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Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer

Titel: Bosmans/Deleu 03 -Ins blanke Messer
Autoren: Luc Deflo
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Sie eine Bekannte von ihm?« Der Junge mit den ausgeprägten Wangenknochen musterte sie forschend.
    »Wir sind Kollegen. Frank und ich arbeiten …«
    »Wieso Frank?«, unterbrach sie der junge Mann.
    »Na, dein Vater, Frank Tack.«
    »Mein Vater heißt Sylvain, Sylvain Cluts. Sie haben sich in der Adresse geirrt. Guten Tag.«
    »Und deine Mutter?«, wagte Nadia noch einen Versuch.
    »Sie ist tot. Schon seit vielen Jahren.«
    Kurz bevor er die Tür zumachen konnte, streckte Nadia ihren Arm durch den Spalt, das Foto von Frank Tack zwischen den Fingern. Sie schloss die Augen, biss die Zähne zusammen und hielt die Luft an. Langsam ging die Tür wieder auf, und der Junge sah sie verwundert an.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Was ist mit meinem Vater? Woher haben Sie das Foto von meiner Mutter?«
    »Ich bin von der Polizei.«
    Der Junge erschrak sichtlich. »Was ist passiert?«
    »Nein, nein, mach dir keine Sorgen. Es geht ihm gut, er hat mich nur gebeten, einige Papiere für ihn abzuholen. Er hat um drei Uhr einen wichtigen Termin, und um vier Uhr schließt das Amt.«
    »Das Amt?«
    »Ja, das Einwohnermeldeamt. Er muss seinen alten Pass abgeben.«
    »Ja, aber was sollte dieser Frank-Tack-Unsinn?«, fragte der Junge skeptisch.
    »Ach so, das«, antwortete Nadia gespielt gleichgültig, wenn auch ein wenig zu aufgesetzt. »Tack lautet sein Name bei der Polizei. Du weißt doch sicher, womit er gerade beauftragt ist?«
    »Nein«, antwortete der Junge achselzuckend.
    »Eigentlich darf ich es nicht verraten. Aber du bist schließlich sein Sohn, da kann man ja mal eine Ausnahme machen, stimmt’s?« Der Junge nickte. »Du musst schon vierzehn oder fünfzehn sein?«, setzte Nadia noch einmal nach.
    »Zwölfeinhalb.« Zum ersten Mal lächelte der Junge. Er hatte Grübchen in den Wangen, genau wie Frank.
    »Du weißt sicher, dass dein Vater für das Drogendezernat arbeitet? Als verdeckter Ermittler?«
    Hueng starrte sie mit überrascht geweiteten Augen an, und Nadia schlug theatralisch die Hand vor den Mund.
    »Nein, das wusste ich nicht. Papa redet nie von seinem Beruf. Er hat mir nur erzählt, dass er für eine Behörde arbeitet. Im Innendienst.« Er schwieg kurz. »Was wollen Sie von uns?«
    »Was wolltest du gerade noch sagen?«
    »Er hat gesagt, die Arbeit sei mies und ich solle mich in der Schule anstrengen, damit später mal etwas Besseres aus mir wird.« Unbeholfen zuckte der Junge mit den Schultern und trat von einem Fuß auf den anderen.
    Eine peinliche Stille trat ein. Abertausend Fragen brannten Nadia Mendonck auf der Zunge, als hätte sie glühendes Blei im Mund. Dies hier war Franks Sohn, ohne jeden Zweifel. Frank Tack war verheiratet oder besser verheiratet gewesen. Letzteres dachte Nadia mit einer gewissen Erleichterung. Sie betrachtete den Jungen mit gemischten Gefühlen.
Sylvain … Also heißt du gar nicht Frank. Ich habe mit Sylvain geschlafen, nicht mit Frank
. Nadia war, als wehte ein kalter Luftzug durch ihr Inneres, als lähme er ihr Herz und ließe es allmählich zu Eis gefrieren.
    »Frank … Sylvain hat mich gebeten, seine Papiere abzuholen. Er konnte sich heute leider nicht freinehmen. Er sagte, die Unterlagen müssten bei seinen anderen Sachen sein, wahrscheinlich in einer Zigarrenkiste.« Es klang ganz natürlich, wie sie es sich vorgenommen hatte.
    Der Junge bedachte sie mit einem skeptischen Blick.
    »Ach, du weißt doch, wie Männer sind.«
    Nadia zwinkerte ihm zu und klopfte ihm auf den Rücken. Der Junge antwortete mit einer abwehrenden Handbewegung und wich einen Schritt zurück. Er spielte mit der Klinke und schwang die Tür hin und her.
Alles oder nichts, Nadia!
    »Weißt du was, sag doch Sylvain, er soll in Zukunft seine Angelegenheiten selbst regeln. Ich wollte ihm nur behilflich sein. Als hätte ich nichts Besseres zu tun!«
    »Können Sie sich ausweisen?«, fragte der Junge und vergrub lässig die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans.
    Nadia Mendonck zog ihren Polizeiausweis heraus und blickte gereizt in eine andere Richtung, als sie ihn vorzeigte.
    »Okay. Warten Sie bitte einen Moment. Ich sehe mal nach, ob ich etwas finde.«
    Ehe sie antworten konnte, schlug er die Haustür zu.

[home]
    59
    D irk Deleu hing wie ein nasser Lappen auf dem Sofa. Reglos, schlaff und ermattet. Die Handschellen schnitten ihm tief ins Fleisch und hatten leuchtend rote Striemen um seine Handgelenke hinterlassen. Die Schmerzen spürte er nicht einmal mehr. Einen Moment zuvor hatte ihm Tack einen Tritt
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