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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren
Autoren: Wolfgang Brenner
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zitterte leicht.
    Die drei Hagenaus trotteten missmutig heran.
    »Unser Polizeichef behauptet, ihr hättet den Tank auf dem Wackesberg in die Luft gejagt. Was habt ihr dazu zu sagen?«
    »So ein Quatsch!«, sagte der Alte. Seine Söhne nickten bloß.
    »Der Tank ist mit dem Laster zum Wackesberg transportiert und dort in Brand gesteckt worden«, sagte ich.
    Brück lachte laut. »Das würde ja heißen, der Anschlag ist mit einem Fahrzeug der Gemeinde verübt worden. Lächerlich!«
    Die drei Hagenaus lachten auf Kommando.
    Brück wurde ernst. »Verschwinden Sie!«, zischte er leise. Er meinte mich.
    Als ich in den Wagen stieg, tippte mir Brück auf die Schulter. Ich wandte mich um.
    »Das überstehen Sie nicht, glauben Sie mir, Bollinger!«
     
    I ch klingelte Sturm. Es dauerte, bis sie öffnete. Wahrscheinlich hatte sie sich hingelegt, wie oft um diese Zeit. Sie führte
     eben das Leben einer Bienenkönigin. Etwas Hausarbeit, keine Kinder, keinen Beruf. Ein Dasein, dessen Sinn es war, zu repräsentieren
     und dem König zu Willen zu sein.
    |230| Ich stürmte an ihr vorbei ins Haus. In der Küche holte sie mich ein.
    »Was ist los? Was willst du hier um diese Zeit?«
    Ihr Haar war zerzaust, sie hatte Ringe unter den Augen. Ich hatte Mühe zu sprechen, die Sache nahm mich mit.
    »Ich weiß es jetzt. Ich weiß alles. Dein Mann hat die Hagenaus beauftragt, den Wackesberg in Brand zu stecken.«
    Lottes vom Schlaf zerknitterte Gesichtszüge vereisten. Als hätte ich ihr aus heiterem Himmel eine Ohrfeige versetzt.
    »Wie kommst du darauf?«, fragte sie, aber sie fragte nur, um etwas zu sagen. Ihre Lippen bewegten sich teilnahmslos. In ihren
     Augen aber sah ich, dass sie Bescheid wusste, dass sie über alles längst Bescheid wusste. Das war das Schlimmste.
    »Du hast mich heute Nacht umgarnt, damit er sich mit den Hagenaus zusammentun konnte. Deshalb war er so gut gelaunt, als er
     hier in der Küche stand. Und ich dachte noch, mein Gott, er überrascht dich mit seiner Frau. Dabei war alles abgekartet. Ein
     abgekartetes Spiel zwischen euch beiden. Du hast es für ihn gemacht. Du hast mich bekocht, mich verwöhnt, bist mit mir ins
     Bett gegangen – alles, damit er ungestört die Explosion auf dem Wackesberg vorbereiten konnte.«
    Lottes Augen blitzten wild. »Und? Hast du die Nacht nicht genossen? Na also! Im Übrigen war es nur zu deinem Besten.«
    Ich hatte noch nie eine Frau geschlagen. Aber in diesem Moment verstand ich, was es bedeutete, wenn jemand sagte: Mir ist
     die Hand ausgerutscht.
    »Beruhige dich!«, sagte sie leise. Ich dachte, hoffentlich berührt sie mich jetzt nicht. Ich hätte sie weggestoßen. Doch dann
     fauchte die Wildkatze: »Die Sache mit Cyril Schwierz ist aus dem Ruder gelaufen, mein Lieber. Und Pierre musste etwas tun,
     um den Schaden von der Dorfgemeinschaft abzuwenden. Dazu gehören alle. Auch du. Pierre hat mal wieder die Kastanien aus dem
     Feuer holen müssen. Für euch alle.«
    »Hör auf!«
    »Das werde ich nicht tun! Du hörst dir das jetzt gefälligst an! |231| Du bist hier in meiner Küche, Bürschchen, nicht auf deinem Polizeirevier.«
    Du bist hier in meiner Küche, Bürschchen – das war es, was mich schlagartig ruhiger werden ließ. Wieso sprach sie so mit mir? Wie mit einem Kind. Dabei hatte sie in
     der Nacht zuvor in meinen Armen gelegen. Dabei waren wir in dieser Nacht glücklich miteinander gewesen. Bis der Anruf von
     Agneta gekommen war. War das etwa der Grund für den Stimmungswechsel?
    »Cyril Schwierz war dahintergekommen, dass es auf dem Wackesberg ein KZ gegeben hat. Frag mich nicht, wie! Wahrscheinlich
     hat es ihm ein Journalist gesteckt oder ein übereifriger Heimatforscher, diese Deppen gibt’s ja überall. Er hat jedenfalls
     einen Riesenkrach veranstaltet. Angeblich hätte Pierre ihn betrogen. Er hätte ihm reinen Wein einschenken müssen, wegen der
     Schmutzkampagne, die ihn und sein Musical jetzt erwarte. Diese Tunte hat es wirklich gewagt, Pierre zu erpressen: Er wollte
     ihn vor Gericht bringen – es sei denn, die Gemeinde bezahle die Erschließungskosten aus der Gemeindekasse und befreie sein
     feines Unternehmen von der Gewerbesteuer. Das konnte Pierre Schauren nicht zumuten, deshalb musste er Schwierz zum Abzug zwingen.
     Der Kerl drohte mit einem Schadensersatzprozess und damit, Details des Kaufvertrages offenzulegen. Das wäre eine Katastrophe
     geworden. Schwierz hat einen schlimmen Ruf, der Mann ist ein Hai. Der hätte uns alle Kosten für seinen
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