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Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie

Titel: Brainspam: Aufzeichnungen aus dem Königreich der Idiotie
Autoren: Torsten Sträter
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Bauch drückte, und somit ein Hinweis auf die
Dehnbarkeit einer nicht existenten Realität liefert) ihm zeigt, wie er sich zur
Wehr setzen kann.
    Er befreit NEO von seinem wirklichen Arbeitsplatz, an dem er
im Vollkoma die Zuckerwattemaschine auf einer Kirmes in der Matrix mit Strom
versorgt, was das Anagramm seines Namens ad absurdum führt und ihn wie einen
schlecht bezahlten Trottel dastehen lässt, und erklärt ihm den Sachverhalt.
    Er sagt ihm, dass die Welt schlecht und außerdem ziemlich
dreckig geworden ist, und dass Maschinen böse sind. Nachdem er ihn beruhigt
hat, rammt er ihm von hinten einen Metallschlauch in den Schädel und bringt ihm
Kung Fu bei, wobei sie in einem Raum beginnen, der voller hölzerner Bohlen (!)
ist.
    Er lernt Trinity kennen, die in der Realität Klamotten aus
zerfetztem Frottee trägt, in der Matrix allerdings rattenscharfe Fummel aus
Polyurethan, was NEO dazu bringt, den Schlauch überhaupt nicht mehr aus der
Birne zu nehmen. In einem verschachtelten Dialog verspricht Morpheus NEO durch
die Blume, dass er ihm einen verhältnismäßig schmerzarmen USB-Anschluss in den
Schädel baut; er müsse vorher nur alles eliminieren, was sich bewegt, und zwar
am besten, ohne dabei den Teppichboden zu berühren.
    Sie töten eine Menge Feinde in der Matrix, die natürlich
nicht real sind, wobei sie weite Strecken auf der Raufasertapete anderer Leute
zurücklegen und das erste Mal in der Geschichte des Films siebentausend Schuss
aus einem Trommelrevolver abfeuern, ohne dass es logisch hinterfragt werden
muss. Er bekommt Spaß an der Sache und verbiegt sich wie ein Limbotänzer, wenn
Kugeln auf ihn zurasen, statt einfach einen Schritt zur Seite zu gehen. Agent
Smith sondert einen frischen Monolog ab, der seine Abneigung dem menschlichen
Geschlecht gegenüber zum Ausdruck bringt, was NEO veranlasst, durch einen
U-Bahnschacht zu fliegen und Smith’ Körper zu betreten, infolge dessen er in
eine ziemlich komische Gegend kommt. Anschließend passt Smith auf einen
billigen Rohling, den NEO einsteckt um davon zu fliegen.
    Oder so ähnlich.
     
    Zeit, sich anzuziehen. Meine schwarzen Shorts versaute ich
zügig mit Zahnpasta – ein spezielles Produkt, das sich nur mit Brachialgewalt
heraus reiben lässt, dafür aber täuschend echt nach Wichsflecken aussieht.
    Ein erster Blick auf die Uhr: Es wird Zeit.
    Ein letzter Blick in den Spiegel jedoch brachte mir die
Erkenntnis:
    Heute Morgen war die Matrix schon wieder mit einer 3,5-Zoll
Diskette hochgefahren worden.

I
    New York, Baby!

New York, erste Landung
    Anspruch:              
*
    Metapherndichte:    **
    Lerneffekte:           
****
    Romantik:              
*
    Action:                   
***
    Sex:                        
*
     
    Ich hatte mich wie ein Parasit an eine Splittergruppe der Jungen
Grünen – oder waren es die Grünen Jungen? – festgesaugt.
     
    Mein Freund Ingo, ein Student mit leichter Schuppenflechte
aber ohne die geringsten Englischkenntnisse, hatte mich eingeschleust. Er
dachte vermutlich, ich sei über Nacht mit politischem Engagement beseelt
worden. Ich hatte jedoch nur ein Ziel vor Augen: die verbilligte Reise nach New
York und Boston, die von den Herrschaften für knapp tausend Mark pro Nase
offeriert wurde.
    Das politische Rahmenprogramm würde ich mir schenken,
beschloss ich sofort, trumpfte aber unverhältnismäßig forsch in jeder Art von
Diskussion auf, damit sie mich mitnahmen.
    Hilfreich waren dabei Formulierungen wie ›ein Stück weit
einbringen‹ und ›ich fände es spannend, wenn …‹ Niemand nahm dabei Notiz von
meiner ironietriefenden Betonung, und ich wurde binnen vier Wochen komplett
integriert, obwohl ich in Anfällen von rhetorischer Todesverachtung immer
häufiger Scheißdreck wie › ich würde meinen wollen, dass
…‹ sowie ›Ergo – daraus folgt unabdinglich‹ in meine Reden einflocht.
    Zwei Wochen vor Antritt der Reise überwies ich den Betrag
und war nun offiziell Mitreisender. Ich stellte meine Redewendungen
unverzüglich dahingehend um, dass ich ein eifriges ›Würdest du nicht auch
sagen, dass Senioren ein Recht auf Pflege bis ins hohe Alter haben, unabhängig
von Einkommen oder Rente?‹ mit ›Arschlecken, rasieren: Dreifuffzig‹ parierte.
Obwohl die These ziemlich stimmig ist. Wenn auch nicht bezahlbar.
    Es war zu spät, stellte der Oberunionsmann ein Stück weit
betroffen fest: Ich, der dreiste Prolet von
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