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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
Autoren: Luc Deflo
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Bügelbrett.
    Plötzlich bebte die Tür des Einbauschranks. Sofort richtete Deleu seine Waffe darauf.
    Irgendjemand hockt im Schrank. Irgendjemand oder irgendetwas!
    Dirk Deleu fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen und wischte sich rasch die Hand an seiner Jeans ab.
    Das Blut, das in großen Mengen durch sein Gehirn pumpte, bereitete ihm rasende Kopfschmerzen.
    Katzen. Zwei, drei … eine ganze Horde. Ausgehungerte, blutrünstige Katzen. Oder Ratten. Dazu wäre Hermans imstande.
    Deleu wich einen Schritt zurück, zog ein Handtuch vom Bügelbrett und rieb sich damit den Hals ab. Ohne auch nur einen Blick an das Blut zu verschwenden, steckte er sich einen Handtuchzipfel in den Mund und wickelte den Stoff um den linken Arm. Dann klemmte er sich die Taschenlampe zwischen die Zähne, hielt die Waffe nach vorn gerichtet und bewegte sich langsam und geräuschlos auf den Wandschrank zu.
    Barbara. Oder Nadia. Oder alle beide. Aber dann … dann … dann leben sie noch …
    Erst jetzt bemerkte er, dass jemand einen Pfeil in die dicke Staubschicht auf dem Fußboden gezeichnet hatte. Einen Pfeil, der durch seine eigenen Fußabdrücke bereits zur Hälfte verwischt war. Drei Striche auf der linken Schaftseite. Vier auf der rechten. Der Pfeil zeigte auf die Tür, vor der er gestanden hatte.
    Mit einem Ruck riss Dirk Deleu die Schranktür auf und schrie auf. Doch der Anblick ließ den Schrei in seiner Kehle erstarren. Er verwandelte sich in leises Ächzen und dann in Röcheln.
    Rob stöhnte und schlug die Augen auf. Er war nackt. Seine Oberarme waren um die Kleiderstange geschlungen und seine Handgelenke auf Höhe der Brust gefesselt. In seinem Mund steckte ein Handtuch, dessen Enden auf der Rückseite des Kopfes straff zusammengeknotet waren.
    Langsam streckte Deleu eine Hand aus, hielt dann aber inne. Er konnte es einfach nicht glauben. Er wollte es einfach nicht glauben. Reglos stand er da und starrte wie ein Außenstehender in den Schrank. Wie ein Katastrophentourist, der einen Verkehrsunfall mit Toten begafft. Selbst als Rob laut stöhnte, rührte Deleu keinen Finger. Sein Sohn, sein Junge. Er hatte Haare auf der Brust. Blonde Locken. Deleus Blick wanderte über den nackten Jungenkörper. An Robs Penis hing eine Kordel mit einem Zettel. Deleu sah es, doch es drang nicht zu ihm durch.
    Dieser Körper – erwachsen und dann auch wieder nicht. Deleus Gedanken schweiften in die Vergangenheit. Zum Biologieunterricht, als er selbst noch ein Kind gewesen war. Ein Jugendlicher. Das Biologiebuch mit Abbildungen: »Vom Kind bis zum Erwachsenen«. Besonders die Form des Oberkörpers verriet das wahre Alter eines Menschen. Deleu begriff, dass seine Erinnerungen an dieser Stelle vollkommen sinnlos und unpassend waren, doch er konnte nichts dagegen machen. Windeln. Rob auf dem Motorrad, zwischen den Beinen seines Vaters. Eine Triumph war das damals gewesen. Robs mollige Händchen um den Chopperlenker geklammert. Funkelnde Augen.
    Erst als Rob zum zweiten Mal die Augen öffnete und seinen Vater flehentlich ansah, erwachte dieser endlich aus seiner Starre.
    »Junge … ach, Junge. Was haben sie mit dir gemacht?« Seine Hand streichelte eine feuchte Locke. Es schien, als würden Robs Augen klarer.
    Deleu stützte den Körper seines Sohns ab und blickte sich hektisch um.
    Mein Taschenmesser. Verdammt.
    Erst in diesem Moment drang die Realität tatsächlich bis zu ihm durch: Sein Sohn hing in einem Kleiderschrank. Gefesselt und nackt. Erschöpft und zitternd vor Schmerzen. Aber er lebte. Er lebte!
    Ein kräftiger Stoß gegen die Unterseite der Kleiderstange genügte, um das ganze Ding aus der halb geöffneten Befestigungsklemme zu hebeln. Rob lastete schwer auf den Schultern seines Vaters, der die Stange vorsichtig zwischen dessen Armen hervorzog und seinen Sohn behutsam aufs Bett legte.
    Rob murmelte ein paar Worte. Sein Vater kam näher, strich ihm durch die feuchten Haare und brachte sein Ohr dichter an die trockenen Lippen des Jungen.
    »Wasser.«
    Sein Junge bat um Wasser.
    Deleu hastete ins Bad. Doch aus dem Wasserhahn kam nicht ein Tropfen.
    *
    Bert Spoelstra, der sich nach seiner Pensionierung in Belgien niedergelassen hatte, wusste nicht, wie ihm geschah. Der Niederländer traute kaum seinen Augen.
    Der heruntergekommene Mann auf der Türschwelle starrte ihn keuchend an. Er stank nach Urin und Kot. Über der Schulter trug er eine schmutzige Decke mit großen Blutflecken.
    Als Spoelstra den herabbaumelnden Fuß
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