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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel
Autoren: Timothy Carter
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Chester ihm über den Mund. »Müssten wir dann selbst entscheiden, was gut oder böse ist?«
    In dem Moment war ich wieder bis über beide Ohren in Chester verknallt. Am liebsten wäre ich zu ihm gerannt und hätte ihn innig geküsst. Schade, dass es noch eine Unmenge von Fragen gab, auf die erst eine Antwort gefunden werden musste.
    »Wenn also die Dämonen nicht auf den Plan getreten sind«, kehrte ich zum eigentlichen Thema zurück, »was ist dann passiert?«
    »Eine Schwester und ein Bruder haben versucht, uns aufzuhalten«, sagte Hammond. »Die beiden waren Teenager, ungefähr in eurem Alter. Sie gehörten zu den vielen, denen Inzest vorgeworfen wurde. Die Stadtbewohner, die unter meiner Kontrolle standen, fielen über die beiden her und …«
    »Und haben sie gelyncht, oder?«, vermutete ich.
    »Ja«, antwortete Hammond. »Im selben Moment habe ich meine Kräfte eingebüßt.«
    »Wie das?«, fragte Chester.
    »Die Kräfte eines Engels«, erklärte Hammond, »stammen von den Menschen, die an ihn glauben. Wenn wir fallen, suchen wir uns Menschen, die wie wir denken und uns unbewusst Macht verleihen. Mit dem Tod der beiden Teenager haben die Menschen jedoch einen Moment der Klarheit erfahren. Und sie sind mehr als entsetzt darüber gewesen, was sie getan hatten. Daraufhin haben sie sich von ihrer Überzeugung, von ihrem Hassobjekt distanziert. Mit anderen Worten, sie haben mich nicht weiter unterstützt und mir keine Macht mehr erteilt.«
    »Und Sie hatten keine Möglichkeit, sie zurückzubekommen?«, wollte Chester wissen.
    »Doch, die hatte ich«, antwortete er. »Die Leute wussten ja nicht, dass ich es war, der ihre Gedanken beeinflusst hatte. Ich hätte nur genug Menschen gleicher Gesinnung finden müssen, die an mich glaubten. Doch mein Gegner witterte damals seine Chance, übernahm die Stadt und sperrte mich hier unten ein. Und wenn es nach ihm geht, bleibt das auch so.«
    Gut, dachte ich. »Wollen wir mal zusammenfassen«, begann ich. »Um einen Engel zu entmachten, müssen wir seine Anhänger dazu bekommen, etwas Grausames zu tun. Und dadurch erkennen sie, wer wirklich dahintersteckt.«
    »So in etwa«, antwortete Hammond. »Sie brauchen einen Moment der Klarheit, aber ich fürchte, der lässt sich nur durch etwas Furchtbares herbeiführen.«
    Ich dachte einige Minuten über seine Worte nach.
    »Chester«, meinte ich, »kannst du dich daran erinnern, was Father Reedy uns von seinem Bruder erzählt hat?«
    »Ja, dass er dank Reverend Feltless von einer aufgebrachten Menge getötet wurde«, antwortete er. »Und als wäre das nicht genug, haben sie außerdem seine Beerdigung sabotiert.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Als Father Reedys Bruder ermordet wurde, hat die Stadt einen lichten Moment erlebt. Feltless hat dadurch seine Macht verloren – ich nehme an, wir können ziemlich sicher sein, dass er der gefallene Engel ist. Jedenfalls muss der Protest bei dem Begräbnis Feltless’ verzweifelter Versuch gewesen sein, die Stadt wieder auf seine Seite zu ziehen.«
    »Klingt logisch«, stimmte Hammond zu. »Wenn vorher niemand Feltless persönlich als Ursache des Bösen erkannt hat, hat er auf jeden Fall die Chance gehabt, die Stadtbewohner zurückzugewinnen.«
    »Was ihm ja auch irgendwann gelungen ist«, sagte Chester. »Das bedeutet, wir müssen allen unbedingt klar und deutlich zeigen, dass Brightly den ganzen Wahnsinn in Gang gesetzt hat. Nur so können wir ihn loswerden.«
    »Genau«, antwortete ich.
    »Klingt, als hättet ihr tatsächlich einen Plan.«
    Mir klappte die Kinnlade herunter. Ich fuhr herum und riss die Augen auf. Zwischen den Gitterstäben der Zellentür hockte Fon Pyre.
    »Wenn du auch nur daran denkst, mich zu umarmen«, sagte er und hielt seinen knorrigen Zeigefinger drohend in die Höhe, »dann überlege ich es mir in Zukunft zweimal, ob ich dir aus der Patsche helfe.«
    Ich konnte es einfach nicht fassen. Auf Fon Pyres Brust prangte ein Mal an der Stelle, an der die Kugel in seinen Körper eingetreten war. Außerdem entstellte eine entsetzliche Narbe in Form eines Kreuzes sein Gesicht – aber er lebte.
    »Du lebst!«, rief ich.
    »Klar doch«, antwortete er. »Du hast doch nicht allen Ernstes geglaubt, dass ein Dämon sich von solchen Kleinigkeiten wie einer Kugel oder einem Truck aufhalten lässt, oder?«
    »Doch, irgendwie schon«, erwiderte ich. »Aber pass auf!«, fügte ich schnell hinzu und deutete auf Hammond. »Der Typ da drüben ist ein gefallener Engel.«
    »Er hat keine Macht«,
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