Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)

Titel: Boy Nobody: Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder. (German Edition)
Autoren: Allen Zadoff
Vom Netzwerk:
Erinnerungen.
    »Sieh regelmäßig nach deinen Mails«, sagt Mutter. »Dein Vater wird sich bei dir melden.«
    So bekomme ich meine Aufträge. Über Vater.
    »Bald?«
    »Du kennst doch deinen Vater. Er lässt sich nicht drängen.«
    »Natürlich.«
    »Ist wirklich alles in Ordnung?«
    »Wieso denn nicht?«
    Sie zögert kurz, dann sagt sie: »Ich muss Schluss machen. Tschüs, mein Schatz.«
    »Tschüs, Mom. Bis bald.«
    Im Zweifelsfall immer ans Drehbuch halten.
    Die Verbindung wird unterbrochen.
    Ich schließe die Poker-App.
    Die Mutter auf dem Werbeplakat lächelt mit ihren perfekt geschminkten Lippen. Stolz betrachtet sie ihren kleinen Sohn, der eine dampfende Flüssigkeit aus einem Teller löffelt.
    Wo mein ♥ ist, da bin ich zu Hause
    Zu Hause. Sieht so ein Zuhause aus?
    Ich starre auf das Plakat.
    Und jetzt fällt der Groschen.
    Es ist gar nichts Tiefsinniges an dem Spruch. Es ist einfach nur eine Suppenwerbung.

Die Warterei ist das Schlimmste.
    Die Zeit zwischen dem letzten und dem nächsten Job ist wie ein schwarzes Loch. Und das besteht aus Warten.
    An die Natick-Highschool kann ich nicht mehr zurück. Das Haus, in dem ich gewohnt habe, ist längst leer geräumt. Sämtliche Spuren meiner Existenz sind beseitigt. Die Story, die mein plötzliches Verschwinden erklären soll, ist schon in Umlauf gebracht.
    Ich habe zwei Monate lang dort allein gewohnt, während meine Eltern auf einer längeren Geschäftsreise waren. Das war die Story für meinen Einstieg.
    Dann gab es im Ausland einen schrecklichen Unfall und ich musste sofort meine Zelte abbrechen. Das ist die Story für meinen Abgang.
    Jetzt ist es Zeit, die Stadt zu verlassen. Diesmal heißt das schwarze Loch Providence.
    Ich reise am liebsten mit dem Zug. Das ist zwar langsam und altmodisch, kommt mir aber sehr entgegen. Laxe Sicherheitsbestimmungen, keine Passkontrolle und man kann sich problemlos unter falschem Namen ein Ticket kaufen. Außerdem fahre ich gern Zug. In einem Metallkasten fühle ich mich am sichersten, vor allem, wenn er in Bewegung ist.
    Ich nehme den Acela Express. Eine knappe Stunde später steheich in der Lobby des Marriott im Zentrum von Providence. Wenn man erst sechzehn ist, kann das Einchecken heikel sein. Laut Ausweis und Kreditkarte bin ich zwar schon volljährig, aber mein Äußeres, meine Klamotten, könnten mich trotzdem verraten. Ich darf nicht wie ein Teenager aussehen. Das hätte nur lästige Fragen zur Folge.
    Nicht, weil sie sich Gedanken um mich als Person machen würden. Sie haben bloß Angst um das Zimmer. Ich könnte ja wilde Partys feiern und die Einrichtung demolieren. Ich könnte mich ins Koma trinken und dann hätten sie eine Haftungsklage am Hals.
    Manchmal rufe ich vorher im Hotel an und reserviere ein Zimmer für meinen Sohn, aber das geht nicht ohne eine plausible Story, und Storys erregen Aufmerksamkeit.
    An Storys kann man sich erinnern. An jemanden, der einfach nur eincheckt, nicht.
    Also versuche ich, das Ganze möglichst unauffällig abzuwickeln. Hotelketten in großen Städten sind am besten. Besonders praktisch sind die Treueprogramme. Ich nutze im Marriott unter zehn verschiedenen Namen das Bonusprogramm.
    Ich gehe durch die Lobby. Vor dem Restaurant steht eine größere Gruppe von Leuten zwischen zwanzig und fünfzig Jahren, alle ziemlich aufgekratzt. Sie strahlen, als hätte man sie gerade aus dem Gefängnis entlassen.
    Ich werfe einen Blick auf die Tafel mit den Konferenzhinweisen.
    HERZLICH WILLKOMMEN ZUM JAHRESTREFFEN DER BIBLIOTHEKARE! steht dort.
    »Gehören Sie zu uns?«, fragt mich eine gut gekleidete Frau mit flippiger Brille.
    »Schön wär’s«, sage ich.
    Sie belohnt mich mit einem strahlenden Lächeln.
    Ich stelle mich an den Empfangstresen und gebe der Rezeptionistin meine Kreditkarte. Sie zieht sie durch den Kartenleser und reicht sie mir zurück.
    »Schön, dass Sie wieder mal unser Gast sind, Mr   Gallant.«
    Sie sieht mich forschend an.
Bist du nicht ein bisschen jung für einen Mister Gallant?
    Ein Sechzehnjähriger würde jetzt sagen:
Mr   Gallant ist mein Vater.
    »Finde ich auch«, erwidere ich. Erwachsen aussehen, erwachsen handeln.
    »Bleiben Sie länger?«
    »Wahrscheinlich nur ein paar Tage.«
    »Schade, Providence hat nämlich einiges zu bieten.«
    Sie lächelt kokett. Erst jetzt sehe ich sie mir genauer an: dunkle Haare, geschminkte graue Augen, schwarze taillierte Uniform und eine super Figur, soweit ich es sehen kann.
    Wir hätten bestimmt Spaß zusammen. Aber ich kann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher