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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax
Autoren: Paul Torday
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weißen
Ledersitzen«, sagte Francis und schüttelte den Kopf. »Campbell bringt den
ganzen Matsch von draußen herein.«
    Und so fuhren wir eines Morgens Ende
August mit ungefähr dreißig Stundenkilometer ins Hochland der Pennines. Die
Luft war merklich scharf, und es war so klar, dass man den Eindruck haben
konnte, man sähe den weiten Horizont wie durch ein Teleskop. Alles kam einem
näher vor, als es in Wirklichkeit war. Das Heidekraut blühte noch, ein
violetter Teppich bedeckte die Berge.
    »Kenne ich irgendeinen von den
Gästen?«, fragte ich Francis auf der Fahrt über die schmalen Landstraßen durch
das Moor.
    »Eck natürlich. Keine Gesellschaft,
zu der Eck nicht eingeladen wird. Dann hätten wir da Heini Carinthia, der kommt
jedes Jahr. Er ist ein alter Freund von mir. Von ihm habe ich mein Interesse
für Wein geerbt. Heini müssen Sie kennenlernen. Fragen Sie ihn nach Château
Trebuchet, das ist sein Gut in Pomerol, Bordeaux. Er meint, es produziert den
zweitbesten Pomerol nach Petrus. Ich finde, es ist nur ein mittelmäßiger Wein.
Dann wäre da noch Philippe de Bargemon zu nennen, ein ganz reizender Franzose,
passionierter Jäger. Moorhühner in den Pennines, Tauben in Argentinien,
Schnepfen in Texas, Fasane in Ungarn. Den sieht man nie ohne Flinte in der
Hand. Netter Kerl. Die anderen sind hauptsächlich Leute aus dem Ort. Einige
kennen Sie bestimmt.«
    Wir fuhren weiter, dann sagte
Francis: »Wissen Sie eigentlich, dass das ein großes Privileg ist? Eine
Einladung nach Blubberwick bekommt man nicht jeden Tag. Es ist eines der besten
Jagdgebiete für Moorhühner in Nordengland.«
    »Ich weiß nicht, wie ich das finden
soll, diese armen Tiere zu erschießen. «
    Francis lachte. »Dazu muss man sie
erst mal treffen. Aber wenn sie nicht erlegt werden, erkranken sie. Übersteigt
die Population der Moorhühner in dem Gebiet eine bestimmte Dichte, verbreitet
sich unter ihnen ein Parasit. Ich glaube, den holen sie sich bei Schafen. Sie
krepieren daran schneller als an allen anderen Krankheiten. Die Jagd ist die
einzige Möglichkeit, die Moorhühner zu schützen.«
    Dieser Logik konnte ich nicht ganz
folgen, aber Francis wusste, wovon er sprach, also sagte ich nichts.
    »Es ist mit keinem anderen Sport
vergleichbar. Man steht auf dem Dach der Welt, und die Moorhühner kommen aus
allen Richtungen auf einen zu, schneller, als man es für möglich hält. So ein
Erlebnis schlägt alle anderen Schießsportarten um Längen. Nur wenige kommen je
in den Genuss. Sie wissen gar nicht, was für ein Glück Sie haben, Wilberforce.«
    Wir fuhren jetzt eine schmale
einspurige Straße entlang, die sich durch das Heidekraut wand. Dann sah ich
mein erstes Moorhuhn. Ein brauner Vogel mit einem roten Kamm auf dem Kopf
flatterte aufgeregt mit dem Ruf »G'bäck! G'bäck! G'bäck!« aus einem Strauch am
Straßenrand hervor. Wir erreichten den Kamm eines Hügels und sahen unter uns
Blubberwick Lodge liegen. Es war ein großes verschachteltes Gebäude, das mit
verblichenem, cremefarbenem Grundputz bedeckt war, Schutz gegen den
Dauernieselregen und den Wind aus den Talschluchten. Während wir den Hang hinunterrollten,
konnte ich die Szenerie vor dem Haus beobachten: Treiber kletterten in zwei
bereitstehende, große ehemalige Armeelastwagen, Schützen kamen aus dem Haus
und gingen gemächlichen Schrittes auf eine Riege Geländefahrzeuge zu, die auf
dem Kiesweg vorgefahren waren. Wir fuhren durch das Eingangstor zur Lodge.
    Ed stand draußen auf dem Weg und
wartete schon auf uns. Als er uns sah, zeigte er mit dem Finger auf seine
Armbanduhr und sagte zu Francis: »Wenn ich gewusst hätte, dass du mit deiner
alten Schrottmühle kommst, hätte ich dir geraten, schon gestern loszufahren.
Was gefällt dir an dem Range Rover von Wilberforce nicht?«
    Wir hielten an und stiegen aus.
    »Wilberforce?«, wandte sich Ed jetzt
an mich. »Darf ich Ihnen Heinrich Carinthia vorstellen? Und Philippe de
Bargemon haben Sie auch noch nicht kennengelernt.« Ich reichte erst einem
großen, lächelnden älteren Herrn die Hand, dann einem jüngeren, dunkelhaarigen
Franzosen. Die anderen Schützen kannte ich. Eck winkte mir zum Gruß. Zu meinem
Erstaunen gehörte Annabel Gazebee ebenfalls zu der Jagdgesellschaft.
    »Hallo, Annabel«, sagte ich. »Ich
wusste gar nicht, dass Sie auch auf die Jagd gehen.«
    »Sie macht die Beute für uns«, sagte
Ed. »Sie ist eine Kanone.«
    Dann stellte mir Ed meinen
Jagdaufseher vor, Bob. »Sie halten sich heute Morgen an
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