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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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zu klettern. Offen und ohne jede Deckung. Vorsichtig erklomm er den Berg, darauf bedacht, keine Steine oder größeren Brocken loszutreten. Und je höher er kam, desto heller wurde das Licht. Als Deleu einen riesigen Quaderstein erreicht hatte, hielt er keuchend inne, um sich zu orientieren. Inmitten des Trümmerhaufens öffnete sich eine Art beleuchteter Tunnel wie ein Kaninchenbau. Links vom Eingang stand eine Betonplatte. Anhand der aufgeworfenen Erde konnte Deleu erkennen, dass die Platte wahrscheinlich den Zugang zur dahinterliegenden Passage versperrt hatte. Die umliegende Erde war trocken – also musste irgendjemand sie vor nicht allzu langer Zeit verschoben haben.
    Widerstrebend folgte Deleu dem Tunnelverlauf, wobei der Lichtschein mit jedem Schritt heller wurde. Plötzlich bog der Gang scharf nach links ab. In Richtung Kirche. Doch ein massiver Steinbrocken versperrte den Zugang – die Büste einer riesigen Marienstatue. Deleu schaute nach oben. Das Haupt der Statue ragte zwei Meter über ihm aus dem Trümmerhaufen heraus.
    Während er über den glatten Stein rutschte, erblickte er vor sich plötzlich einen offenen Bereich. Anscheinend war ein Teil des hinteren Kirchengebäudes unversehrt geblieben. Dort erzeugten Hunderte Kerzen einen derart intensiven Lichtschein, dass Deleu einen Moment lang seine Augen abschirmen musste. Das durch die Ruinen fallende Mondlicht machte die Szenerie noch unwirklicher.
    Vorsichtig ließ Deleu sich von dem Steinquader herab, ging zwei Schritte vorwärts und dann noch zwei. Seine Pistole auf den Boden gerichtet. Seine Augen folgten der Lichterspur: Die Kerzen schienen einen feurigen Pfeil zu bilden, der ihn direkt zum Altar führte.
    Barbara und Nadia lagen nebeneinander. Nackt. Die Hände mit Seilen gefesselt und einen Knebel im Mund. Zwischen ihnen stand ein Kelch, und auf einer Ecke des Altars glänzte ein breites Messer. Nadia regte sich nicht, während Barbara ihn mit großen Augen anstarrte und mühsam den Kopf zu bewegen versuchte. Sie zitterte.
    »Barbara …«
    Plötzlich ertönte ein schleifendes Geräusch. Als Deleu sich umschaute, sauste etwas Schwarzes auf ihn zu. Schwarz und weiß. Ruckartig riss er die Arme hoch, doch es war bereits zu spät.
    Die Schuhe von Bert Hermans, der sich hinter dem Glorienschein der Marienstatue verborgen hatte, trafen Deleu mitten ins Gesicht.
    *
    Das eiskalte Wasser traf Deleu wie eine Faust. Nach Luft schnappend, riss er die Augen auf. Die ersten Bilder, die seine Netzhaut zum Gehirn schickte, waren verschwommen, als wäre die gesamte Umgebung in einen feinen Nebelschleier gehüllt. Deleu zitterte. Er wollte sich bewegen … zu Barbara … zu Nadia. Doch seine Gliedmaßen verweigerten den Dienst. Benommen schaute er zur Seite und dann an sich herab: Seine Hände und Beine waren mit Seilen gefesselt.
    Ein Kreuz! O Gott.
    Er war an ein steinernes Kreuz gebunden. Mit gespreizten Armen, so wie Jesus Christus. Und dann sah er ihn.
    Bert Hermans schritt würdevoll zum Altar. Er trug ein weißes Priestergewand und schien Deleu nicht einmal wahrzunehmen, als wäre dieser nur ein Teil des früheren Kunstschatzes der Kirche.
    Barbara und Nadia lagen nebeneinander. Nackt. Als Deleus Blick Barbaras fand, beruhigte ihn der Ausdruck in ihren Augen – Wiedererkennen lag darin. Auch Nadia sah ihn an. Starr. Ihre Augen wirkten glasig und matt. Ohne jeden Funken Hoffnung. Ohne jede Regung, als stünde sie unter starken Beruhigungsmitteln.
    »Willkommen, Dirk.«
    Ein eisiger Schauer jagte Deleu über den Rücken. Hermans schien auf einem anderen Planeten zu sein. In einem anderen Universum. Er schaute direkt durch Deleu hindurch. Klopfte mit der Spitze des Messers auf den Marmoraltar.
    »Für diese Hure gibt es keine Hoffnung mehr. Und auch keine Läuterung. Nur noch ewige Leere.« Aufreizend träge strich die Klinge über Nadias Wange, wanderte zu ihrer Kehle.
    Dann hob Hermans das Messer langsam über den Kopf. »Ehebruch ist die schlimmste Sünde!« Die Worte hallten durch die Kirche.
    Deleu zerrte verzweifelt an seinen Fesseln. Und Barbara schüttelte wild den Kopf.
    Diese Bewegung schien Hermans einen Augenblick aus seinem Rausch zu reißen. Er zögerte und beugte sich zu ihr hinab. »Möchtest du mir etwas mitteilen?«
    Als Barbara heftig nickte, schaute Hermans gen Himmel. Er schien nachzudenken. »Gut. Du hast das Recht, einen letzten Wunsch zu äußern. Du schon.« Im nächsten Moment sauste das Messer auf Barbaras Kopf herab.
    Deleu
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