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Bran

Bran

Titel: Bran
Autoren: Matthias Falke
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musste er eine Entscheidung treffen. Er folgte dem Shuttle, das in donnernder Geschwindigkeit in den Tiefflug übergegangen war und jetzt in die Schluchten und Canyons dieses Stadtgebirges eintauchte. Es waren Täler aus Eisen und Stahl, die kilometertief in die schroff aufragenden Zinnen der Baumasse eingeschluchtet waren. Brücken und Träger spannten sich über die großen Avenuen und Magistralen, deren Grund kaum sichtbar war. Ein dreidimensionales Labyrinth, von lokalen Gleitern und Scootern wimmelnd, für die es keine Vorfahrtsregeln gab. Nur das Gewohnheitsrecht und den Vorrang des Stärkeren.
    Straner hatte das Steuer an die Bordcomputer abgegeben, da es Wahnsinn war, durch diesen Irrgarten und bei dieser aberwitzigen Geschwindigkeit von Hand zu fliegen. Er hatte die Automatik lakonisch angewiesen, dem vor ihm dahinrasenden Shuttle zu folgen, das sich mit halsbrecherischen Manövern dem Verlauf von Gassen überließ, die wenige Meter breit, aber 800 Etagen hoch waren. Als unbeteiligter Zuschauer ließ Straner die mörderische Hatz über sich ergehen und fragte sich dabei, ob der Pilot des Shuttles ihn abhängen oder beeindrucken wolle.
    Endlich öffnete sich das steinerne Geflecht aus Wohntürmen und Bürokomplexen und wich einer großzügigeren Bebauung. Das Shuttle setzte auf einer kleinen Terrasse zur Landung an, die zweihundert Meter über Grund aus einem verschachtelten und prunkvollen Gebäude auskragte. Vermutlich war es ein privater Landeplatz, aber da man ihm keinen anderen zugewiesen hatte und da auch jetzt niemand dagegen protestierte, fing er die HOOKED KITE so elegant wie möglich ab und ging wenige Schritte neben dem anderen Schiff herunter.
    Die Aggregate liefen dröhnend aus. Die Standardmeldungen rieselten über die Schirme. Der Druckausgleich quietschte in den Ohren. Straner löste die Gurte aus künstlicher Gravitation, erhob sich und stieg aus.
    Sengende Glut schlug ihm entgegen. Es war Mittag in Zhid City, auf dem Höhepunkt der Trockenzeit. Die Sonne stand senkrecht. Die gewaltigen Stahlkomplexe warfen keine Handbreit Schatten. Myriaden polierter Scheiben reflektierten den Glast, der sich dabei ins Unerträgliche steigerte. Als spielten Riesen über seinen Kopf hinweg mit glühenden Lavabrocken Ball.
    Straner blinzelte und atmete tief durch, wobei er das Gefühl hatte, dass seine Bronchien angesengt würden. Die Luft war heiß wie in einer Stahlschmiede, und sie schmeckte nach Feuer und verbranntem Metall. Dann ließ er sich in die Haltung der Unerschütterlichkeit hineingleiten wie in ein maßgeschneidertes und eng anliegendes Gewand.
    Um die HOOKED KITE herumgehend, versorgte er zuerst die Systeme des Schiffes, von dessen Unversehrtheit er sich eingehend überzeugte. Er klappte das Panel der Steuerbordstelze aus und checkte alle Einzelheiten der Triebwerkssignatur. So kümmerte ein Reiter sich um sein Pferd, das er bei einem Ritt über ein nächtliches Gebirge fast zu Tode geschunden hatte. Ein Gebirge aus brockigem Obsidian, scharfkantig und vor Gefahren knirschend.
    Erst dann warf er einen gleichmütigen Blick nach drüben.
    Der Pilot des Shuttles war eine Frau.
    In einen hautengen schwarzen Fluganzug gekleidet, schlank und hochbeinig. Sie nahm gerade den Helm ab und schüttelte ihr Haar auf, das schwarz und seidig war wie der Schweif eines kostbaren Pferdes. Eines Pferdes, auf dem nur der Herrscher eines großen und reichen Landes reiten durfte. Es musste ein königliches Vergnügen sein, zuckte es durch Straners Hirnwindungen, ein solches Pferd zuzureiten, in der offenen Wüste, von Falken umschwirrt, über Klapperschlangen hinwegsetzend, deren geblähter Hals und gebleckte Fangzähne den Läufen eines solchen Tieres nichts würden anhaben können.
    Das Shuttle, dessen Abstrahler mit der Hitze des Mittags darin wetteiferten, die Luft zum Sieden zu bringen, trug am Leitwerk das hoheitliche Emblem des Herrscherhauses von Zhid: der Gazellenadler in einem Kranz aus den Blüten des Lederkaktus. Es war ein B-III -Cruiser der Yellowknife Inc. auf Rangkor. Das neueste Modell. Und zweifelsohne verfügte es über eine Reihe kostspieliger Extras.
    Die Pilotin hatte einem Mann das Board zugeworfen, das Kennung und Flugdaten ihres Shuttles enthielt. Dieser Reiter versorgte sein Pferd nicht selbst. Einem anderen Mann überließ sie jetzt ihren Helm, einem dritten die schwarzen Handschuhe aus intelligentem Leder. Die Leute übernahmen die Gegenstände und gingen wortlos daran, das Schiff zu
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