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Botschaft des Schreckens

Botschaft des Schreckens

Titel: Botschaft des Schreckens
Autoren: Blanche Mosler
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»Unveränderbarem«, einer durch die Jahrhunderte hindurch unwandelbar gleichbleibenden Identität. Ich fragte mich, wie Dona Isabellas Familie wohl sein würde. Entsprach dies alles auch dem Geist der Enkel, oder lehnten sie sich dagegen auf? Was hatte der alte Eselreiter gemeint, als er sagte, die großen Zeiten der Hacienda seien bald vorüber?
    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als eine Frau in die große  sala  trat. Da sie auf die alte spanische Art von Kopf bis Fuß in einen Schal gehüllt war, vermutete ich, daß sie von draußen kam. Sie war nicht groß; ihre stolze Haltung ließ sie indessen dennoch so erscheinen. Als sie näher kam, sah ich, daß sie schon ziemlich alt war. Trotzdem waren Spuren ihrer einst sicher großen Schönheit noch in ihrem Gesicht zu erkennen.
    »Ich bin Dona Isabella.« Ihre großen, dunklen Augen musterten mich forschend. »Pedro sagt, daß Sie mir etwas Wichtiges mitzuteilen haben. Da ich Sie nicht kenne, kann ich mir nicht vorstellen…«
    »Entschuldigen Sie mein unangemeldetes Eindringen«, unterbrach ich sie. »Aber auf der Fahrt nach Santa Fe – ich bin Krankenschwester und auf Urlaub hier – fand ich in den Bergen einen alten Priester sterbend am Straßenrand liegen. Einen Father Vala…«
    »Father Vala!« fuhr sie zusammen. »O nein… nein!«
    Schweigend, als brauchte sie Zeit, um mit dem Gedanken fertig zu werden, zog sie mich zu einer der Couches. Als wir uns gesetzt hatten, fragte sie dann: »Aber warum kommen Sie hierher zu uns, Señorita? Father Vala habe ich lange gekannt und bin über diese Nachricht betrübt, genauso, wie meine Enkel es sein werden. Aber auch andere kannten ihn… liebten ihn.«
    »Ich bin hierher gekommen«, sagte ich steif, »weil er mich darum bat. Mit seinen letzten Worten bat er mich, hierher zu kommen und Ihnen und Ihren Enkeln zu sagen, daß Sie in höchster Gefahr schweben, von der gleichen Person oder den gleichen Personen, wie er ermordet zu werden.«
    Wie sprachlos ob meiner Warnung sagte Dona Isabella einen Augenblick nichts. Dann fragte sie: »Aber er hat Ihnen nicht gesagt, wer ihn ermordet hat?«
    »Er versuchte es noch, ehe er starb«, antwortete ich. »Da bin ich ganz sicher. Aber sein Flüstern war so leise geworden, daß ich ihn nicht mehr verstehen konnte. Es… es tut mir leid. Ich weiß, wie wichtig es für Sie ist…«
    »Si«, murmelte die alte Dame. »Aber Sie brauchen sich deshalb nichts vorzuwerfen, Señorita. Es ist nicht Ihre Schuld.«
    »Ich weiß«, nickte ich. »Aber es geht mir immer wieder im Kopf herum und läßt mich nicht los, als könnte ich doch noch ergründen, was er mir sagen wollte. Aber ich komme einfach nicht darauf.«
    »Dann hören Sie damit auf«, sagte Dona Isabella nachdrücklich. »Es ist nicht gut für Sie. Sie sind Krankenschwester, sagten Sie, glaube ich. Könnten Sie mir sagen, wie…« Unfähig, fortzufahren, verstummte sie.
    »Nein, eigentlich nicht. Er war ziemlich übel zugerichtet. Zunächst dachte ich, er sei überfahren worden. Andererseits ist diese Bergstraße so wenig befahren, daß das nicht anzunehmen ist. Es sieht fast aus, als hätte man ihn in die Berge gelockt – oder verschleppt.«
    »Gelockt… verschleppt?«  Dona Isabella formte die Worte, aber sie blieben fast unhörbar. In ihren dunklen Augen war keine Träne, und ich stellte mir vor, daß sie selten weinte. Aber plötzlich waren alle Spuren von Jugend und Schönheit aus ihrem Gesicht verschwunden. Sie sah furchtbar alt aus, müde und ratlos. »Aber er… er hatte keine Feinde.« Sie schien laut zu denken. »Er war tief religiös, ein Heiliger. Ja, er war streng – vielleicht zu streng –, aber in diesem Teil der Welt ist das nichts Neues.«
    Ich sagte, daß ich kurz vorher die Motorradbande aus den Bergen habe kommen sehen und erzählte ihr, was mir der Tankwart über die Zunahme der Verbrechen gesagt hatte.
    »Ja, die ›Gilas‹«, rief Dona Isabella. »So nennen sie sich. Sie sollen genauso gefährlich sein wie diese Wüstentiere. Sie sind rauschgiftsüchtig und verüben Raubüberfälle, um sich Drogen verschaffen zu können. Vielleicht haben sie diese Legenden gehört, daß die alten Haciendas Schätze in ihren Mauern beherbergen, und werden dadurch verleitet… diese Narren!« Sie überlegte einen Moment. »Aber im Falle Father Valas kann es kein Raubmord gewesen sein. Was er hatte, gab er den Armen. Meine Enkel sagten manchmal, sie würden es jedem heimzahlen, der ihnen auch nur das geringste antue,
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