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Bottini, Oliver - Louise Bonì 02

Titel: Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
Autoren: Im Sommer der Mörder
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Berufsfeuerwehr, Erkennungsdienst, ein Heer von Bereitschaftspolizisten und Kripobeamten.
    Da war sie wieder, Gubniks Frage.
    Er zuckte die Achseln. Er hatte keine Kraft, darüber nachzudenken.
    »Holen wir ihn«, sagte er.

    Die Bestatter legten Gubniks Leiche in einen Metallsarg. Einer der Kameraden murmelte: »Vergiss nicht, Gubby, Mittwoch ist Kegeln.« Sie lachten ein wenig. Mit Sprüchen und Lachen würden sie seinen Anblick schon aus ihren Köpfen bekommen.
    Sein Gesicht war vollkommen verbrannt.
    Baudy folgte den Bestattern zum Leichenwagen. Er dachte an Gubniks Schatulle, die halbfertig in der Tischlerei stand. Was sollte er mit ihr anfangen? Er konnte sie doch nicht wegwerfen.
    Die Bestatter hoben den Sarg in den Wagen und schlossen die Tür. Gubniks Leiche war beschlagnahmt worden. Sein letzter Einsatz endete in der Rechtsmedizin.
    Baudy trat zurück. Er hatte das Bedürfnis, zum Abschied ein paar Worte zu sagen. Aber ihm fielen nur die Floskeln ein, die er sonst bei Einsätzen sagte. »Wird schon wieder.«

    »Kopf hoch, ist doch halb so schlimm.«
    »Nur Mut, morgen ist ein neuer Tag.«
    Also sagte er nichts.

    Später trat Berthold Meiering zu ihm, der Bürgermeister von Kirchzarten, ein gebürtiger schwäbischer Allgäuer. Auf seiner Glatze standen Schweißperlen, sein Blick irrte umher. Baudy berichtete. Anschließend sagte Meiering, aus seiner Sicht treffe ihn, Baudy, keine Schuld am Tod »des Kameraden«, und das sähen »die Kollegen«, wenn er sie richtig verstanden habe, auch so. Das runde, speckige Gesicht war leichenblass. In Meierings Stimme lag Mitgefühl.
    Baudy überlief ein Frösteln, während er die Worte im Stillen wiederholte. Er begann zu ahnen, dass es jetzt nicht mehr um die Kriterien ging, die ihn in zwanzig Jahren freiwilliger Feuerwehr begleitet hatten: Analyse, Fakten, Loyalität. Jetzt ging es um Interpretation, Interessen, Schuldzuweisungen. Trotzdem hatte er den Eindruck, dass Meierings Mitgefühl aufrichtig war.
    Er nickte.
    »Und bitte kein Wort an die Medien, Adam. Die sollen sich an die Pressesprecherin der Polizei wenden.«
    Sie sahen einander an. Wieder stand Gubniks Frage im Raum, wieder hatte Baudy keine Lust, über eine Antwort nachzudenken. Aber er spürte, dass sich die Frage in seinem Kopf festzusetzen begann. Nicht, weil ihn die Antwort sonderlich interessierte, sondern weil diese Frage mehr und mehr zu dem wurde, was von Gubnik bleiben würde. Eine Frage und eine halbfertige Schatulle.
    Meiering hob die Hand zum Kopf. »Deine Augenbrauen.«
    »Ja?«
    »Sind ein bisschen versengt.«
    Baudy nickte. Wenigstens hörte er wieder normal.
    Martin Andersen, der in diesen Minuten überall zu sein schien, kam und flüsterte ihm ins Ohr, dass seine Frau Lina zu ihnen nach Hause bringe. Lina sei okay, sie habe nicht viel mitbekommen. »Fahr bei uns vorbei, wenn du hier fertig bist.«
    Baudy nickte, und Martin Andersen ging wieder.
    »Die Kripo will mit dir reden«, sagte Meiering.
    »Ja.«
    »Und die Leute von der Leitstelle wollen einen Bericht.«
    »Bekommen sie.«
    »Das ist zu groß für Kirchzarten, Adam, das macht alles Freiburg.«
    Baudy nickte. Plötzlich fröstelte er wieder. »Es heißt Kirch zarten, nicht Kirch zarten « , sagte er.
    »Was?«
    »Du hast Kirch zarten gesagt.«
    Meiering schwieg.
    »Hier sagen wir Kirch zarten« , wiederholte Baudy sanft.
    »Ja. Danke.«
    Dann sahen sie zu, wie die Berufsfeuerwehr an der Brandfläche mit dem Abpumpen des Löschwassers begann. Der Wasserspiegel sank rasch. Für einen Moment glaubte Baudy, Gubniks gelben Helm an der Oberfläche treiben zu sehen, aber er war sich nicht sicher.
    »Was ist das nur für ein Geruch?«, fragte Meiering in plötzlicher Verzweiflung.
    Baudy atmete tief ein. Es roch, wie es nach einem Brand roch.
    Doch dann nahm er, ganz vage, weitere Gerüche wahr. Essig.
    Honig. Noch etwas, das er nicht identifizieren konnte.
    Das ist zu groß für Kirchzarten. Das macht alles Freiburg.
    Er sagte: »Was hatte das Arschloch da gelagert?«
    »Waffen«, flüsterte Meiering, als hoffte er, dass niemand sonst es hörte.

    I

    DIE HÖLLISCHEN LEGIONEN

    1
    DIE ZEIT DER ERSTEN MALE, dachte Louise Bonì, während sie eine Flasche aus der Umhängetasche zog und sich im Gras niederließ. Zum ersten Mal Überstunden, zum ersten Mal Kirchzarten, der erste Tote. Heute Nacht die erste schwere Krise, vor ein paar Tagen zum ersten Mal Sex mit Anatol, vor einer Woche der erste Streit mit Rolf Bermann. Die ersten Albträume,
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