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Bombay Smiles

Bombay Smiles

Titel: Bombay Smiles
Autoren: Jaume Sanllorente
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Stadtviertel tätig war, auch bei uns im Einsatz sein sollte.

    Ganapati ließ sich aber nicht einschüchtern, unsere Gespräche wurden immer häufiger und trugen Früchte. Wir sahen Möglichkeiten, Synergieeffekte für ein neues Projekt zu nutzen.
    Wir waren beide gegen die Behandlung von Leprakranken in isolierten Lagern oder Krankenhäusern, denn sie führte zu einer noch größeren Marginalisierung der Betroffenen. Unser Ziel war es, die Leprakranken zusammen mit anderen Kranken zu behandeln, um zu zeigen, dass Lepra eine verhältnismäßig normale Krankheit ist. Ich weiß bis heute nicht, wie ich Ganapati dafür danken soll, dass er meine Beharrlichkeit verstanden hat.
    Mit Ganapati und seiner Mannschaft unter der Leitung von Dr. Pai schufen wir die Voraussetzungen für das Projekt Rückkehr ins Leben , das auf drei Säulen basiert:
    Erstens finanzieren wir Schulgebühren, Bücher, Unterrichtsmaterialien und Zubehör für die Patienten und ihre Kinder, die durch Lepra aus dem Bildungssystem ausgeschlossen wurden.
    Zweitens ist das Bombay Leprosy Project, das unsere Büros nutzt, die Schaltstelle für den Norden Bombays. Durch diesen zentralen Stützpunkt können wir Neuerkrankungen schneller erkennen, schneller zu Hilfe eilen - bevor die Lepra den Patienten und die Zukunft seiner Familie zerstört.
    Und drittens, hat Sonrisas de Bombay, da wo nötig , auch die Finanzierung der Gehälter jener an Lepra
erkrankten Eltern übernommen, die am Projekt Rückkehr ins Leben teilnehmen .
    So sorgten wir dafür, dass Kunal nicht länger eine stumme Statue im Schlafsaal der Hoffnungslosigkeit blieb.

17
    Eine Karte für die Hoffnung

    Die einzige Religion, die gelehrt werden sollte, ist die furchtlose Religion.
    SWAMI VIVEKANANDA

    Die Besuche in den Elendsvierteln, die ich mittlerweile fast täglich unternahm, sowie mein Zusammenleben mit den Slumbewohnern, machten mich immer nachdenklicher. Es war offensichtlich, dass ich nicht immer neue Waisenhäuser gründen konnte, denn dafür gab es schlicht nicht genügend Mittel. Ein weit verzweigtes Netz von Hilfezentren wäre zudem viel zu unübersichtlich. Außerdem sollten die Kinder möglichst nicht von ihren Familien getrennt werden. Wir begannen daher, uns bevorzugt um Kinder zu kümmern, die von ihren Familien verkauft und in Bordellen untergebracht werden sollten.
    In diesem Zusammenhang bedrängte mich eine neue Frage: Wie konnte man Slumkindern eine Zukunftsperspektive eröffnen? Sie aus dem Slum
rauszuholen und von ihrer Familie zu trennen, schien mir keine überzeugende Lösung. Das Ziel war nicht nur, die Menschen vor dem Feuer zu retten, sondern den Brand zu löschen. Es musste eine andere Lösung, einen anderen Weg geben, den Kindern dort eine Ausbildung zu ermöglichen, ohne sie dem Zuhause zu entreißen. Schließlich übten nicht alle Eltern einen schlechten Einfluss auf ihre Sprösslinge aus; nicht in allen Familien wurden die Kinder verstümmelt oder verkauft. Von vornherein davon auszugehen, dass diese Eltern, nur weil sie arm waren, ihren Nachwuchs in seiner geistigen und körperlichen Entwicklung schädigten, war eine völlig falsche Einstellung. Diese Familien waren lediglich arm, nicht automatisch kriminell.
    Die Schriften von Amartya Sen, seine klugen Beiträge zum Studium der Armut, waren mir zu diesem Zeitpunkt eine unermesslich große Hilfe. Insbesondere sein Hinweis darauf, dass jede Frau genauso wie jeder Mann über ein großes Kraftpotenzial verfügt. Wir sind alle gleich - einige von uns erhalten nur mehr Chancen im Leben, um ihren Intellekt, ihre allgemeinen Fähigkeiten und einiges mehr zu entwickeln.
    Während ich mich immer intensiver mit der Lage in den Bombayer Slums beschäftigte, kam ich auf die Idee, mich auch über Armutsmaßnahmen in anderen Ländern zu informieren. In Brasilien wurden
beispielsweise Pläne entwickelt, nach denen jede arme Familie ein Mindesteinkommen erhalten sollte - nicht zuletzt, um diese Familien zu motivieren, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Das Programm Bolsa Escolar wurde im Rahmen der konditionierten Transferprogramme 1995 in Brasilien eingeführt.
    Das Programm, das bald auch in anderen Ländern Anwendung fand, verfolgte unter anderem das Ziel, Kinderarbeit zu reduzieren. Durch einen staatlichen Einkommensausgleich sollte der finanzielle Verlust der Familien behoben werden, der dadurch entstand, dass die Kinder nicht arbeiteten. Der Anteil von Schulkindern aus armen Familien stieg, was wiederum dazu
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