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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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unserem Auto aufgewirbelte Staubwolke wieder gesetzt hat. Irgendwo durchqueren wir ein Dorf ohne Namen, ein richtiges Kaff mit wenigen kleinen Backstein-Häuschen, wo die Sandstrasse durch ein Kopfsteinpflaster ersetzt wird. Die Arbeiten sind noch im Gange, Hämmer und Steine liegen am Strassenrand, nur rund 100 Meter sind soweit fertig gestellt. Wir können uns die Sache nicht erklären; vielleicht hat Lukas recht mit seiner Vermutung, dass dies eine von der Regierung bezahlte Aktion zur Arbeitsbeschaffung ist?
    Unsere Lodge Elandskuil ist eine kleinere sogenannte Game Farm , also eine Farm, in der wilde Tiere in einer Buschlandschaft gehalten werden. Zwischen dem Eingangstor und dem Haupthaus passieren wir schon ein paar Zebras, was Tim und Max, die wegen der langen Fahrt allmählich unausstehlich sind, schlagartig in brave Jungs verwandelt.
    Begrüsst werden wir von Piet, dem Besitzer. Piet ist die südafrikanische Version eines Bauern: Rund 50 Jahre alt, blond, rotbraun-gebranntes Gesicht mit etlichen geplatzten Äderchen, der Kopf ohne sichtbaren Hals praktisch direkt auf die breiten Schultern gesetzt, recht bulliger Oberkörper, dürre sehnige Beinchen, Finger so dick wie Bratwürste. Und das alles in einer Khaki-Uniform, bestehend aus einem Hemd mit dunklerer Schulterpartie und kurzen Hosen, unter denen Piet helle Kniesocken trägt, die so ähnlich wie Wandersocken unter dem Knie umgeschlagen sind.
    Mein Akzent ist nicht zu überhören, wenn ich englisch spreche, doch Piet übertrumpft mich in der Beziehung um Welten: Sein Englisch hört sich genau an wie Afrikaans. Nur gut, dass Lukas konzentriert zuhört, denn ich hätte von Piets Anweisungen praktisch nichts verstanden.
    Die Regeln in der Lodge sind einfach: Piet wird jeweils am Nachmittag mit einem offenen Geländefahrzeug einen Game Drive für unsere Gruppe machen. Ansonsten dürfen wir spazieren gehen oder mit unserem Auto in der Game Farm herumkurven. Die einzigen gefährlichen Tiere sind zwei Nashörner, von denen wir uns gefälligst fernzuhalten haben. Und besser kommen wir auch dem amerikanischen Jäger nicht in die Quere, der jeweils zweimal pro Tag auf die Pirsch geht, und zwar stehend auf der Ladefläche eines bakkies , der von Piets Angestellten gefahren wird.
    Jagen?! Hier wird gejagt? Die Tiere werden geschossen? Ich kann es kaum fassen. Wobei, so unwahrscheinlich ist das nicht, wie mir mein vernünftiger Mann auseinandersetzt, schliesslich ist dies nur eine kleine Game Farm draussen im Nirgendwo, wie soll die sonst Profit machen, abseits aller Touristenströme...
    Nur zwei Stunden später versammelt sich unsere Gruppe in der Hauptlodge für den Game Drive. Neben Sonia, Petra, Lee-Ann und ihren Familien sind auch zwei Schweizer Elektriker von KehlTech mit von der Partie, Yvo und Roger, zwei Junggesellen.
    Dies hier ist eine andere Erfahrung als der Game Drive in der Kambaku Safari Lodge im Krügerpark: Sonia und Alex haben eine Kühl-box voll Getränke und Essen mitgebracht, und kaum ist das Hauptgebäude ausser Sicht, als auch schon Anspruch darauf erhoben wird. So fahren wir schmatzend, lachend und schwatzend durch die
Gegend, in einem Heidenkrach, der eigentlich jegliches Wild verscheuchen sollte. Erstaunlicherweise bekommen wir aber doch ein paar Gnus, hier Wildebeest genannt, Impala und sogar die beiden
Nashörner zu Gesicht. Nur: Es herrscht nicht die gleiche magische Stimmung auf diesem Game Drive wie damals in Kambaku oder Madikwe Safari Lodge. Das ist mehr wie ein Klassenausflug. Soweit auch okay, denn es ist weder unser erster Game Drive noch wird es der letzte sein.
    Piet führt uns auch am Schlachthaus der Game Farm vorbei, das vor allem durch den bestialischen Gestank auffällt, der ihm entströmt. Zum Glück haben wir schon gegessen!
    Gerade wird ein totes Warzenschwein von einem bakkie abgeladen, und die Kinder wollen es unbedingt aus der Nähe betrachten. Der amerikanische Gast hat es heute Nachmittag geschossen. Tim muss sich sichtlich überwinden, doch er folgt den älteren Kindern zum Schlachthaus. Ich muss mir vorerst keine Sorgen machen, dass wir einen kleinen Jäger aufziehen, denn Tim steht klar auf der Seite des Tieres. In den nächsten Tagen wird er noch oft traurig den Kopf schütteln und mich fragen: „Das war ein armes Warzenschwein, gell, Mama?!“
    Lee-Ann hat sich bei Piet ausbedungen, dass wir selber kochen und dafür das boma benützen können. Ihr Mann Theo stürzt sich mit Feuereifer auf die Aufgabe, in der
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