibst du's weiter so, wirst du dich totsaufen. Du brauchst eine Ehefrau, das heißt, eine tüchtige Frau, die besser auf dich achtgibt, als ich es konnte, dir Söhne schenkt. Du willst doch nicht, daß unsere Familie mit dir ausstirbt, oder, Bruder? Hotea schüttelte sich, ihre Gestalt zerstob, fügte sich neu zusammen. Hör zu, sagte sie, du mußt etwas gegen diese Hexe unternehmen, solange sie lebt, werde ich keinen Frieden finden. Sie rang die Hände, huschte aufgeregt im Zimmer hin und her, beruhigte sich erst nach und nach wieder, während der Großmuttersgeist ihr den Arm tätschelte, die zerfransten Lippen bewegte, keine Worte, sondern nur unverständliche Brabbeleien hervorbrachte. Hotea kam wieder vor Aituatea geschwebt. Des Tekoras jüngste Tochter, wiederholte sie, drei Jahre, sie hatte gerade laufen gelernt, die scheußliche kleine Laus, man hätte sie sofort nach der Geburt ersäufen sollen. Am Vorabend des Neumonds kehrt man das Unterste zuoberst, wir müssen zweimal soviel schuften. Zunächst mache ich mir keine sonderlichen Gedanken über das Balg, höchstens daß ich's am liebsten eigenhändig erwürgen würde, fände ich es, das Kind hat mir mit seinem Verschwinden meinen Plan verdorben. Drei Tage später entdeckt man es im Springbrunnen des Kindergartens, mit dem Gesicht nach unten, geschrumpft und blutleer wie ein ausgesaugter Käfer. Nicht ertrunken, aber jedenfalls tot. Mir war schon vorher vorm Fortlaufen bang, aber jetzt ...! Der Tekora würde Silili Stein um Stein und Balken um Balken abtragen lassen, um mich aufzuspüren ... Dachte ich derzeit auf alle Fälle. Die anderen Fronmaiden sind genauso verzagt wie ich. Wir sind Hina in einem Temueng-Haus, deshalb sind wir an allem schuld, auch wenn wir nichts anstellen, und die anderen
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