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Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Braig & Neundorf 12: Schwabenehre

Titel: Braig & Neundorf 12: Schwabenehre
Autoren: Klaus Wanninger
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können – wenn nicht Binninger, dann er. Jawohl, wenn Sie es wissen wollen – ich fühle mich in meiner Ehre verletzt. Ich bin Manager und gehöre nicht zu dem Gesocks, das bereit ist, auf Hartz IV-Niveau zu leben, so viel Ehre besitze ich noch.«
    »Dann könnt ihr den Rest des Verfahrens jetzt dem Gericht überlassen«, meinte Neundorf.
    »Zuerst müssen wir es Söderhofer beibringen, den korrekten Sachverhalt zu akzeptieren. Das wird eine Menge Arbeit. Errare humanum est. »
    »Humanum?«, warf sie ein. »Ich glaube eher, das ist ein Problem Söderhofer.«
    »Ich bin froh, wenn ich den Kerl nicht mehr sehen muss. Wie steht es bei dir?«
    »Wir sind auf den letzten Metern. Bis bald.«
    Neundorf beendete das Gespräch, wandte sich Ohmstedt zu. »Ich denke, dir geht es wie mir«, sagte sie. »Der Ludwigsburger Überfall. Einiges an der Sache kam mir schnell problematisch vor.«
    »Außerhalb der Serie«, stimmte Ohmstedt zu.
    Neundorf nickte. »Die Sache mit den zerstörten Kameras zum Beispiel.«
    »Genau. Der späte Zeitpunkt. Der Überfall fand erst kurz vor sieben Uhr statt, ganz anders …«
    »Jetzt in Münsingen kamen sie aber auch erst am Vormittag«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Richtig. Aber in Ludwigsburg kam noch eine Besonderheit dazu: Die Einnahmen des Wochenendes waren ausnahmsweise noch nicht abgeholt, weil der Geldtransport ausgefallen war. Die Beute war deshalb wesentlich größer als sonst. Wer aber konnte das wissen, außer …«
    »Warum muss das jemand gewusst haben? Vielleicht war es Glück, einfach nur Glück?«
    »Sei es, wie es will«, gab Ohmstedt zu. »Was mich aber wirklich stutzig machte, war diese doch sehr seltsame Aussage Frau Binningers dir gegenüber.«
    »Dass sie mehrere Minuten vor dem Laden saß und niemand gesehen haben will.«
    »Du hast es der Staatsanwältin mitgeteilt?«, fragte er.
    »Nein, das habe ich nicht«, antwortete Neundorf. »Und ich beabsichtige – offen gesagt – auch nicht, das zu tun. Frau Binninger hat andere Sorgen, die wird das nicht von selbst zur Sprache bringen.«
    Sie hatten das Haus in der Marbacher Altstadt, das sie bereits kannte, erreicht, läuteten an der Glocke. Christa Wössner ließ sie nicht lange warten, empfing sie schweigend am oberen Ende der knarzenden Treppe. Die beiden Kommissare reichten ihr die Hand, folgten ihr in das von der Dachschräge geprägte Wohnzimmer. Obwohl sie die altbackene verschlissene Einrichtung des Raumes längst kannte, erschrak Neundorf erneut über die Armut, die einfach nicht zu übersehen war. Wer sich gezwungen sah, in diesem Umfeld zu existieren, verfügte offensichtlich nicht über die Mittel, sich ein lebenswerteres Heim zu schaffen.
    »Ihr Mann liegt im Bett?«, fragte Ohmstedt.
    Christa Wössner nickte. Sie wartete, bis die Besucher auf zwei alten, bei jeder noch so geringfügigen Bewegung laut knarzenden Stühlen Platz genommen hatten, setzte sich dann auf der gegenüber liegenden Seite des Tisches. »Er packt es einfach nicht«, erklärte sie.
    »Wie steht es mit einer Therapie?«
    »Therapie?« Die Frau streckte ihre Arme weit von sich. »Wer bezahlt uns das?« Sie schaute fragend zu ihnen hin. »Er kommt nicht darüber hinweg, wie sie ihn bedroht haben im Oktober, bei dem ersten Überfall. Abend für Abend ist es dasselbe Spiel. Er findet keinen Schlaf, nicht vor dem frühen Morgen. Und wenn es dann doch gelingt, kaum hat er Ruhe, setzen ihn Albträume wieder der Erinnerung aus. Er schreit wie ein Verrückter, schreckt schweißgebadet auf, schnappt nach Luft. Manchmal fällt er in Ohnmacht. Ich schleppe fast jede Nacht Handtücher ans Bett, wechsle das Tuch, seinen Schlafanzug, alles ist nass. Ich weiß nicht, wo das noch enden soll.«
    »Wieso hat er dann wieder gearbeitet? Warum war er nicht krank geschrieben?«
    »Weshalb fragen Sie mich das? Stellen Sie die Frage doch diesem seltsamen Arzt.«
    »Was für ein seltsamer Arzt?«, fragte Neundorf.
    »Na, dieser Arzt in Ludwigsburg, zu dem wir in Behandlung mussten. Die Firma zwang uns dazu.«
    »Sie haben keinen Hausarzt hier in Marbach?«
    »Natürlich haben wir den. Aber die Firma akzeptiert ihn nicht. Der sei dafür bekannt, dass er jeden schon eines Mückenstichs wegen krank schreibe. Sie zwangen uns, zu diesem Vertragsarzt zu gehen. Und dann musste Herbert wieder arbeiten.«
    Neundorf nickte, er hatte von derlei Praktiken verschiedener Konzerne schon mehrfach gehört. Wenn die Arbeitssklaven nach einem krankheits- oder betriebsbedingten Ausfall
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