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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders
Autoren: Corinna Bomann
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anhimmelte, als sei er irgendein französischer Dichter. Ihr selbst waren diese Schwärmereien äußerst peinlich, und wenn sie es recht bedachte, war Bonny auch nicht wirklich ihre Freundin, sondern eher eine Bekannte, an die sie sich zu halten gedachte, wenn es mit der Ballsaison losging.
    »Guten Abend, Vater«, grüßte sie artig und trat neben ihn, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen. Dass die Wange abends stoppeliger war als morgens, hatte sie als Kind angestachelt, sich Gedanken über ein automatisches Rasiermesser zu machen, das er vor dem Essen rasch benutzen könnte, damit seine Wangen immer so schön glatt wären. Dieses Projekt hatte sie aber aufgegeben, nachdem eines der Dienstmädchen entsetzt über eine dampfbetriebene Bartschneidemaschine berichtet hatte, die sich ein Barbier in der Fleet Street zugelegt hatte. Diese missratene Erfindung hatte doch einem Kunden glattweg die Kehle durchgeschnitten!
    Da sie ihren Vater mehr noch als ihre Mutter liebte und ihn auf keinen Fall tot sehen wollte, nahm sie eben in Kauf, dass sich sein Gesicht abends immer wie einer dieser kleinen Igel anfühlte, die in manchen Zoohandlungen verkauft wurden.
    »Guten Abend, Violet. Deine Mutter hat mir berichtet, dass die Schneiderin hier war.«
    »Das stimmt, und sie hat mich mit ihren Stecknadeln zerstochen wie ein Schwärm Mücken!«, entgegnete Violet, während sie sich zu ihrem Platz an der langen Seite des Tisches begab, wo Alfred bereits darauf wartete, ihr den Stuhl zurechtzurücken.
    »Sie übertreibt wieder schamlos«, warf ihre Mutter lächelnd ein. »Mrs Patryck war heute die Vorsicht in Person und wohl die einzige Bedienstete, mit der ich zufrieden sein konnte.« Unter ihrem beiläufig zur Seite gerichteten Blick schrumpften die beiden Dienstmädchen gleich um eine halbe Elle.
    »Nun, das liegt vielleicht daran, dass sie nicht deine Bedienstete ist«, warf Reginald scherzhaft ein. »Wie du weißt, hat sie dein Angebot, sie als Hausschneiderin einzustellen, abgelehnt.«
    »Ja, was für ein Jammer! So muss ich stets um Termine bei ihr bitten und sie mit Teegebäck bestechen, wenn ich neue Kleider brauche.«
    »Aber dafür nähen ihre Maschinen sehr genau und flüssig, und du musst nicht lange auf deine Kleider warten. Diese Anschaffung konnte sie sich nur leisten, weil sie selbstständig ist und viele Kunden hat.«
    »Und du kannst nicht behaupten, dass sie mehrfach dieselben Modelle näht«, sagte Violet, während sie sich fragte, wie diese Maschinen wohl aussahen. Das war aber auch wirklich das Einzige, was sie im Zusammenhang mit der Schneiderin interessierte.
    Ein wenig ärgerte es Violet, dass ihre Mutter ihre Bemerkung, gestochen worden zu sein, so einfach überging. Sie selbst hatte sich schon seit Jahren nicht mehr vermessen lassen und hungerte lieber, um der auf ihre Maße zugeschnittenen Schneiderfigurine nicht zu entwachsen. Violets Einwand, dass sie alt genug war, um eine eigene Figurine zu bekommen, die ihr die Langeweile des Vermessens ersparte, hatte sie schon vor ein paar Wochen nicht gelten lassen mit der Begründung, dass Violet womöglich schon bald Kinder bekam und vollkommen aus der Form geriet. Das waren ja schöne Aussichten!
    Den Rest des Abends berichtete Lord Adair von den langweiligen Sitzungen, denen er heute beigewohnt hatte, und den bevorstehenden Friedensverhandlungen mit den Österreichern. Krieg lag zwar nicht in der Luft, dennoch wollte man neue Bündnisse schließen. Natürlich würde sich Österreich nicht gegen das deutsche Kaiserreich stellen, doch dieses war momentan keine wirkliche Gefahr. Zwei Kaiser hatte der Tod dahingerafft, der dritte war noch gar nicht richtig darauf vorbereitet, das Amt zu übernehmen. Ein Bündnis mit Österreich konnte den Frieden für weitere Jahre wahren – und England gewaltige technologische Fortschritte ermöglichen.
    Violet folgte mit halbem Ohr den Ausführungen ihres Vaters, während sie in Gedanken schon wieder bei ihrer Zeichnung war – und in ihrer Werkstatt. Wie lange hatte sie den Augenblick herbeigesehnt, endlich wieder dort arbeiten zu können!
    Nach dem Essen zogen sich Lady und Lord Adair in den Salon zurück, um ein paar Dinge für den kommenden Tag zu besprechen. Violet entschuldigte sich unter dem Vorwand, erschöpft von der Anprobe zu sein und sogleich ins Bett zu wollen. Sie trat an Alfred heran, der gerade mit dem Abräumen beschäftigt war und so tat, als bemerkte er sie nicht. »Bereiten Sie alles für heute Nacht
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