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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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wunderte mich über das Gepäck auf seinem Rücksitz.
    »Bleiben Sie länger?« fragte ich.
    »Benton hat mich für das Street Survival eingeteilt.«
    »Sie und wen noch?« fragte ich. Für dieses Projekt, bei dem das Verhalten in brenzligen Situationen auf der Straße trainiert wird, wurden nämlich keine Einzelpersonen ausgebildet, sondern ganze Einheiten.
    »Mich und mein Team aus dem Revier.«
    »Nun erzählen Sie mir bloß nicht, daß zu Ihrem neuen Aufgabenbereich auch das Eintreten von Türen gehört.«
    »Das ist einer der Vorzüge einer Beförderung: Man steckt mit dem Hintern wieder in einer Uniform und darf hinaus auf die Straße. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, Doc, da draußen geht's mittlerweile ganz schön zur Sache.«
    »Danke für den Tip«, sagte ich trocken. »Ziehen Sie sich warm an.«
    »Wie?« In seiner schwarzen Sonnenbrille spiegelten sich die Wagen, die langsam an uns vorbeirollten.
    »Auch Farbgeschosse tun weh.«
    »Ich habe nicht vor, mich treffen zu lassen.«
    »Ich kenne niemanden, der das vorhat.«
    »Wann sind Sie angekommen?« fragte er.
    »Gestern abend.«
    Marino zog ein Päckchen Zigaretten von der Sonnenblende. »Hat man Ihnen viel erzählt?«
    »Ich habe mir ein paar Dinge angesehen. Offenbar legt die Kriminalpolizei von North Carolina heute vormittag den Großteil der Unterlagen zu dem Fall vor.«
    »Es war Gault. Er muß es gewesen sein.«
    »Gewiß gibt es da Parallelen«, sagte ich vorsichtig.
    Er klopfte eine Marlboro aus dem Päckchen und schob sie sich zwischen die Lippen. »Ich schnappe mir diesen verdammten Hurensohn, und wenn ich durch die Hölle muß, um ihn zu finden.«
    »Falls Sie ihn in der Hölle finden, lassen Sie ihn einfach dort«, sagte ich. »Gehen Sie mit mir zum Lunch?«
    »Solange Sie zahlen, allemal.«
    »Das tue ich ja immer.« Das war eine Feststellung.
    »Und das sollten Sie in alle Zukunft.« Er legte den Gang ein. »Verdammt noch mal, schließlich sind Sie Doktorin.«
    Ich drehte mich um, überquerte die Fahrbahn und betrat die Sporthalle durch den Hintereingang. Im Umkleideraum blickten mir drei durchtrainierte junge Frauen in verschiedenen Stadien der Nacktheit entgegen.
    »Guten Morgen, Ma'am«, tönte es unisono, und damit wußte man gleich, wer sie waren. Die Agenten der Drogenfahndung waren in der ganzen Academy notorisch bekannt für ihre aufdringlich höfliche Art zu grüßen. Etwas befangen zog ich mir die naßgeschwitzten Sachen aus. An den eher männlich militärischen Umgang hier habe ich mich nie gewöhnen können, wo Frauen es nichts ausmacht, belanglose Reden zu schwingen und sich im Evaskostüm gegenseitig die blauen Flecken vorzuführen. Fest in ein Handtuch gewickelt, eilte ich dann unter die Dusche. Gerade hatte ich das Wasser aufgedreht, als überraschend ein vertrautes grünes Augenpaar um den Plastikvorhang lugte. Die Seife glitt mir aus den Händen, rutschte über den Boden und landete kurz vor den schlammbespritzten Nikes meiner Nichte.
    »Lucy, können wir uns unterhalten, nachdem ich hier raus bin?« Mit einem Ruck zog ich den Vorhang zu.
    »Hör mal, Len hat mich heute morgen fast umgebracht«, sagte sie fröhlich, während sie die Seife mit einem Tritt in die Kabine zurückbeförderte. »Es war toll. Wenn wir das nächstemal die Yellow Brick Road laufen, frage ich ihn, ob du mitkommen kannst.«
    »Nein, besten Dank.« Ich massierte mir Shampoo ins Haar. »Ich habe keine Sehnsucht nach Bänderrissen und gebrochenen Knochen.«
    »Einmal solltest du sie wirklich laufen, Tante Kay. Das gehört hier einfach dazu.«
    »Für mich nicht.«
    Lucy schwieg einen Augenblick, dann sagte sie etwas unsicher: »Ich muß dich was fragen.«
    Ich spülte das Haar aus, strich es mir aus den Augen, schob den Vorhang zurück und sah hinaus. Meine Nichte stand ein Stück von der Kabine entfernt. Sie war verschwitzt und schmutzig vom Kopf bis zu den Füßen. Ihr graues FBI-T-Shirt zeigte Blutflecken. Mit gerade einundzwanzig Jahren stand sie kurz vor dem Abschluß an der University of Virginia; sie hatte schöne, scharf geschnittene Züge, und das kurze kastanienbraune Haar war von der Sonne gebleicht. Ich erinnerte mich an die Zeit, als sie ihr Haar noch rot färbte und lang trug, Zahnklammern im Mund hatte und eindeutig zu dick war.
    »Sie wollen, daß ich nach dem Examen zurückkomme«, sagte sie. »Mr. Wesley hat den Vorschlag eingereicht, und die Chancen stehen gut, daß die von der Bundesbehörde einwilligen.«
    »Und deine
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