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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Nele Neuhaus
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musste nur abdrücken. Was aber, wenn er im Reflex auch den Abzug seiner Waffe, die er sicherlich nachgeladen hatte, betätigte?
    »Ganz ruhig, Lilly«, sagte sie und ließ ihre Waffe sinken. »Dir wird nichts passieren.«
    »Pia, der Mann war gar nicht nett zu mir«, beklagte sich das Mädchen. Ihre Augen waren riesengroß vor Angst, ihr Stimmchen zitterte. »Er hat einfach Robbie und Simba erschossen und Opa weh getan!«
    Hinter Pia erschienen Christian und Bodenstein, oberhalb von ihnen, an der Mauer des Parks, flammten Scheinwerfer auf und tauchten die ganze Szenerie in ein gespenstisch helles Licht. Pia hörte, wie ihr Chef mit gesenkter Stimme telefonierte und versuchte, das Boot der Wasserschutzpolizei, das weiter vorne, wo die Nidda in den Main mündete, wartete, hierher zu beordern. Von links und rechts näherten sich schwarzvermummte Gestalten, Kollegen vom SEK , die sich aber außerhalb des Lichtkegels hielten.
    »Staatsanwalt Frey!«, rief Bodenstein. »Lassen Sie das Mädchen los!«
    »Was hat er vor?«, zischte Christian. »Er kann hier nicht mehr weg, das müsste ihm doch klar sein.«
    Pia konnte nicht mehr klar denken. Sie sah nur Lilly, deren blondes Haar im grellen Licht wie Gold glänzte. Welche Angst musste diese kleine Seele aushalten! Wie konnte ein Mann, der selbst Kinder in diesem Alter hatte, einem kleinen Kind so etwas antun?
    Ganz plötzlich setzte sich Frey in Bewegung, nachdem er fast eine Minute lang oberhalb der Böschung reglos verharrt hatte. Alles ging rasend schnell. Er packte Lilly um die Mitte und sprang in das tintenschwarze Wasser des Flusses.
    »Nein! Lilly!«, brüllte Pia voller Panik und wollte losrennen, doch Bodenstein erwischte ihren Arm und riss sie grob zurück. Sie sah, wie Christian mit ein paar Schritten am Wasser war und ebenfalls in den Fluss sprang. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich die Uferpromenade, die bis dahin wie ausgestorben dagelegen hatte, in einen Hexenkessel. Aus allen Richtungen stürmten Polizeibeamte herbei, ein Rettungswagen erschien, vom Main her bog das hellerleuchtete Schiff der Wasserschutzpolizei in die Nidda ein. Bodenstein hielt Pia fest in seinen Armen.
    »Da ist sie!«, rief er. »Kröger hat das Mädchen!«
    Vor Erleichterung wurden Pias Knie weich wie Butter. Hätte ihr Chef sie nicht festgehalten, wäre sie einfach zusammengesackt. Kollegen von der Bereitschaftspolizei halfen Christian aus dem Wasser, jemand nahm Lilly auf den Arm, wickelte sie in eine Decke. Nur zwei Minuten später konnte sie das Kind in ihre Arme schließen. Was mit Frey war, kümmerte sie nicht mehr. Von ihr aus konnte er im Fluss ersaufen wie eine Ratte.

Samstag, 3. Juli 2010
    Es war für Ostermann ein Leichtes gewesen, die Fahrzeughalter anhand der Kennzeichen festzustellen, zumindest die der in Deutschland zugelassenen Autos. Er staunte nicht schlecht, als er die Namen las, die sich nach und nach den Fotos zuordnen ließen. Vor anderthalb Stunden waren zwei Kollegen vom Streifendienst mit Kilian Rothemund aufgetaucht, und Rothemund hatte ihm einen Umschlag mit Fotos von geparkten Autos übergeben. Meike Herzmann hatte die Autos am Donnerstagabend vor dem Haus des Medienmoguls Hartmut Matern in Oberursel fotografiert. Warum sie das getan hatte, wusste Rothemund auch nicht, aber er hatte eine interessante These, was es mit den ganzen Wagen auf sich hatte, die sich mit jedem Namen, der hinzukam, erhärtete.
    Am Abend vor der Geburtstagsfeier Finkbeiners hatten sich in der Villa von Matern die führenden Köpfe des Kinderschänderrings versammelt, lauter einflussreiche, angesehene Männer, die in ihrem Leben viel bewegt hatten und zu den Spitzen der Gesellschaft gehörten. Zwei von ihnen waren tot, hingerichtet von einem ihrer ehemaligen Opfer, der dritte kämpfte noch um sein Leben. Rothemund hatte mit Prinzler telefoniert und ihn gebeten, ihm das Diktiergerät und die Gesprächsnotizen, die er von Holland aus an dessen Postfach geschickt hatte, so schnell wie möglich zu bringen.
    Bodenstein, Cem und Kathrin trafen um drei Uhr morgens auf dem Kommissariat ein, ihnen stand das Grauen über das, was sie in den Katakomben unter dem Palais Ettringhausen gesehen und erlebt hatten, in die müden Gesichter geschrieben. Elf der »unsichtbaren Kinder«, wie Michaela Prinzler sie bezeichnet hatte, hatten sie in Höchst befreien und in die Obhut des Jugendamtes übergeben können, drei weitere kleine Mädchen hatten sich in einem Keller in Falkenstein befunden. Keines
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