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Bordeuax

Bordeuax

Titel: Bordeuax
Autoren: Paul Torday
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Francis Black, Annabel Gazebee, Catherine
Plender und Eck Chetwode-Talbot. Manchmal trafen wir uns in Ecks großem,
verwinkeltem Farmhaus, wo uns der Gastgeber, ein erstaunlich guter Koch,
unterhielt. Häufig aßen wir auch im Haus der Plenders zu Abend, in Coalheugh.
    Catherines Eltern waren ziemlich
unausstehlich, aber da sie die meiste Zeit des Jahres auf den Bermudas oder in
Antibes waren, bekam ich sie in dem Sommer nur ein einziges Mal zu Gesicht. Einmal
aßen wir in der Küche von Francis zu Abend, in seiner Wohnung in Caerlyon,
anschließend stiegen wir die Treppe hinunter, um uns die Gruft anzusehen. Sie
erschien mir vollgestellter und beeindruckender, als ich sie in Erinnerung
hatte. Meistens aber hielten wir uns in Hartlepool Hall auf, aßen zu Mittag,
zu Abend, oder saßen einfach nur zusammen und unterhielten uns. Ich glaube, es
war der Abend, an dem Ed mir zum ersten Mal Annabel Gazebee vorstellte, als
sich ein höchst seltsames Gespräch mit Eck ergab.
    Ich saß beim Essen neben Annabel,
einer großen, linkischen Person mit langen braunen Haaren, einem scharfen
Zinken als Nase und einer etwas spröden Ausdrucksweise. Dennoch war sie eine
angenehme Gesprächspartnerin. Es faszinierte sie offenbar, dass ich jeden Tag
in ein Büro ging und dort arbeitete.
    »Das finde ich wirklich toll«, sagte
sie. »Ein gutes Vorbild für Leute wie Eck und Ed, die den lieben langen Tag
absolut nichts tun.«
    »Oh, ich bin sehr beschäftigt«,
bemerkte Ed beleidigt. »Ich bin bei den Kelso-Rennen nächstes Jahr Steward.«
    Annabel war Mitglied in einem
Komitee, das Spenden für das Rote Kreuz sammelte, und betrachtete sich in
puncto Beschäftigtsein als unübertroffen.
    Unerwartet tauchte noch jemand
anders zum Essen auf, ein Freund der Familie Simmonds, Earl of Shildon, den
Francis schon mal erwähnt hatte. Er hatte Eds Vater, der krank war und ans Bett
gefesselt, einen Besuch abgestattet.
    »Er ist einer meiner
Vermögensverwalter«, erklärte Ed, während wir mit dem Essen noch warteten, bis
Teddy Shildon da war. »Also benehmen Sie sich anständig. Wenn man ihn so sieht,
würde man nie darauf kommen, dass er nur zehn Jahre jünger ist als mein Vater.
Er ist lustig. Sie werden ihn mögen, ganz bestimmt sogar.«
    Nach dem Essen gingen wir in die
Bibliothek. Ed, Annabel, Catherine und Teddy Shildon saßen an einem Tisch
neben dem Kamin. Erst hatte jemand eine Partie Bridge vorgeschlagen, was auf
Ablehnung stieß, jetzt spielten sie, verbunden mit viel Lärm, das Patiencespiel
Racing Demon. Eck wollte nicht mitmachen, er verabscheue Kartenspiele, wie er
betonte, und ich kannte die Regeln nicht. Kartenspiele hatten nicht zu den
erlaubten Freizeitbeschäftigungen meines Pflegevaters gehört.
    »Darf ich mir eine von deinen
Zigarren nehmen, Ed?«, fragte Eck und hob bereits den Deckel des Humidors an.
    »Bedien dich«, rief Ed. »Und Sie
auch, Wilberforce. Catherine, du mogelst.«
    Eck trimmte seine Zigarre und
zündete sie an. »Kommen Sie, gehen wir nach draußen«, schlug er mir vor. »Es
ist ein warmer Abend.«
    Auf der anderen Seite der Bibliothek
führte eine verglaste Doppeltür auf eine Terrasse. Wir gingen nach draußen,
setzten uns auf eine Steinbalustrade, die die gesamte Terrasse einfasste, und
schauten auf den See und den dunklen Wald dahinter, der Hartlepool Hall umgab.
Die Dämmerung schimmerte grün und rosa, der Mond ging auf.
    »Ein perfekter Abend«, sagte Eck und
paffte seine Zigarre. Zwei Fledermäuse flogen vorbei, jagten im Zwielicht
Insekten.
    »Warum sieht Francis eigentlich
immer so traurig aus, Eck?«, fragte ich ihn. Wir beide hatten Francis neulich
abends besucht.
    »Kommt Ihnen das wirklich so vor?«,
fragte Eck erstaunt. »Vielleicht haben Sie recht. Wir haben uns so an ihn
gewöhnt, dass uns das gar nicht mehr auffällt. Aber er hätte allen Grund,
traurig auszusehen. Sein Leben ist in mancher Hinsicht enttäuschend verlaufen.«
    »Inwiefern?«
    »Francis ist sehr intelligent. Viel
klüger als wir alle zusammen. Wussten Sie, dass er mein Patenonkel ist?«
    »Ja, das haben Sie mir mal gesagt.«
    »Ich kenne ihn so gut wie niemanden
sonst aus der Generation. Köpfchen und gutes Aussehen hat er selbst
mitgebracht, geerbt hat er einige Hektar Land und ein einigermaßen großes Haus.
Und jetzt steht er praktisch mit leeren Händen da, und ohne Erben. Deswegen
darf man schon mal enttäuscht sein. Jeder wäre das.«
    »Wie ist das passiert?«, fragte ich.
Francis übte eine starke Faszination auf
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