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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition)
Autoren: Myla Goldberg
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herausgewachsen zu sein. Bei ihren Eltern verfiel sie regelmäßig in ihre schlimmsten Denk- und Verhaltensmuster von früher: extreme Reizbarkeit, vorschnelles Urteilen und der aggressive Reflex, eine Trennlinie zwischen sich und der übrigen Welt zu ziehen. Teilweise machte sie das Haus für diese Regression verantwortlich. Ihre gesamte Kindheit steckte in diesen Räumen; verglichen damit hatte sie hier als Erwachsene lächerlich wenig Erfahrungen gesammelt.
    ***
    Abends am Telefon schilderte Celia all das mit einer Detailliertheit, die jeden anderen als einen Partner gelangweilt hätte, Huck aber längst nicht genügte.
    «Was sollte ich da noch sagen?» Sie seufzte. «Also habe ich mir mit ihr einen Film angesehen, bis Daddy wieder wach war, und dann sind wir ins Maxi’s essen gegangen.»
    «Du hattest die Aubergine mit Parmesan», sagte er. «Und davor gab es für euch drei zusammen die –»
    « – die Meeresfrüchte. Und zur Nachspeise natürlich den Ricotta-Käsekuchen. Ich hab kaum einen Bissen runterbekommen, wegen all dem, was ich auf Mommys Wunsch für mich behalten sollte. Wir haben uns praktisch mein ganzes Essen einpacken lassen. Auf der Rückfahrt hat Daddy wieder lang und breit geschwärmt, wie wunderbar er es findet, dass ich bei ihnen bin. Und kaum sind wir im Haus, gehen die zwei zu Bett, obwohl es gerade mal neun ist, und lassen mich hier unten sitzen mit meinen Erinnerungen.»
    «Erzähl mir davon», sagte Huck.
    Sie sah ihn vor sich, in ihrem gemeinsamen Wohnzimmer, mit Sorgenfalten im Gesicht. Ganz zu Beginn ihrer Beziehung war Celia davon ausgegangen, dass das aufregend Neue seiner Gesellschaft sich mit der Zeit abnützen würde, doch Huck war damals noch nicht allzu lange der gutaussehende junge Mann, als der er sich ihr präsentierte. In seinen von schwerer Akne gezeichneten Teenagerjahren hatte er sich zu einem einfühlsamen Zuhörer entwickelt und zeigte keine Spur jener Trägheit, die von Natur aus attraktive Menschen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen an den Tag legen. Celia hätte nicht sagen können, ob Huck in letzter Zeit schöner geworden war oder sich ihr schlicht mehr Gelegenheiten boten, ihn aus einigem Abstand zu betrachten.
    «Es ist so merkwürdig», sagte sie. «Ich verstehe einfach nicht, wie ich all die Jahre immer wieder herkommen konnte, ohne dass mich die Erinnerungen ansprangen. Djuna und ich haben oft Monopoly gespielt, genau hier auf dem Teppich. Einmal – jetzt wird’s peinlich, okay? – haben wir uns furchtbar in die Haare gekriegt über den ‹II. Preis im Schönheitswettbewerb›. Die Zwei mit römischen Ziffern, weißt du?»
    «Als ich Kind war, haben wir uns bei Monopoly immer bis aufs Blut gestritten», sagte Huck. «Es hat schon seinen Grund, dass die Hotels rot sind.»
    Celia schloss die Augen und stellte sich die leicht asymmetrische Nase vor, den Haarwirbel über der linken Schläfe, die Augen, die je nach Stimmung zwischen Braun und Grün changierten – obwohl, zurzeit sah sie Hucks Gesicht meist im Profil vor sich, mattblau vom Fernseher beleuchtet, oder in tiefem Protestschlaf, abgewandt von der Morgensonne.
    «Klar», sagte sie, «aber bei dem Streit ging es gar nicht um irgendwelche Zahlungen. Djuna war fest überzeugt, es hieße ‹11. Preis›, und ich wusste, dass das nicht stimmte. Wir haben uns angebrüllt, bis sie schließlich nach Hause wollte. Ich weiß noch, dass ich ihr den Weg versperrt habe; sie sollte nicht gehen, ich wollte weiterspielen – wahrscheinlich war ich am Gewinnen, und schließlich kam Mommy und schob mich mit Gewalt von der Haustür weg, damit Djuna rauskonnte. Später, nach dem Abendessen, hat Djuna dann angerufen und gesagt, ihre Mutter hätte gesagt, ich hätte recht. Es sei der 2 . Preis im Schönheitswettbewerb. Ich hatte das Gefühl, dass Mrs. Pearson mithörte, damit Djuna es auch wirklich zugab.»
    Einen Augenblick hörten sie sich gegenseitig beim Atmen zu. Zu Hause säßen sie schon lange vor einem Film, Huck neben ihr auf der Couch, aber nur physisch anwesend.
    «Jetzt bist du dran mit Reden», sagte sie.
    «Wir vermissen dich alle», antwortete Huck. «Beim Abendessen hat Sylvie dauernd an deinem leeren Stuhl herumgeschnüffelt.»
    «Was gab’s denn?»
    «Chili», sagte Huck. «Und zwar nicht den Scheiß zum Mitnehmen von Ortega’s . Ich hab richtig gekocht.»
    Sie stellte sich vor, wie er am Herd den uralten, hölzernen Kochlöffel schwang, den sie nicht wegwerfen durfte, während hinter
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