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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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er hat dann sogar alle Uhren für das Biltmore House repariert.«
    »Wo hat er das gemacht?«
    »Die von Biltmore House hat er vor Ort repariert. Aber die Leute aus der Gegend haben ihm ihre Uhren ins Haus gebracht. Er hatte im Keller eine Werkstatt.«
    Mr. Kelsey hätte noch den ganzen Tag so weitergeredet, und daher zog ich mich so höflich wie möglich zurück. Draußen wählte ich mit meinem Mobiltelefon Wesleys Piepser an und hinterließ den Polizeicode 10-25. Das hieß schlicht: »Wir sehen uns am Treffpunkt.« Er wußte schon, wo. Gerade wollte ich aus der Kälte in die Eingangshalle flüchten, als ich den Gesprächen der wenigen Kirchenbesucher, die noch immer aus dem Gebäude kamen, entnahm, daß es sich um Mitglieder des Chores handelte. Noch bevor ich mir einen Fluchtweg suchen konnte, stand Denesa Steiner auch schon vor mir an der Kirchentür. Sie lächelte.
    »Willkommen«, sagte sie freundlich, aber mit einem Blick, der hart wie Stahl war.
    »Guten Morgen, Mrs. Steiner«, sagte ich. »Ist Captain Marino auch da?«
    »Er ist katholisch.« Sie trug einen langen schwarzen Wollmantel, der ihr bis auf die schwarzen Schnürschuhe fiel, und zog sich gerade schwarze Glacehandschuhe über. Make Up hatte sie keines aufgelegt bis auf einen Hauch Farbe auf ihren sinnlichen Lippen. Das honigblonde Haar fiel ihr in losen Locken auf die Schultern. Mir kam ihre Schönheit so kalt vor, wie es dieser Tag war, und ich fragte mich, wie ich jemals hatte Mitgefühl für sie empfinden können. »Was führt Sie in diese Kirche?« wollte sie nun wissen. »In Asheville gibt es eine katholische.«
    Sie wußte also, daß ich katholisch war. Was mochte sie sonst noch alles von mir wissen? Was hatte Marino ihr erzählt? »Ich wollte Ihrer Tochter meine Reverenz erweisen«, sagte ich und sah sie direkt an.
    »Das ist reizend von Ihnen.« Lächelnd hielt sie meinem Blick stand.
    »Das ist wirklich ein Zufall, daß wir uns hier treffen«, sagte ich. »Ich muß Ihnen nämlich ein paar Fragen stellen. Paßt es Ihnen, wenn ich das jetzt gleich tue?«
    »Hier?«
    »Besser bei Ihnen zu Hause.«
    »Ich kann Ihnen aber nur ein paar Sandwiches mit Schinken, Salat und Tomaten zum Lunch anbieten. Ich hatte keine Lust, ein großes Sonntagsessen zu kochen, und Pete versucht abzunehmen.«
    »Das Essen ist unwichtig.« Ich gab mir wenig Mühe, meine Gefühle zu verbergen. Mein Herz war so verhärtet, wie es gewiß auch meine Miene war. Sie hatte versucht, mich umzubringen.
    Und meine Nichte hatte sie tatsächlich beinahe umgebracht. »Dann treffen wir uns bei mir.«
    »Ich wäre dankbar, wenn Sie mich mitnähmen. Ich habe keinen Wagen.« Ich wollte ihren Wagen sehen. Ich mußte ihn sehen.
    »Meiner ist in Reparatur«, erklärte sie.
    »Das ist ungewöhnlich. Wenn ich mich recht erinnere, ist er doch noch ganz neu.« Hätte ich einen Laser-Blick gehabt, hätte ich sie jetzt durchbohrt.
    »Ich fürchte, da habe ich eine Niete erwischt. Ich mußte ihn weit weg von hier in einer Werkstatt stehen lassen, weil mir irgendwo unterwegs der Motor abstarb. Eine Nachbarin hat mich heute mitgenommen. Aber Sie können gern mit uns fahren. Sie wartet in ihrem Wagen.«
    Ich ging mit ihr die Steinstufen hinunter, ein Gehweg führte zu einer weiteren Treppe. Unten parkten nur noch wenige Wagen am Straßenrand, einer oder zwei fuhren gerade weg. Denesa Steiners Nachbarin war eine ältere Frau mit einem Pillbox-Hut auf dem Kopf und einem Hörgerät im Ohr. Sie saß hinter dem Steuer eines alten weißen Buick. Die Heizung lief auf vollen Touren, aus dem Radio klang Gospelmusik.
    Mrs. Steiner bot mir den Beifahrersitz an, aber ich lehnte ab. Ich wollte diese Frau nicht im Rücken haben, sondern jederzeit sehen, was sie tat. In diesem Moment wünschte ich, ich hätte meine .38er bei mir gehabt, aber eine Waffe mit in die Kirche zu nehmen, war mir doch unpassend erschienen. Außerdem hatte ich nicht voraussehen können, daß etwas wie das hier passieren könnte. Mrs. Steiner und ihre Nachbarin schwatzten auf den Vordersitzen, ich saß schweigend hinten. Die Fahrt bis zum Haus der Steiners dauerte nur wenige Minuten. Marinos Wagen stand noch an derselben Stelle wie am Abend zuvor, als ich mit Wesley vorbeigefahren war. Wie es wäre, Marino jetzt zu begegnen, konnte ich mir nicht vorstellen. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen oder wie er sich mir gegenüber verhalten würde. Mrs. Steiner öffnete die Haustür. Wir gingen hinein, und ich entdeckte Marinos
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