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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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ihm die Hunde geduldig warteten.
    «Du lässt sie aber nicht zu dir ins Bett, oder?», fragte sie.
    «Wieso, bist du eifersüchtig?»
    Sie lachte. «Nur um dein Wohlergehen besorgt. Nach dem ganzen Käse und den Bohnen, die sie mit Sicherheit von dir gekriegt haben, werden sie furzen wie die Weltmeister.»
    «Mist, daran hab ich gar nicht gedacht.»
    «Halt sie dir bei deinem Abendritual lieber vom Leib. Sonst verursacht die Flamme am Ende noch eine Explosion.»
    «Offenbar verdauen sie noch», sagte Huck. «Bisher haben wir’s lebend überstanden.»
    Jetzt nahm sie ihn wahr, den leicht gedämpften Ton seiner Stimme, als hätte er ein Blubberbläschen im Hals. Sie hatte versucht, zusammen mit Huck zu kiffen, doch trotz seiner Kennerschaft war sie sich nur blöd und leicht paranoid vorgekommen. Sativa oder Indica, White Widow oder Skunk, egal was, es verlangte von ihr, lockerzulassen, wo sie lieber festhielt. Sie hatte Hucks Angewohnheit akzeptiert, gleich in der allerersten Verliebtheitsphase. Es schien nicht verhandelbar, war Bestandteil des ungeschriebenen Vertrags ihrer Partnerschaft, aber es ließ sich unmöglich übersehen, dass das, was sie früher als Äquivalent zum abendlichen Gläschen Wein ihrer Mutter angesehen hatte, in letzter Zeit mehr einem Cocktail vor und nach dem Essen glich.
    «Hast du dir den Wecker gestellt?», fragte sie. Als Huck das erste Mal verschlafen hatte, war er zu spät zur Schule gekommen. Sie hatte ihn tief unter den Decken vergraben gefunden, mit offenem Mund leise gegen den Radiowecker anschnarchend, obwohl er um die Zeit schon angezogen und mit dem Brötchen im Mund aus der Tür hätte eilen sollen. Am folgenden Morgen hatte er es dank ihres frühzeitigen Eingreifens noch vor dem ersten Läuten zur Schule geschafft, musste sein Frühstück allerdings im Auto einnehmen. Nach dem dritten Tag weckte sie ihn nicht mehr mit einem Kuss, sondern mit seinem Namen, laut und deutlich, als gehörte er zu einem Sprachkurs: Bett, Kissen, Decke, Huck. Diese Silbe, in der weder Mitgefühl noch Vorwurf mitschwangen, schien seinen Schlafkokon wirkungsvoller zu durchdringen als jeder Wecker. Ab dem vierzehnten Tag, an dem Huck verschlief, beschloss Celia, nicht mehr mitzuzählen.
    «Hab ich», sagte er. «Ich hab ihn nicht auf ‹Radio›, sondern auf ‹Wecken› gestellt und auf maximale Lautstärke. Was übrigens vollkommen unnötig ist. Solange du weg bist, bin ich für die Mädels schließlich die einzige Option, was ihren Morgenspaziergang angeht.»
    Jahrelang hatte Celia sich vorgestellt, sie würde allein leben: in einer kleinen Wohnung im Ukrainian Village oder in Wicker Park, wo sich an jedem zweiten Wochenende ein Partner einfand, der sein Fach im Badezimmerschrank und seine Schublade im Schreibtisch hatte. Von Freitag bis Sonntag würde ihr Leben sich sporadisch überschneiden, die Zeit dazwischen ließ sich mit Telefonaten locker überbrücken. Menschen, die es anders handhabten, verwirrten sie. Sie mussten wohl weniger zu tun haben. In der Highschool und am College hatte ihr schlicht die Zeit gefehlt, um sich mit irgendjemandem zu treffen. Es waren Demonstrationen zu organisieren und Spendenaktionen zu planen, Gedichte vorzulesen und Versammlungen zu besuchen. Ihr chronisches Übermaß an Verpflichtungen und ihre Einsamkeit hatte sie hingenommen wie Diabetes oder Farbenblindheit – angeborene Veranlagungen, die Zugeständnisse erforderlich machten. Bis sie Huck begegnet war.
    «Dann fährst du also morgen zu deiner Mom in die Schule?», fragte er.
    «Sie meinte, nach elf könnte ich jederzeit kommen.»
    «Und davor?»
    «Keine Ahnung», sagte Celia. «Ich drehe durch, wenn ich daran denke.»
    «Nimm doch eine Tablette und schlaf bis dahin.»
    «Nicht nötig», sagte sie. «Ich bin fix und alle. Es kommt mir vor, als hätte ich seit Jahren nicht mehr geschlafen.»
    In der Stille, die darauf folgte, hörte Celia rhythmische Atemzüge in der Leitung. Dann wurden sie schwächer, und etwas sagte ihr, dass Huck den Hörer wieder am Ohr hatte.
    «War das Bella?», fragte sie. «Ich vermisse sie auch, sag ihr das.»
    «Ich liebe dich, Ceel.»
    «Du bist mein Ein und Alles», flüsterte sie. Nachdem sie aufgelegt hatte, starrte sie auf das stumme Telefon in ihrer Hand.
    Sie erkannte, was mit ihnen los war, weil es nicht zum ersten Mal passierte. Sechs Jahre zuvor war Celias Mitbewohnerin urplötzlich nach Austin gezogen, und von ihren übrigen Freundinnen brauchte keine ein Zimmer. Nur
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