Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandherd

Brandherd

Titel: Brandherd
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
schrieb schnell mit.
    »Zum Teufel, nein! Damit dürfen Sie sich amüsieren.«
    Ich ließ den Kugelschreiber einen Augenblick auf dem Notizblatt ruhen. »Marino, wir haben es mit dem Brand eines allein stehenden Privathauses zu tun. Selbst wenn Verdacht auf Brandstiftung besteht und der Fall exponiert ist, sehe ich nicht, wieso das ATF sich dafür interessiert.«
    »Whiskey, Maschinengewehre, vom An- und Verkauf von Klassegäulen ganz zu schweigen; und schon sind wir bei einem Unternehmen«, antwortete Marino.
    »Na großartig«, murmelte ich.
    »Das können Sie laut sagen. Die Sache ist ein verdammter Alptraum. Der Fire Marshal wird Sie im Laufe des Tages anrufen. Packen Sie besser gleich Ihr Zeug zusammen. Der Hubschrauber erwartet uns vor Tagesanbruch. Ungünstiges Timing, wie immer. Schätze, dass Sie Ihren Urlaub abschreiben können.«
    Benton und ich wollten eigentlich am Abend nach Hilton Head fahren und eine Woche Urlaub am Meer machen. Wir hatten in diesem Jahr noch keine Zeit für uns allein gehabt und waren beide ausgelaugt und mit unseren Kräften am Ende. Ich mochte ihm nicht in die Augen blicken, nachdem ich aufgelegt hatte.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich zu ihm. »Du wirst wohl mitbekommen haben, dass da ein Riesenunglück passiert ist.«
    Ich zögerte, während ich ihn beobachtete. Er wollte mich nicht ansehen und fuhr fort, Carrie Grethens Brief zu entziffern.
    »Ich muss da hin. Gleich morgen früh. Vielleicht kann ich ja Mitte der Woche zu dir stoßen.«
    Er wandte sich ab, weil er davon nichts hören wollte.
    »Bitte, versteh doch«, sagte ich zu ihm.
    Er schien mich nicht zu hören, und ich wusste, er war schrecklich enttäuscht.
    »Du hast doch diese Torso-Morde bearbeitet«, sagte er, während er las. »Diese Verstümmelungen in Irland und hier. >Abgesägtes Bein<. Dabei phantasiert sie über Lucy und masturbiert. Kommt unter der Bettdecke jede Nacht mehrmals zum Orgasmus. Angeblich.«
    Sein Blick wanderte weiter den Brief hinab, während er mit sich selbst zu sprechen schien.
    »Sie sagt, sie hätten immer noch ein Verhältnis, Carrie und Lucy«, murmelte er. »Dieses Wir -Gerede ist ihr Versuch, einen Fall von Persönlichkeitsspaltung vorzutäuschen. Sie sagt, sie ist nicht anwesend, wenn sie ihre Verbrechen begeht. Jemand anders begeht sie. Verschiedene Persönlichkeiten. Ein vorhersehbares und langweiliges Plädoyer auf Unzurechnungsfähigkeit. Ich hätte gedacht, sie wäre ein bisschen origineller.«
    »Sie ist absolut zurechnungsfähig«, antwortete ich in einer Anwallung neuen Zorns.
    »Du und ich, wir wissen das.« Er trank Evian aus einer Plastikflasche. »Woher kommt eigentlich der Name Lucy Boo?«
    Ein Tropfen Wasser rann ihm das Kinn hinab, und er wischte ihn mit dem Handrücken weg.
    Ich stockte einen Augenblick. »Ein Kosename, mit dem ich meine Nichte angeredet habe, bis sie in den Kindergarten kam.
    Dann wollte sie nicht mehr so genannt werden. Manchmal rutscht er mir noch heraus.« Ich schwieg erneut, als ich mich erinnerte, wie sie damals war. »Ich vermute, dass sie Carrie von diesem Kosenamen erzählt hat.«
    »Na ja, wir wissen, dass es eine Zeit gab, da Lucy Carrie ziemlich vertraut hat.« Benton stellte nur fest, was ohnehin nicht zu übersehen war. »Sie war Lucys erste Geliebte. Und wir wissen auch, dass man das erste Mal nie vergisst, egal wie lausig es war.«
    »Die meisten Menschen wählen sich allerdings fürs erste Mal keinen Psychopathen aus«, sagte ich und konnte es immer noch nicht fassen, dass meine Nichte Lucy genau das getan hatte.
    »Die Psychopathen sind wir, Kay«, sagte er, als hätte ic h diesen Vortrag noch nie gehört. »Der attraktive, intelligente Mensch, der im Flugzeug neben dir sitzt, hinter dir in der Schlange steht, dir an einem x-beliebigen Ort begegnet, über das Internet Kontakt zu dir aufnimmt. Brüder, Schwestern, Klassenkameraden, Söhne, Töchter, Liebhaber. Sehen aus wie du und ich. Lucy hatte keine Chance. Gegen eine Carrie Grethen konnte sie nicht das Geringste ausrichten.«
    Auf dem Rasen hinter meinem Haus wuchs zuviel Klee, aber das Frühjahr war unnatürlich kühl und ideal für meine Rosen gewesen. Jetzt krümmten sie sich und erzitterten im stürmischen Wind, und blasse Blütenblätter sanken zu Boden. Benton Wesley, der pensionierte Chef der Profiling-Abteilung des FBI, dort, wo die Täterprofile erstellt wurden, fuhr fort, seine Gedanken zu entwickeln.
    »Carrie will Fotos von Gault. Fotos vom Tatort, Autopsiefotos.
    Du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher