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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
Autoren: Joanie McDonell
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Boston Whaler namens
Button Gwinnett
liegen habe, und wo ich ihn kaum eine Stunde zuvor zurückgelassen hatte. Das Adrenalin, das die Tänzerin in Bewegung gehalten hatte, war schließlich erschöpft. Sie schloss die Augen, sobald wir im Taxi saßen, und war völlig fertig, als ich sie auf das Boot trug und sie in die Kombüse setzte, die eigentlich gar keine ist, sondern eher ein Raum unter einer Segeltuchplane. Das Einzige darin, was sie warm halten konnte, war eine Plane, und sie kroch darunter, bevor sie wiederum die Augen schloss.
    Ich rüttelte sie, da Greenburg mich an etwas erinnert hatte, was ich bereits wusste: dass es für eine Person mit Gehirnerschütterung gefährlich sein konnte, wenn sie zu bald nach einem Hirntrauma einschlief. Weil ich nicht sicher war, wie bald zu bald war, wollte ich nicht, dass sie es sich gemütlich machte.
    »Ich ruhe mich bloß aus«, sagte sie unbestimmt. »Bloß ausruhen.«
    Ich wandte mich von ihr ab, zog mein Handy hervor und rief Meriwether an. Ich berichtete ihm kurz, was geschehen war, und bat ihn, das Gästezimmer herzurichten.
    Ich konnte nicht gleichzeitig die Tänzerin im Blick behalten und das Boot lenken, also nahm ich sie mit zum Steuerrad. Ich setzte sie direkt neben mich auf die Bank, aber sie neigte sich sofort zur Seite. Es gab keine andere Möglichkeit, sie aufrecht zu halten, daher zog ich sie hoch und legte den Arm um sie.
    Das brauchte ich nicht. Ich wollte die Hitze nicht spüren, die sie abstrahlte, die durch mein Jackett und sogar durch die Plane drang, die sie mitgeschleift hatte, aber ich tat es.
    Während wir vom Dock ablegten, überlegte ich, welche Haltung ich normalerweise zu den allgemeinen Gesetzen und Regeln des zivilisierten Lebens einnahm – gewöhnlich so etwas wie wohlwollende Missachtung. Wegen dem Bellevue spürte ich kein Bedauern. Patienten waren schon früher abgehauen; das Krankenhaus konnte damit zurechtkommen.
    Und ich bedauerte keinesfalls, die Tänzerin mit zu mir nach Hause zu nehmen. Im Gegenteil. Aber so ärgerlich es auch ist, manchmal höre ich die Stimme von Schwester Mary Alphonsus, meiner Oberaufseherin, durch meinen Kopf hallen. Sie vermittelte ihre Ansichten durch endlose kluge Sprüche, und heute war dieser an der Reihe: Das wird ein tränenreiches Ende nehmen.
    Wir waren schon einige Minuten unterwegs, bevor Regen und Wind schließlich die Tänzerin aufrüttelten. Plötzlich war sie hellwach. Aufmerksam. Erschrocken.
    »Wo sind wir?«, fragte sie. Ich spürte, wie sie den Rücken durchbog und zurückwich, um mich besser in Augenschein nehmen zu können.
    »Wir fahren zu mir«, erwiderte ich. »Ich bin Nick Sayler. Sie waren im Krankenhaus. Sie wollten weg da. Erinnern Sie sich?«
    »Ja.« Sie hielt inne. »Oh, ja. Ich erinnere mich. Wir sind über einen Flur gerannt … ja, tut mir leid. Ich bin müde. Sie sind Nick Sayler. Ich habe Ihre Karte.«
    Sie holte sie aus der Tasche der zerrissenen Jeans, sah sie an wie einen Talisman und steckte sie sogleich wieder zurück.
    Sie lehnte sich an mich und schloss die Augen, aber ich durfte sie nicht einschlafen lassen.
    »Ich möchte Sie etwas fragen«, sagte ich laut über den Krach des Motors hinweg. »Nach dem, was Sie durchgemacht haben – warum sollten Sie mit einem Fremden weggehen wollen? Sie hätten im Krankenhaus bleiben können. Dort wären Sie in Sicherheit gewesen.«
    Wiederum hielt sie inne, bevor sie erwiderte und dabei die Stimme mehrere Dezibel hob: »Krankenhäuser sind nicht sicher. Krankenhäuser sind ganz bestimmt nicht sicher.«
    »Aber jemand hat Ihnen etwas angetan«, sagte ich so laut, wie ich konnte, weil ich mich nicht weiter herabbeugen wollte, obwohl sie mich dann leichter hätte verstehen können. »Und Sie wissen nicht, wer das war.«
    »Zumindest weiß ich, dass Sie es nicht waren«, rief sie.
    »Woher wissen Sie, dass ich ein so ehrbarer Bürger bin?«, rief ich zurück.
    »Justin hat das überprüft.«
    Endlose Wunder des Cyberspace.
    Wenn Greenburg die schmutzigen Details in den alten Geschichten über mich gelesen hatte, so hatte er gesehen, dass ich am Ende davongekommen war. Aber wenn ein Fall abgeschlossen ist, so wird bestenfalls die Anklage fallen lassen. Niemand wird jemals für unschuldig erklärt.
    Regen und Wind waren zu kalt und der Motor zu laut für eine weitere Unterhaltung. Ich hielt sie einfach weiterhin fest und rüttelte sie einige Male, damit sie auch ganz bestimmt nicht einschlief, solange wir heim zur
Dumb
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