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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax
Autoren: Paul Torday
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erstes Moorhuhn. Das war
kurz nach dem Krieg, in dem ersten Jahr, als die Jagd in den Mooren wieder
erlaubt wurde. Ich war sechzehn, und Eds Großvater und Francis' Vater lebten
noch. Ich weiß noch genau, wie der kleine Vogel auf mich zugeflattert kam, als
wäre es gestern gewesen. Sie sind mit Francis zusammen gekommen. Ist er ein
Freund von Ihnen?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Er war früher ein sehr guter
Schütze, bevor er es drangegeben hat. Wirklich schade, dass er nicht mehr
schießt. Seine Leidenschaft für Wein hat ihn wohl sein Vermögen gekostet. Ich
fühle mich ein bisschen verantwortlich dafür. Ich war es, der das Interesse für
Wein in ihm geweckt hat.«
    Heinrich blieb stehen. »Ich komme
schnell aus der Puste. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Durch diese Heide zu
stapfen ist Schwerstarbeit für mich. Ja, Francis kam einige Monate zu uns, als
seine Eltern ihn wegen irgendwelcher Probleme aus der Schusslinie haben
wollten. Er hat mir nie gesagt, was der Grund war, aber ich vermute mal, dass
es ein Mädchen war. Francis sah damals sehr gut aus, und ich habe mich an
seines Vaters statt um ihn gekümmert. Sein Vater war in der Armee und hat die
Russen gegen Ende des Krieges davon abgehalten, unseren Familienbesitz
niederzubrennen. Ich hatte das Gefühl, als schuldete ich der Familie Black
einen Gefallen. Ich bin mit Francis auch nach Amerika gefahren, um ihm in Kalifornien
meinen neuen Weinkeller zu zeigen, den ich gerade gekauft hatte. Damals war es
ein Wagnis für Europäer, in Kalifornien Wein anzubauen, aber es war meine beste
Investition. Dann bin ich mit ihm zu meinem kleinen Weingut nach Bordeaux
gefahren. Haben Sie schon mal vom Château Trebuchet gehört?«
    Francis habe es mir gegenüber schon
mal erwähnt, antwortete ich. Wir gingen weiter, schritten langsam durch die
Heide zu der Stelle, wo wir unsere Autos geparkt hatten.
    »Francis kann sehr grob darüber
urteilen«, sagte Heinrich Carinthia. »Er weiß viel über Wein, aber ich frage
mich immer noch, ob er wirklich etwas davon versteht. Sie müssen den Château
Trebuchet mal probieren. Ihre Adresse kann ich mir von Francis besorgen, dann
schicke ich Ihnen mal eine Kiste.«
    »Oh, bitte bemühen Sie sich nicht.«
    »Trinken Sie ihn, um Ihr erstes
Moorhuhn zu feiern, und dann sagen Sie Francis, dass mein Trebuchet trotz allem
ein sehr guter Wein ist. Wenn Sie ein Freund von Francis sind, müssen Sie auch
ein Weinkenner sein.«
    »Eigentlich trinke ich gar nicht so
viel«, sagte ich. »Aber er versucht, mein Interesse zu wecken.«
    Heinrich Carinthia schüttelte den
Kopf. »Seien Sie vorsichtig. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn man Lust
auf Wein hat. Man darf ihn sogar lieben. Aber was Francis für Wein empfindet,
geht darüber hinaus. Passen Sie auf, dass es bei der Lust bleibt. Selbst die Liebe
ist ein bisschen gefährlich. - Ah, da wären wir. Und jetzt haben wir die
anderen auch noch warten lassen.«
    »Ist dein Waldspaziergang zu Ende,
Heini?«, fragte Ed, der neben Francis stand und auf uns wartete. »Also, alle einsteigen.
Wir fahren zurück zum Haus.«
    Den Rest des Nachmittags hätten wir
alle zur freien Verfügung, verkündete Ed, als wir wieder an der Lodge ankamen,
erst um acht sollten wir uns zum Aperitif und zum Abendessen wieder einfinden.
Kaum hatte er seine kleine Ansprache beendet, entstand ein Wettlauf zu den drei
Badezimmern. Ich beschloss, in Ruhe abzuwarten, und begab mich in den
vernachlässigten, ungepflegten Garten, um mir die Umgebung der Lodge
anzusehen. Ich ging um das Haus herum und fand auf der Rückseite die
Jagdhelfer, die gerade dabei waren, die Moorhühner paarweise mit einer roten
Schnur zusammenzubinden und sie in der Wildkammer aufzuhängen. Es befanden
sich bereits Dutzende Vögel von der gestrigen Jagd darin.
    Ich erkannte Bob unter ihnen und
ging zu ihm. »Was passiert mit den Vögeln?«
    »Die gehen ab nach London, Sir. In
die Restaurants und Hotels. In dieser Jahreszeit zahlen die Händler einen guten
Preis dafür.«
    Ich setzte meinen Spaziergang fort
und ließ mich dann unterhalb eines Fensters im ersten Stock auf einer Bank
nieder, von der aus man das Tal überblickte. Ich saß erst wenige Minuten da,
als ich zu meiner Überraschung Stimmen über mir vernahm. Ich saß direkt unter
dem geöffneten Fenster von Eds Schlafzimmer.
    »Er ist ein ziemlich harter Brocken«,
hörte ich Ed sagen.
    Catherine antwortete: »Ich finde ihn
süß. Er war so aufgeregt, als er sein erstes Moorhuhn geschossen
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