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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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Schuldgefühle. Jede Menge Schuldgefühle. Aber mit dir …? Nein. Da hab ich nichts außer purem Glück gefühlt. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Wahnsinnig verliebt. Vielleicht wird es nie wieder dasselbe sein. Nie mehr so wie beim ersten Mal.« Deleu zögerte und sog kräftig an seiner Zigarette. Dann schaute er dem Rauch nach, bis dieser sich vollständig aufgelöst hatte.
    »Aber ich versichere dir, Nadia, ich wollte mehr als nur eine heiße Nacht. Ich wollte eine zweite Chance. Ich hab dich geliebt. Wirklich, Nadia. Wahre Liebe. Wir waren verliebt, total verliebt. Ganz klar. Aber es war mehr als das. Viel mehr, Nadia, bis Frank …«
    »Kleiner Punker.«
    »Hm?« Deleu schaute auf. Die Zigarette klebte noch immer an seiner Unterlippe.
    »Deine Haare. Kleiner Punker. Du siehst zehn Jahre jünger aus.« Mendonck drehte sich um und lief die steile Treppe hinunter. »Wir sollten uns mal wieder treffen«, glaubte sie zu verstehen. Liebkosend streichelte sie ihren Bauch, und auf dem Weg nach unten umspielte ein flüchtiges, melancholisches Lächeln ihren Mund.
    Deleu schloss die Tür und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Er drehte den Rasierspiegel ein Stück und konzentrierte sich wieder auf die Akte, die er von Vereecken bekommen hatte.
     
    Das Mädchen hieß Muriel Vandergoten. Dreiundzwanzig Jahre alt, blond und Studentin. Ihr enthaupteter Leichnam wurde in den Zennegat-Schleusen gefunden. Mit siebenundzwanzig Messerstichen ermordet, davon dreizehn tödlich. Deleu schauderte. Ihr Kopf wurde erst vierzehn Tage später gefunden – in Rijsel, in einem Graben entlang der Autobahn. Ein Spaziergänger, der mit seinem Hund unterwegs war, hatte ihn zufällig entdeckt. Verpackt in einen grauen Müllsack, dessen Herkunft sich zwar nicht zurückverfolgen ließ, der aber vermutlich aus Belgien stammte. Der Kopf war mit Salz bestreut. Im Müllsack fanden sich außerdem eine Kerze und Weihrauchstäbchen.
    Der Fall war inzwischen zu den Akten gelegt worden. Die damalige Spur hatte zum Ex-Freund des Mädchens geführt. Aber der hatte ein Alibi.
    Deleu blätterte mutlos durch den Stapel mit Protokollen.
    Der Obduktionsbericht. Während seine Finger über das glatte Papier strichen, zeichnete sich eine tiefe Falte auf seiner Stirn ab. Mit zunehmender Verwunderung las er, dass der Kieferknochen an zwei Stellen gebrochen war – vermutlich, weil der Täter den Kopf aus dem Fenster eines fahrenden Autos geworfen hatte.
    Wie schafft man es, einen Sack aus einem fahrenden Auto bis in den Graben zu werfen?
    Deleu schlug den Bericht willkürlich an irgendeiner Stelle auf.
    Die thanatologischen und biologischen Zeichen für Tod durch Ertrinken können aufgrund der Dekapitation nicht eindeutig festgestellt werden. Der Leichnam ist kalt und nass, und auf den Brüsten befinden sich Totenflecken. Außerdem weist die sichtbare Mazeration der Haut an Händen und Füßen auf möglichen Ertrinkungstod hin. Cutis anserina an Armen und Beinen. Leichnam hat Gras zwischen den Fingern, was einerseits auf Ertrinken deuten kann, aber auch diese Spur verliert jeden differenziell-diagnostischen Wert, weil diese Zeichen auch bei Leichnamen auftreten können, die nach Eintreten des Todes im Wasser gelandet sind.
    Lunge balloniert. Vordere mediale Lungenränder bedecken einander. Lungenalveolen sind aufgebläht, emphysematisch und mit Wasser gefüllt. Paltauf-Flecken an der Pleura visceralis. Keine Lungenflüssigkeit in den Pleurahöhlen und wenig Flüssigkeit in den Pleurae. Kein Schlamm, Entengrün oder Wasser im Magen. Keine Beschädigung oder Ruptur der vaskularisierten Alveolenwände. Keine Grün- oder Braunalgen in der Lunge.
    Schlussfolgerung: Trotz des wenig informativen Charakters der anatomo-pathologischen Befunde versetzen uns die gebündelten Fakten der Leichenöffnung in die Lage, unumstößlich nachzuweisen, dass der Corpus nach Eintreten des Todes im Wasser gelandet ist.
    Deleu schlug den Bericht zu und trank den letzten Schluck Kaffee. Dann nahm er sich eine Zigarette und blätterte die Protokolle durch. Ganz am Schluss fand er ein Foto des ermordeten Mädchens. Während er das Foto betrachtete, durchsuchte er gewohnheitsmäßig seine Hosentaschen. Dann entzündete er mit bebenden Händen ein Streichholz.
    Das Mädchen glich Hilde Plaetinck wie ein Ei dem anderen. Sie hätte ihre Zwillingsschwester sein können.
    Dirk Deleu fluchte und hustete röchelnd, als er den beißenden Rauch in seiner Kehle spürte. Da erst fiel ihm
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