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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin
Autoren: Jo Clayton
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herrische ältere Schwester am Hals zu haben. In der Nacht muß ein anderes Mädchen im Kinderhort schlafen, dafür sei Godalau Dank, aber ich beschließe, mich hineinzuschleichen und zu beobachten, was geschieht. Ich sage mir, je mehr ich weiß, um so leichter werde ich entwischen können, ohne daß die Hexe mich zu fassen bekommt. Nun ja, immerhin war's eine einleuchtende Überlegung. Wie es sich bisweilen verhält, wenn die alte Tungjii sich mit Jah'takash trifft und die beiden darauf warten, daß man den Fuß an die falsche Stelle setzt und bis an die Ohren im Kot versinkt, war an dem Abend für mich alles ganz leicht. Die übrigen Fronmaiden legen sich früh zu Bett. Schnarchen. Fast entscheide ich, es genauso zu tun, aber ich tu's nicht. Ich zwinge mich regelrecht dazu, aus dem Bett zu steigen. Mich zu bewegen, hilft mir, bald fühle ich mich weniger schläfrig. Ich stehle mich zum Kinderhort, erschrecke mich unterwegs vor jedem Schatten, und davon hat's viele, der Wind pfeift durch die Flure und versetzt die Lampen ins Schaukeln, aber das ist so etwas, was man abends in großen Gebäuden erwarten muß, deshalb ängstigt es mich nicht, statt dessen ist mir beinahe, als wäre ich daheim, streife mit Ältestem Ohm durch ein fremdes Haus. Im Kinderhort liegen die Gören in festem Schlaf. Die Fronmaid schnarcht auf dem Strohlager. Sie zuckt nicht einmal, während ich über sie hinwegsteige und mich unterm Bett einer der toten Töchter verstecke. Es steht in der Nähe der Gartentür, und ich denke mir, falls etwas schiefgeht, kann ich durch diese Tür flüchten. Die Tür ist einen Spaltbreit offen, ein Keil ihr untergeschoben, um wegen des kräftigen Anisgeruchs Luft einzulassen, das Zimmer zu lüften. Ich liege unter dem Bett und kaue auf der Unterlippe. Ich erwarte, daß sich bald etwas zuträgt. Geräusche des Winds und des Springbrunnens dringen herein, fast kann ich die Fronmaid nicht schnarchen hören. Unterm Bett hat sich reichlich Staub angesammelt. Niemand schaut nach dem Rechten, und wir Fronmaiden tun nicht mehr, als wir unbedingt müssen, aber das bereue ich nun, ich bekomme Staub in die Nase, so daß sie ich weiß nicht wie juckt. Nach einer Weile spüre ich Stiche vom Nacken bis zwischen die Schultern. Eine Zeitlang halte ich noch durch, dann muß ich mich strecken und recken, will ich später dazu imstande sein, zu gehen, ohne auf die Schnauze zu fallen. Ich bin nahezu so weit, daß ich mich wieder ins eigene Bett legen will, schimpfe bei mir auf Tungjii und Jah'takash, da höre ich plötzlich eine Art von Summen. Ich unterlasse sofort jede Bewegung und hoffe, der Wind hat meine Geräusche übertönt. Ich kann dir das Summen nicht beschreiben, ich hatte nie zuvor etwas ähnliches gehört. Immer wieder sinken mir die Lider herab, auf einmal bereitet mir das Wachbleiben alle Mühe. Da kriege ich erneut Staub in die Nase, muß fast niesen, kann es aber mit knapper Not verhindern. Das Gute ist: Das Kribbeln befreit mich vom Bann der Hexe. Ich schiebe mich ans Fußende des Betts und verrenke mir schier den Hals, um die Zimmertür zu sehen.
    Die Fransen am Saum der Überdecke verbergen mich, und ich fühle mich ziemlich sicher. Unter der Tür steht das Kadda-Weib. Das Summen verstummt. Aus den Schatten tritt der Tekora neben seine Hauptfrau. Ich stelle das Atmen ein. Er sieht hungrig aus. Mir ist zum Kotzen zumute. Die Kadda-Hexe blickt sich im Schlafzimmer um. Ich habe das Gefühl, sie kann mich sehen. Ich schließe die Augen und male mir aus, ich wäre ein aus dem Garten ins Zimmer gehüpfter Frosch. Selbst mit geschlossenen Augen spüre ich, wie sie mich betrachtet. Ich bin sicher, sie wird mich unterm Bett hervorrufen. Ich denke, es ist höchste Zeit, daß ich in den Garten renne und über die Mauer die Flucht ergreife. Aber nichts geschieht, und ich kann der Versuchung nicht widerstehen, noch einen Blick zu wagen. Die Kadda-Hexe lächelt den Tekora an und nimmt die Hand von seinem Arm. Es ist, als hätte sie ihm Zügel abgenommen. Er geht zum Bett einer Tochter. Er schaut das kleine Mädchen an, blickt dann über die Schulter hinüber zu seiner Hauptfrau. Sie nickt. Er beugt sich vor und flüstert etwas, das ich nicht verstehe, das mir trotzdem in den Ohren schmerzt. Das Mädchen erhebt sich, folgt ihm aus dem Schlafzimmer. Seine eigene Tochter! Hoteas Stimme versagte, als Entrüstung sie packte. Ihre Gestalt geriet ins Wallen, drohte zu zerfleddern, doch sie behielt sich in der Gewalt, klammerte eine
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