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Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin
Autoren: Jo Clayton
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Maiden sind zu blöd und zu feig, um bloß 'n Schmetterling wegzuscheuchen. Der Hausmeister prügelt uns, allerdings ohne Begeisterung. Alles geht so weiter wie zuvor. Aber am Vorabend des nachfolgenden Neumonds ereilt der Tod noch eine Tochter des Tekoras, und ich erlebe mit, wie's geschieht. Wir Fronmaiden haben Auftrag, reihum im Kinderhort zu schlafen, damit die Töchter nicht umherstrolchen. An dem Abend bin ich an der Reihe. Eine Fronmaid bringt mir einen Becher Tee. Während sie geht, schnuppere ich dran. Kräutertee. Anis und noch was ist drin, ich weiß nicht was. Ich nehme den Becher mit zur Gartentür und schaue mir den Tee genau an, doch ich kann nichts Auffälliges feststellen. Ich schnuppere noch einmal, und mir wird ein wenig schwindlig. Ich kippe den Tee zur Tür hinaus, setze aber den Becher neben meinem Strohsack ab, so daß es aussieht, als hätte ich ihn ausgetrunken. Ich lege mich nieder. Eigentlich fürchte ich mich zu sehr, um zu schlafen, aber trotzdem schlafe ich, bis zum Abend mußte ich für die Schlunzen hin- und herrennen wie eine Sklavin, ich bin müde bis in die Knochen. Irgend etwas weckt mich. Ich rühre mich nicht, öffne aber die Lider einen Schlitz weit, atme gleichmäßig. Gleich darauf sehe ich die Tekamin auf der Schwelle stehen, die neue Hauptfrau des Tekoras, er hat ihr seine übrigen Weiber untergeordnet, und sie sind deswegen außer sich vor Mißgunst, aber was sollen sie tun? Ei ja, Brüderchen, ich habe eine Menge Klatsch und Tratsch belauscht, während ich den Schlumpen diente. Sie kriegen den Tekora kaum noch von weitem zu sehen, seit er diese Frau aus Andurya Durat mitgebracht hat. Niemand weiß, woher sie stammt, wo ihre Familie oder ihr Klan wohnt, sogar die anderen Weiber sind zu ängstlich, um zu fragen. Und nun steht sie da an der Tür, schlank und düster und lieblich, flößt mir schreckliche Angst ein. Sie schleicht herein, berührt das Gesicht der zweitjüngsten Tochter, das Kind steigt aus dem Bett und folgt ihr, und da begreife ich, was sie ist, sie ist eine Kadda-Hexe, eine Blutsaugerin. Danach liege ich auf meinem Strohsack und schlottere vor mich hin, wünsche mir, ich hätte den Tee mit dem Betäubungsmittel getrunken, und im Kopf dreht und dreht sich mir immerzu alles, während ich zu entscheiden versuche, was ich tun soll. Ich erwäge, noch vor Morgengrauen zu fliehen und mich versteckt zu halten. Aber ich muß fortwährend an die Kadda-Frau denken. Ich will nicht, daß sie mir nachschnüffelt, ich habe das Gefühl, sie kann mich mit ihrer Nase aufspüren, wo ich mich auch verberge. Tja, Bruder, also stimme ich am Morgen ein Geschrei an, was blieb mir denn anderes übrig? Und du kannst mir glauben, daß ich kein Wörtchen über die Tekamin geäußert habe. Die anderen Töchter heulen und kreischen, stampfen mit den dünnen Füßen, die älteren Weiber rasen, ziehen Fronmaiden an den Haaren, schütteln die Fäuste. Der Hausmeister verdrischt mich noch einmal, er macht es nur aus Pflichtbewußtsein, und für sich selbst, glaube ich. Er hat auch Furcht und ist froh, sich ein bißchen an meinem Rücken austoben zu können. Im darauffolgenden Monat habe ich mich stark zurückgehalten, das darfst du mir glauben. Ein paarmal versuche ich, mich aus dem Fronmaiden-Schlafsaal zu schleichen, aber die verdammten Mädchen schlafen schlecht, ständig wacht eins auf, sobald ich mich rege. Allerdings gebe ich mir ohnehin keine große Mühe. Noch nicht. Ich sorge mich wegen der Kadda-Frau nicht sonderlich, obwohl sie mich manchmal anschaut, als frage sie sich, ob ich in jener Nacht wirklich geschlafen habe. Ich spiele sogar mit dem Gedanken, ob ich das Fronjahr nicht einfach durchstehen und unbescholten beenden kann, alle diese Botengänge, das Geschleppe und Aufräumen kommen mir mit einem Mal nicht mehr so schlimm vor. Dann nimmt der Wunde Mond stets rascher ab, bis es wieder Vorabend des Neumonds ist, und mich plagt dermaßen die Neugierde, daß ich's nicht aushalten kann. Du hast mir mehr als einmal vorausgesagt, Bruder, meine Neugier werde einstmals mein Tod sein. Hotea hatte gekichert, und mit ihr hatten die anderen Geister gelacht, ein stummes, häßliches Gewirr von Prusten, Kichern und Johlen ausgestoßen. Aituatea hatte sich schlaff auf einen Stuhl sacken lassen und mürrisch abgewartet, bis sie damit aufhörten. Ihn erheiterte eine Zwangslage nicht, die ihn dazu nötigte, entweder einer Blutsauger-Hexe nachzustellen oder für den Rest des Lebens eine
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