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Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Bragg 04 - Dunkles Verlangen

Titel: Bragg 04 - Dunkles Verlangen
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nach London führte. Der Earl drängte den Hengst zum Verlassen des Weges und galoppierte auf einer sorgfältig gepflegten Rasenfläche dahin. In den Augen seiner Gärtner war er ein Dummkopf, das wusste er nur zu gut. Schließlich hatten sie alle Hände voll damit zu tun, die Löcher, die die Hufe seines Pferdes in die Grasnarbe rissen, hinter ihm wieder zu schließen: um ihm – dem Earl – den Anblick der von ihm selbst verursachten Verwüstung zu ersparen. ja, sie schienen sogar zu glauben, dass er von alledem nichts mitbekam. Nick lächelte. Der Rasen gehörte schließlich zu seinem Besitz. Ging keinen Menschen etwas an, ob er ihn zerstörte – wenn ihm gerade danach zumute war.
    Pferd und Reiter flogen – zu einer Einheit verschmolzen mühelos über eine hohe breite Mauer hinweg. Fast tänzerisch. Auf der anderen Seite zügelte der Earl seinen Hengst und umritt im leichten Galopp eine Herde Schafe – seine Schafe. Als er eine angrenzende Koppel erreichte, war er darauf bedacht, die Stuten nicht aufzustören, die dort mit ihren ausgelassenen Fohlen grasten. Einfach quer durch ein Getreidefeld zu reiten, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Nicht mal im Traum.
    Nur der verdammte Rasen, dessen Pflege fünfzehn Gärtner in Anspruch nahm, der war ihm völlig egal.
    Er lenkte den schnaubenden Hengst zum Stall zurück. Das schweißgetränkte Hemd klebte an seinem Oberkörper. Ein paar Stallburschen kamen ihm entgegengerannt, wollten das Pferd in Empfang nehmen. Doch der Earl wehrte sie mit einer Handbewegung ab. Er führte das Pferd eine halbe Stunde im Kreis herum, bis das Tier und er selbst abgekühlt und wieder getrocknet waren.
    Der oberste Stallknecht, ein alter Mann namens Willard, beobachtete den Earl aus einiger Entfernung und kaute genüsslich auf einem Priem. Auch sein zwölf Jahre alter Neffe Jimmy, der erst seit Kurzem in Dragmore war, bestaunte seinen neuen Herrn mit weit aufgerissenen Augen. »Stimmt das eigentlich?«, flüsterte er. »Ist er wirklich der Teufel?«
    Willard spuckte seinen Priem aus. Er sah von Weitem zu, wie der Earl eine Hand auf die weichen Nüstern des Hengstes legte und den Mund nahe an dessen Ohr brachte. Aus der Entfernung war nicht zu erkennen, ob der Mann etwas zu dem Tier sagte. Doch seine ganze Haltung ließ vermuten, dass er leise auf das Tier einredete. Eines wusste Willard wenigstens ganz genau: Der Hengst dort drüben war wirklich vom Teufel besessen. »Kann schon sein«, murmelte er. »Möglich. Aber pass auf, dass niemand so etwas aus deinem Mund hört, mein Junge.«
    Schließlich überließ der Earl den Hengst einem Stallburschen und ging rasch zum Haus. Ein mächtiges Gebäude mit vierzig oder fünfzig Zimmern, wenn auch bei Weitem nicht so groß wie das berühmte Herrenhaus des Herzogs von Marlborough. Das Haus war aus roh behauenen dunkelgrauen Steinquadern erbaut und hatte mehrere Türmchen und Portale. Die zahlreichen Fenster waren mit Kristallscheiben bestückt. An den Mauern rankten sich Rosen empor – wieder so eine Idee seiner Frau. Ihm selbst hatte der Efeu viel besser gefallen, den sie vor Jahren hatte entfernen lassen.
    Der südliche Flügel des Gebäudes war völlig ausgebrannt. Aus verkohlten Steinquadern und Balken ragten halb eingestürzte Mauern empor. Das früher einmal mit Türmchen bewehrte Dach war zusammengekracht. Das Einzige, was noch stand, war ein Turm mit ausgebrannten Fensteröffnungen. Inmitten der Trümmer ragte dieser Turm wie ein tragischer Wächter auf. Der Earl würdigte die verkohlte Ruine keines einzigen Blickes.
    Er trat durch die Terrassentür in das Arbeitszimmer. Er hatte Lust auf einen Whiskey, und dann wollte er noch den Brief lesen, den er von dem Pächter in Braddock erhalten hatte. Für Brandy hatte er noch nie etwas übrig gehabt. In der Tür blieb er abrupt stehen und blickte gebannt auf ein stattliches weibliches Hinterteil. Das Dienstmädchen bückte sich gerade, um den Brief vom Boden aufzuheben.
    Auf seinen Lippen erschien der Anflug eines Lächelns, und sein Gesicht, vor allem die Augenpartie, nahm einen fast weichen Ausdruck an. Das war schon der höchste Ausdruck der Freude, dessen der Earl fähig war.
    Er blieb einen Augenblick stehen und beobachtete sie.
    Dann trat er lautlos direkt hinter sie, umfasste ihre Hüften mit den Händen und drängte sich in jäh aufloderndem Begehren an sie. Als sie sich mit einem Ruck aufrichtete und erschrocken nach Luft schnappte, küsste er sie in den Nacken.
    »Oh, habt Ihr mich
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