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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders
Autoren: Corinna Bomann
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durchlitt.
    Würde sich Mutter mit Leder, Glencheck und Hornknöpfen zufriedengeben, dann wäre ich bereits fertig und könnte mich um die wirklich wichtigen Dinge kümmern, dachte sie frustriert, während sie auf das Kommando der Schneiderin hin erneut die Arme hob und die wohl hundertste Messung über sich ergehen ließ.
    Für einen Moment blitzte Trotz in ihr auf. Warum nicht aus dem Raum stürmen? Dazu müsste sie nur an Mrs Patryck, der Schneiderin, vorbei, und die war eine alte Frau. Lächelnd stellte sich Violet vor, wie sie unter dem Gezeter ihrer Mutter die Treppe hinauf in ihr Zimmer stürmte und den Schlüssel im Schloss herumdrehte.
    Oben in ihrem Zimmer wartete Violets neueste Zeichnung auf ihre Vollendung. War sie all den Ärger wert?
    Inzwischen hatte Alfred die Gästeliste gefunden. Im Vorbeieilen warf er ihr einen kurzen Blick zu. Obwohl er dabei keine Miene verzog, wusste Violet, dass er sich ganz köstlich über sie amüsierte.
    Manchmal hatte sie das Gefühl, ihren Butler besser zu kennen als ihre eigenen Eltern, und das, obwohl er erst seit drei Jahren in ihren Diensten stand. Was Alfred vorher getrieben hatte, interessierte niemanden, solange die Zeugnisse stimmten.
    Doch Violet wäre nicht Violet, wenn sie nicht versucht hätte, hinter Alfreds Geheimnis zu kommen. Trotz tadelloser Referenzen hatte sie gespürt, dass etwas nicht stimmte, und sie hatte recht gehabt. Sein Geheimnis zu kennen, brachte einige Vorteile für sie, zum Beispiel den, dass er tat, was immer sie verlangte. Auch wenn das Dinge waren, die ihre Eltern nicht gern sahen.
    »Drehen Sie sie sich jetzt bitte um, Miss Adair, und nicht bewegen!«
    Schnaufend kam Violet der Aufforderung von Mrs Patryck nach und ertrug die Berührungen der Schneiderin, während sie sehnsuchtsvoll aus dem Fenster auf die Straße blickte und sich an den geheimen Ort wünschte, an dem sie sein durfte, wer sie wirklich war.
    Erst am Abend kam Adair House zur Ruhe. Die Schneiderin hatte Violet noch weitere zwei Stunden gequält, ehe sie mitsamt ihren Gehilfinnen und den Stoffballen wieder verschwunden war. Inzwischen hatten die Dienstmädchen ihre Standpauke weg und unter Alfreds Anleitung das größte Chaos beseitigt. Während die Köchin dem Abendessen noch den letzten Schliff verpasste und ihre Mutter im Salon ihre Stirn kühlte, weil sie glaubte, einen Migräneanfall zu bekommen, saß Violet in ihrem Zimmer am Reißbrett, das nicht wirklich ein Reißbrett war, aber sei’s drum.
    Einen Zeichentisch aufzustellen hätte ihr Vater untersagt, also hatte sie kurzerhand ihren Sekretär umfunktioniert und unter der Tischplatte eine ausklappbare zweite Platte angebracht, die sie mittels Zahnrädern und eines kleinen Motors jederzeit blitzschnell mitsamt dem aktuellen Entwurf verschwinden lassen konnte. Das war eine ihrer wenigen genialeren Ideen gewesen, wie sie zugeben musste. Das Projekt dagegen, an dem sie jetzt saß, trieb sie eher zur Verzweiflung.
    Wütend griff sie nach dem Radiergummi und löschte damit zum dritten Mal in Folge die gleiche Linie.
    »So geht das nicht«, murmelte sie wütend und hätte das Blatt am liebsten zerknüllt und in den Papierkorb befördert. Doch dazu war der Entwurf ihrer universalen Waschmaschine, die sich auch um die Arbeit der Spülmägde kümmern würde, zu gut. Obwohl Alfred nicht mit spöttischen Bemerkungen sparte, war sie sicher, dass nur ein paar kleine Veränderungen reichen würden, um die Maschine davon abzuhalten, das ganze Haus unter Wasser zu setzen. Doch wo zum Henker sollte diese Veränderung genau hin? Sie hatte doch alle Leiterbahnen überprüft …
    Als es zum Essen läutete, warf sie frustriert ihren Zeichenstift hin und drückte auf den Hebel an der Seite ihres Sekretärs. Der Entwurf verschwand unter der verzierten Tischplatte und rastete mit einem leisen Klicken ein. Kurz überprüfte sie ihren Gesichtsausdruck im Spiegel, denn wenn sie sauertöpfisch dreinschaute, würde es zweifelsohne eine Reihe von Fragen und Vermutungen hageln. Sie setzte also ein Lächeln auf und verließ den Raum.
    Wie Violet feststellte, war sie die Letzte, die sich an den Esstisch im Speisezimmer begab, und das, obwohl die Dampfuhr mit einer kleinen Melodie gerade erst acht Uhr läutete.
    Ihre Mutter, frisch ausgeruht wie der junge Morgen, saß ihrem Vater gegenüber, der gerade aus seinem Büro gekommen war. Reginald Adair war trotz des Silbers an seinen Schläfen ein gut aussehender Mann, den Violets Freundin Bonny
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