Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
Während die Feuerwehren aus Metz und St. Avold den zweiten
     großen Brand auf dem Wackesberg löschten, ließ er einpacken. In Windeseile waren die Catering- und Versorgungswagen davongefahren
     und die mobile Bühne abgebaut und verstaut. Seine Helfer rissen sogar die Plakate ab, die überall in Schauren hingen. Als
     wollten sie in dem Ort, den sie einmal auserkoren hatten, keine Spuren hinterlassen.
    Agneta stand in ihrem seidig glänzenden Mantel auf dem leeren Marktplatz und zitterte. Ich ging zu ihr.
    »Schade«, sagte ich.
    Wir schauten beide auf den brennenden Wackesberg. Die hochschlagenden Flammen sahen von Weitem aus wie das Werk eines geschickten
     Pyrotechnikers.
    »Müssen Sie nicht zum Wackesberg?«, fragte Agneta.
    »Zuerst muss die Feuerwehr das Gelände freigeben. Ich nehme an, Sie werden jetzt anderswo Ihre Erfolge als Anna Leschinski
     feiern, oder?«
    Sie nickte ernst. »Ja, auf der anderen Seite der Grenze. In Deutschland. Irgendwo in der Pfalz. Cyril Schwierz sagt, er hat
     dort schon alles für den Notfall vorbereitet. Er hat wohl selbst |222| nicht so richtig an Schauren geglaubt. Kommen Sie, wenn es soweit ist?«
    »Natürlich! Das wird sich hier keiner entgehen lassen.« Ich konnte nur hoffen, dass sie das nicht falsch verstand.
    Agneta wirkte besorgt. »Könnten Sie den Hagenaus sagen, dass ...«
    »Ja?«
    »Dass ich ihnen danke. So schlecht war es nicht bei ihnen. Manchmal hatten wir viel Spaß miteinander. Sie sind gar nicht so
     übel, wie man denkt, sie sind nur anders. Sie freuen sich halt lauter – und sie leiden lauter. Die Hagenaus sollen mir nicht
     hinterherfahren. Es würde doch nur Tränen geben. Und wie ich sie kenne, würden sie in noch größere Schwierigkeiten geraten.«
    »Ich richte es ihnen aus. Die Hagenaus werden Ruhe geben. Wenn das Musicaltheater nicht auf dem Wackesberg steht, wird es
     ihnen egal sein. Und dass sie Sie nicht halten können – das haben sie bestimmt schon längst geahnt.«
    Agneta reichte mir die Hand. Sie schenkte mir ein Lächeln – ein sehr trauriges Lächeln.
    Ich war sicher, dass es nicht gespielt war.
     
    A uch Alain Miller war sich seiner Sache sicher. »Die Hagenaus haben nichts damit zu tun. Diesmal nicht. Dafür lege ich meine
     Hand ins Feuer.«
    Miller war trotz der Ereignisse gut aufgelegt. Warum, das sahen wir, als wir zum Revier kamen. Vor der Tür parkte sein Sharan.
     Mit Sitzen.
    »Die Hagenaus haben ihre Verbindungen spielen lassen. Sie sagen, es war ein Versehen. Die polnische Bande hatte es auf den
     neuen Daimler des Bürgermeisters abgesehen, aber der war in jener Nacht nicht da. Ich habe nicht viel zahlen müssen. Zweihundert
     Euro. Beim Händler hätte es mich mehr gekostet.«
    |223| Mal abgesehen davon, dass ein Polizist keine Geschäfte mit Kriminellen machte – Miller hatte den Auftrag gehabt, die Hagenaus
     zu beschatten.
    »Ich will Rechenschaft über jeden Schritt, den die drei getan haben. Lückenlos! Wir sind hier in Schauren und nicht in Manhattan.
     Es kann doch nicht sein, dass diese Halunken einen Anschlag auf den Wackesberg vorbereiten, ohne dass wir es mitbekommen.
     Wir haben sie observiert. Oder haben wir das etwa nicht, Miller?«
    Doch der Dicke ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich habe sie nicht aus den Augen gelassen. Sie waren es nicht.«
    »Sie sind ihnen gefolgt? Die ganze Zeit?«
    »Ich habe das Haus observiert. Wenn ich es Ihnen doch sage: Sie sind auf der falschen Spur. An mir kommt keiner vorbei. Ich
     hatte meinen amerikanischen Feldstecher dabei und ...«
    »Sie behaupten also, die drei Hagenaus hätten gestern das Haus nicht verlassen?«, unterbrach ich ihn.
    »Nein!«, antwortete Miller trotzig. »Das behaupte ich nicht.«
    »Du hast doch gesagt, du hast das Haus belauert«, fuhr Louis Straßer ihn an. Auch er schien langsam die Geduld mit Miller
     zu verlieren.
    »Habe ich auch. Du weißt doch, wie ich bin, wenn ich mich mal in eine Aufgabe verbissen habe. Wie ein Tier.«
    »Die Hagenaus haben das Haus also verlassen?«
    »Ja.«
    »Wann war das?«, wollte ich wissen.
    Er schaute mich groß an. »Keine Ahnung. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut.«
    Straßer brüllte ihn an: »War es spät? War es früh? Warst du besoffen? Oder hast du geschlafen?«
    »Das geht jetzt gegen meine Berufsehre, Louis. Ich war hellwach und nüchtern und wusste in jeder Sekunde, was ich tat. Ich
     habe bloß nicht auf die Uhr gesehen.«
    »Schon gut«, sagte ich. »Wichtig ist bloß, dass wir wissen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher