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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Autoren: Barbara Brühwiler
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kreisrunden Feuerstelle mit einem Durchmesser von 2 Metern einen Funken zu entzünden. Danach folgt ein kurzes Gerangel zwischen den Männern um den Besitz der Schaufel, mit der die hoch auflodernden Flammen zu einem Kochfeuer gebändigt werden sollen. Doch als wir Frauen ihnen offerieren, dass sie zusammen eine Bolognese-Sauce auf dem Feuer kochen dürfen, sind alle hochzufrieden. Lee-Ann richtet Salat an, die Männer stecken die Köpfe über den Bolognese-Zutaten zusammen, die Kinder beschäftigen sich irgendwie hinter der Bar, und wir Frauen sitzen am Feuer und trinken ein Glas kühlen Chardonnay. Nicht so schlecht!
    Am nächsten Morgen müssen wir erst Frühstück machen, und weil die meisten von uns Schweizer sind, gibt es Rösti, die schweizerischen gebratenen Kartoffelschnipsel, auf dem Feuer. Nebst Würsten und Spiegeleiern.
    Das Ganze entwickelt sich mehr und mehr zu einem richtigen Abenteuer-Wochenende für unsere erwachsenen Jungs, denn nach dem Frühstück fahren wir gleich los zu einem Game Drive mit Yvos altem Safari-Jeep. Das ist eines dieser abenteuerlichen Fahrzeuge mit einem Luftschnorchel an der Kühlerhaube und einer Leiter am Heck, welche auf die männlichen Mitglieder unserer Expedition so verlockend wirkt, dass sich Alex und Lukas gleich auf das Dach schwingen. Und ihre Jungs gleich hintennach. Und, weil dies eh kein seriöser Ausflug wird und hier draussen keine Polizei patrouilliert, erlauben wir den älteren Kindern, dass sie sich auf die Kühlerhaube des Jeeps setzen, wie Tracker ohne Sitz. Äusserst ausgelassene und laute Tracker, aber was soll’s. Ein paar Antilopen und drei Zebras kriegen wir doch zu Gesicht. Wildtiere sind eindeutig neugierig.
    Kurz vor dem Mittagessen fährt der amerikanische Jäger ein, zurück von seiner morgendlichen Pirschfahrt. Unsere Kinder starren, und wir können ihnen keinen Vorwurf machen: Er steht als Indianer verkleidet auf der Ladefläche eines bakkies , komplett mit Federschmuck, Lendenschurz und Kriegsbemalung. Unter der er weisse Haut hat, notabene. Uff uff, das ist ein Mann, der auch seine ältesten Träume verwirklicht!
    Zum Mittagessen laden wir Piet ein, der mit unverhohlenem Interesse zugeschaut hat, wie Roger ein Bündel von circa eineinhalb Meter langen Gabeln aus dem Auto ausgeladen hat. Sowie einen gusseisernen Topf, den man in Südafrika Potjie nennt und der in einer grösseren Version dafür benützt werden kann, Missionare zu kochen. Aber bei uns gibt es heute Käsefondue im dreibeinigen Potjie - die beste schweizerisch-südafrikanische Verbindung nach Roger Federer!
    Bevor er sein erstes Brotstück in den geschmolzenen Käse taucht, betet Piet schnell still. Danach scheint er nicht nur das Käsefondue, sondern auch unsere Aufmerksamkeit zu geniessen und erzählt uns von seinem Leben. Wie fast jeder weisse Südafrikaner beginnt er seine Geschichte mit: „Meine Kindheit verbrachte ich auf unserer Familien-Farm in...“ – in Piets Fall in der North-West Province in der Nähe von Wolmaransstad. Wenn man von Nähe überhaupt sprechen kann – denn vom Farmhaus aus muss man fast eine Stunde im Auto fahren, um überhaupt auf eine öffentliche Strasse zu gelangen. Mir scheint, die Ausmasse südafrikanischer Farmen würden den Fürsten von Liechtenstein vor Neid erblassen lassen. Piet jedenfalls erzählt voller Stolz, dass mindestens die Hälfte aller Kinder der Farmarbeiter nach seinen Eltern benannt sind, weil sie auf deren bakkie auf dem Weg zum Arzt zur Welt kamen. Laute kleine Hennies und Kobies irgendwo im veld in der Nähe von Wolmaransstad – ich grinse bei der Vorstellung.
    Auch das Silvester-Mahl bringt wieder viel ungewohnte Arbeit mit sich. Diesmal kochen wir Risotto am Feuer und grillen Fleisch dazu, und zum Dessert veranstaltet Lukas einen Feuerzauber, der Fruchtstücke und eine ganze Flasche Brandy involviert und in sehr beschwipsten flambierten Früchten endet. Petras Mann Heinz hat einen portablen DVD-Recorder und ein Projektionsgerät mitgebracht, und unsere Kinder fallen eines ums andere in den Schlaf vor dem Tierfilm, den sie sich anschauen dürfen – wie im Kino, aber in einem afrikanischen boma , unter dem Sternenhimmel.
    Die Sterne werden die Disco-Beleuchtung für unsere anschliessende ausgelassene Tanz-Party, die weit über Mitternacht hinausdauert und das neue Jahr einleitet.
    Ein neues Jahr in unserer neuen Heimat Südafrika. Wo es auch in Zukunft zu Engpässen in der Strom-, Wasser- und Benzinversorgung kommen wird.
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