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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren
Autoren: Wolfgang Brenner
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eine gewaltige Hitze aus. Als ich die Einsatzfahrzeuge erreichte,
     die am Straßenrand parkten, spannte sich meine Gesichtshaut. Der Schmerz wurde mit jedem Schritt, den ich näher kam, schlimmer.
    Alain Miller lief geschäftig herum, sein Gesicht war schwarz – ich wusste nicht wovon, an das Feuer konnte er nicht näher
     herangekommen sein als ich. Er brüllte die wenigen Schaurener an, die sich in Schlafanzügen aus ihren Häusern gewagt hatten:
     Sie sollten bloß vom Feuer wegbleiben. Dabei dachte kein Mensch daran, die Straße zu überqueren, die zwischen dem Wackesberg
     und den Häusern verlief. Miller war überall gleichzeitig – zumindest versuchte er diesen Eindruck zu erwecken.
    Louis Straßer erschien noch nach mir am Wackesberg. Übellaunig und verschlafen. Er blieb in seinem Wagen sitzen und schaute
     sich, ohne jemanden zu grüßen, die Sache aus der Entfernung an.
    Ich ging zu Straßers Wagen hin und grüßte ihn. Er kurbelte die Scheibe halb herunter.
    »Ich bin durch die Löschzüge geweckt worden. Keine Ahnung, wer die Metzer gerufen hat. Hier im Ort hat kein Mensch bemerkt,
     dass der Wackesberg brennt. Unsere Freiwillige Feuerwehr pennt noch«, erklärte er.
    Doch da erschien auch schon ein Fahrzeug mit der Aufschrift »Les Pompiers de Schauren« . Es hielt in einiger Entfernung. Dann |21| quälte sich jemand aus dem blutroten Kleinbus und trottete zum Einsatzleiter der Metzer. Man besprach sich eine Weile. Dem
     Schaurener standen die Scheitelhaare zu Berge. Mir schien, er hatte seine blaue Pompiers- Uniform über den Schlafanzug gezogen – in der Hoffnung, schnell wieder ins warme Bett zurückzukommen. Der Schaurener legte
     seine rechte Hand an die Mütze und ging zu seinen Kameraden, die auch weiterhin keine Anstalten machten, ihr Fahrzeug zu verlassen.
     Er stieg wieder ein. Der Kleinbus wendete und tuckerte davon.
    »Ich fahre wieder nach Hause«, sagte Straßer und gähnte.
    »Aber wir müssen doch den Brandherd sichern.«
    »Alain macht das schon. Sie sehen doch: Als hätte er sein Leben lang darauf gewartet.«
    Trotz der lauten Pumpen der Berufsfeuerwehr und des mächtigen Knisterns und Berstens der Holzbalken hörte man Alain Miller
     brüllen. Noch immer beschimpfte er die Schaulustigen, die sich seiner Meinung nach zu weit vorwagten, und erteilte den Feuerwehrleuten
     Befehle, die diese jedoch nicht beachteten. Wenn ich richtig hörte, schrie er immer das Gleiche: Befehle, die man aus dem
     Fernsehen kannte. Alle Rohre auf den Brandherd! Vorsicht, Funkenflug!
    »Wir können uns doch nicht einfach wieder ins Bett legen, solange hier noch das Feuer wütet, Straßer.«
    »Alain schafft das allein. Glauben Sie mir!«
    Louis Straßer legte den Gang ein und fuhr grußlos davon. Der Mann hatte ein großes Herz, aber wenn man ihn außerhalb der Dienstzeiten
     störte, wurde er grantig.
    An der Einfahrt zum Friedhof flammten seine Bremslichter auf. Er streckte den Kopf aus dem Fenster und sprach mit jemandem,
     der ihm im Auto entgegenkam. Es war Lotte. Sie hatte also nicht mehr einschlafen können. Wäre auch ein Wunder gewesen, nach
     dieser Nacht.
    Ich ging zum Einsatzleiter der Metzer Feuerwehr und stellte mich vor.
    »Das ist keine große Sache für uns«, erklärte der Feuerwehrhauptmann |22| ruhig. »Sieht schlimmer aus als es ist – und es besteht ja auch keine Gefahr für die Anwohner. Eigentlich hätten das die Hiesigen
     erledigen können. Aber wenn die mal wieder nicht aus den Betten kommen ...«
    »Man hat Sie offenbar gerufen, bevor hier jemand den Brand bemerkt hat. Hat der Anrufer seinen Namen genannt?«
    Der Mann zuckte mit den Achseln.
    »Keine Ahnung.« Er wirkte etwas gelangweilt. Er musterte mich abschätzig, offensichtlich hielt er Schauren für einen hoffnungslosen
     Fall. »Das haben wir oft. Wenn der Anruf so früh kommt, deutet das auf Brandstiftung hin. Aber das ist Ihre Sache, monsieur le commissaire . Jedenfalls ist der Brand so gut wie gelöscht.« Plötzlich straffte er sich, lüftete den Helm und strich seine schweißnassen
     Haare glatt. »Ich sehe, da kommt jemand, den ich begrüßen muss. Pardon.«
    Er schob mich zur Seite und eilte Lottes Wagen entgegen.
    Sie trug ein schwarzes Kleid, über das sie eine dünne Weste gezogen hatte. Ein solcher Brand war in Schauren ein gesellschaftliches
     Ereignis. Zumindest für die Honoratioren, nicht so sehr für die freiwillige Feuerwehr.
    Ein paar Tage zuvor war auf der Lokalseite der Metzer Zeitung ein Bericht
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