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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Autoren: Im Sommer der Mörder
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wütend, dass sich niemand mehr an ihn herantraue. Einen der Reporter habe er bedroht, einen der Bereitschaftspolizisten beschimpft. Als sie zu ihm gehen wollte, hielt Bermann sie zurück. »Du assistierst hier nur, Luis«, sagte er und sah sie mit dieser neuen Intensität an. Der Männerblick. So lächerlich er auch war: Sie nahm ihn als weiteren Beleg dafür, dass sie sich verändert hatte. Dass sie es überstanden hatte und jede weitere Minute, jede weitere Stunde, jeden weiteren Tag überstehen konnte.
    Während sie Hannes Riedinger jetzt musterte, beschloss sie, nicht gleich zu ihm zu gehen, sondern damit noch zu warten.
    Entspanntheit zu signalisieren. Sie lächelte ihm höflich zu.
    »Und, was sagt Brenner?«, fragte Schneider.
    »Sag mir erst, was Riedinger sagt.«
    »Wieso Riedinger?«
    »Wann hat er den Brand bemerkt?«
    Schneider schnaubte unwillig.
    Riedinger hatte ausgesagt, dass er gegen halb fünf aufgestanden war, die Kühe versorgt und den Hund an die Leine gelegt hatte. Während er zum Wohnhaus zurückgegangen war, hatte er in der Dunkelheit die ersten Flammen gesehen. Er war auf den Traktor gestiegen, hatte nach fünfzig, sechzig Metern begriffen, dass er den Brand allein nicht würde löschen können, schon gar nicht ohne Wasser. Also war er umgekehrt, hatte den Notruf abgesetzt. Mit ein paar Eimern Wasser war er zu dem brennenden Schuppen gefahren, aber da hatten die Flammen schon haushoch gestanden. Als hätte einer die Pforte der Hölle geöffnet.
    »Das hat er gesagt?«
    Schneider nickte. »Was ist jetzt mit Brenner?«
    Sie fasste das Telefonat zusammen. Dabei fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Brenner nach Munition und Sprengstoff zu fragen. Danach, ob der Brand die Explosion ausgelöst haben konnte. Schweigend sah sie Schneider an.
    »Und wie ist das Zeug in die Luft gegangen?«
    Sie seufzte und zuckte die Achseln.
    Schneider ging zum Dienstwagen, um Brenners Informationen an Rolf Bermann weiterzugeben. Sie hob den Blick. Riedinger sah sie noch immer an. Die Pforte der Hölle, wenn einem ein kleiner, unbedeutender Schuppen abbrannte? Sie wusste so gut wie nichts über Riedinger. Nur, dass ihn niemand mochte, dass er allein lebte. Dass er in einem brennenden Holzschuppen die Pforte der Hölle sah. Nicht eben viel. Doch wenn man berücksichtigte, dass Kirchzarten heiles, wohlhabendes Bildungsbürgertum war, dann war es womöglich schon genug.
    Schneider kehrte zurück. »Rolf sagt, wir sollen endlich in die Direktion kommen, lass uns also bitte fahren.«
    »Was sagt er noch?«
    »Dass Löbinger und das D 23 mit im Boot sind.«
    »Ich meine, über den Brand und die Waffen.«
    Schneider zögerte.
    »Na los, Heinz.«
    Schneider ging vor ihr in die Hocke. Obwohl er seit vierzehn Stunden im Dienst war, saß der Krawattenknoten perfekt, und auf dem hellbraunen Cordanzug war kein Staubfleck oder Grashalm zu erkennen. Insekten ließen sich ohnehin nur auf anderen nieder, nicht auf Heinz Schneider. Selbst die hohen Temperaturen dieses Sommers konnten ihm nichts anhaben. Sie dachte an Hollerer – unrasiert, die Uniformjacke fleckig, auf dem Bauch Brotkrümel.
    Das runde weiße Gesicht vor dem schattigen, blutigen Nachtschnee.
    Erste Male, die ihr noch bevorstanden – Hollerer besuchen, zu Nikschs Grab gehen.
    Sie verdrängte diese Gedanken, hörte Schneider zu, der mit leiser Stimme sagte, Bermann habe schon am Nachmittag und jetzt wieder darauf hingewiesen, dass Brandstifter überpro-portional häufig aus den Reihen der Berufs- und freiwilligen Feuerwehr kämen. Dass vielleicht einer der Freiwilligen von Kirchzarten den Schuppen in Brand gesteckt habe. Sie nickte nachdenklich. Für einen Pyromanen ein ideales Objekt. Das Feuer hatte sich nicht ausbreiten, keine Menschen gefährden können.
    Schneider stand auf, erneut knackten die Gelenke. »Fahren wir endlich, ja?« Er erstarrte in der Bewegung. »Da steht einer …«
    »Riedinger.« Louise erhob sich, hängte sich die Tasche um.
    »Seit wann steht der da?«
    »Seit ein paar Minuten. Komm, reden wir mit ihm.«
    Schneider hielt sie zurück. Riedinger war gefährlich. Ein Mann, den die Nachbarn mieden, der seinen Hund auf Asylbewerber und holländische Camper gehetzt hatte, weil sie seinen Grund betreten hatten. Der seine Kinder und seine Frau geschlagen, seine Angestellten vertrieben, den Großteil seines Bodens aus finanziellen Gründen verkauft hatte. Der vor dem Ruin stand.
    Geschichten, die Berthold Meiering, der Bürgermeister von
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