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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre
Autoren: Klaus Wanninger
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deshalb also abgetaucht, auf ruhigere Zeiten mit weniger nächtlicher Polizeipräsenz wartend? Falls sie zu logischen Gedankengängen imstande waren, konnte diese Überlegung zur Erklärung auch dieser aktionslosen Nacht wieder genügen. Basierte ihr kriminelles Tun auf vernunftgeprägten Überlegungen, war ihnen klar, dass die Polizei das aufwändige Überwachungssystem sowohl aus personellen als auch aus finanziellen Erwägungen nicht auf Dauer aufrecht erhalten konnte, so notwendig es auch schien. Sie mussten sich nur für ein paar Wochen zurückziehen, auf ihre gewalttätigen Aktionen verzichten, um dann, irgendwann später, wenn sich die Lage entspannt hatte, erneut wieder zuzuschlagen.
    Neundorf war sich darüber im Klaren, dass die Konsequenzen ihrer Schlussfolgerungen zwiespältig ausfielen: Einerseits bedeuteten sie, sollten die Täter tatsächlich zu einer ähnlichen Einschätzung der Situation wie sie selbst gekommen sein, dass in den nächsten Nächten keine weiteren von ihnen verübten Überfälle zu erwarten waren, jede polizeiliche Aktivität der bisherigen präventiven Form also überflüssig war, es sich andererseits aber nur um eine vorübergehende scheinbare Ruhe handelte, die irgendwann durch das erneute Auftauchen der Verbrecher abrupt zu einem Ende kommen würde. Die Reaktion der Öffentlichkeit, die hämischen Kommentare der Boulevard-Medien für diesen Fall konnte sie sich jetzt schon ausmalen. Sie war gerade dabei, die mit ihrer Unterschrift versehene Übersicht in die dafür bereitgelegte Kladde zu schieben, als das Telefon läutete. Müde von den Strapazen der umsonst durchwachten Nacht hatte sie nach dem Hörer gegriffen, die aufgeregte Stimme des Kollegen Stöhr am Ohr.
    »Mhm, jetzt ist es doch noch passiert.«
    »Wie bitte? Von was …?«
    »Überfall auf eine Tankstelle. Gerade ging die Meldung ein.«
    »Verdammter Mist! Waren wir noch vor Ort? Haben wir die Typen erwischt?«
    »Mhm«, der Kollege am anderen Ende hatte Mühe, zu einer fundierten Antwort zu finden, »dazu … ich fürchte …«
    »Ja, was denn jetzt?«, war Neundorf dem mit seiner Auskunft zögernden Beamten ins Wort gefallen. »Haben wir die Typen oder nicht?«
    »Die Fahndung läuft, wurde ich unterrichtet.«
    Sie hatte sofort begriffen, was diese Information bedeutete. Die Verbrecher waren entkommen, allen nächtlichen polizeilichen Maßnahmen zum Trotz. Weil sie zu früh die Anweisung gegeben hatte, die Überwachung abzubrechen?
    Diese Möglichkeit war nicht auszuschließen, so sehr sie sich auch dagegen wehrte. Der Überfall war erfolgt, nachdem sie wenige Minuten zuvor die Aktion …
    Sie hatte den Gedanken daran von sich geschoben, sich auf die Ermittlungen konzentriert. »Wo ist es passiert?«
    »In Ludwigsburg.« Stöhr hatte ihr die Lage der Tankstelle überraschend genau beschrieben.
    Sie hatte nicht lange darüber nachdenken müssen, wo das war, hatte die Gegend dort schon mehrfach aufgesucht. »Ich fahre hin«, hatte sie dem Kollegen erklärt. »Jetzt sofort. Sie informieren Ohmstedt?«
    Keine Minute später war sie zu dem neuen Tatort aufgebrochen.

5. Kapitel
    Der Mann, der ihm als Leiter des Kultur- und Kongresszentrums Liederhalle vorgestellt worden war, präsentierte sich ihm mit überraschend unaufgeregter Natürlichkeit. »Herrmann ist mein Name«, hatte er ihn mit kräftigem Händedruck begrüßt, »Andreas Herrmann.«
    Braig war von einer Beamtin der Schutzpolizei zum Büro des Mannes eskortiert und dort von ihm und einer auffallende Eleganz ausstrahlenden jungen Frau empfangen worden. Es lag in der vierten Ebene des Kongresszentrums, nur durch eine Glastür vom Bereich der Toilette, in der sie den Toten gefunden hatten, getrennt.
    »Meine Kollegin, Frau Kirsch und ich stehen Ihnen mitsamt all unseren Mitarbeitern jederzeit mit Rat und Tat zur Verfügung, wann immer Sie uns benötigen.« Er hatte auf die in einen schwarzen Hosenanzug und eine weiße Bluse gekleidete junge Frau neben sich gewiesen, ihn dann gebeten, auf die Anwesenheit Herrn Trimmers, des offiziellen Vertreters der Kongress-Veranstalter, vorerst zu verzichten. »Der Mann ist völlig durch den Wind. Ein Toter auf einer seiner Veranstaltungen. Das hatte er noch nie.«
    Braig hatte sich einverstanden erklärt, die Frau an Herrmanns Seite begrüßt, dann gemeinsam mit diesen in einer kleinen Sitzecke Platz genommen. »Ich bin mir bewusst, welches Renommee Ihr Haus genießt«, begann er das Gespräch. »Sie können versichert sein, dass
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