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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z
Autoren: Don Winslow
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ein Tag.
    »Da bin ich nun also«, denkt er jetzt, während er den schneeweißen
Frotteebademantel anzieht und auf den kleinen Patio vor seinem Zimmer
hinaustritt. Er setzt sich auf einen der Rohrliegestühle, legt die Füße auf
einen kleinen schmiedeeisernen Tisch und versucht, sich an etwas von dem
Orientierungsscheiß zu erinnern, den sie ihnen bei den Marines beigebracht
haben. Allerdings gibt er sich nicht besonders große Mühe damit, weil die
Sonne ganz schön herunterbrennt und sich das verdammt gut anfühlt. Und es ist
auch ein verdammt gutes Gefühl, allein zu sein und an der frischen Luft.
    Wenigstens halbwegs allein. Zu seiner Linken hört er jemanden einen
Tennisball schlagen, und irgendwoher dringt das Geräusch von jemandem, der in
weichen, gleichmäßigen Zügen schwimmt. Eine mexikanische Frau schlurft vorbei,
einen Packen frisch gewaschenes Leinen auf dem Arm, entdeckt ihn und kommt mit
schuldbewusstem Blick auf ihn zu.
    »La siento«, sagt sie. »Ich wusste nicht, dass
Sie wach sind.«
    »Ist schon okay«, antwortet Tim. »Ich bin mir da
selber nicht so sicher.“
    » Cafe?«, fragt sie.
»Klingt großartig.“
    » Solo o con leche?«
    »Con leche, porfavor«, antwortet Tim. Mit Milch, denkt
er. Mit viel Milch. »Yazücar?«, fügt er
hinzu. Er möchte ihn richtig dick und süß.
    Sie lächelt über sein Spanisch. »Desayuno?«, fragt sie
ihn. Ihre Zähne zwischen den vollen Lippen heben sich schneeweiß von der
braunen Haut ab, und da begreift Tim endlich, dass er draußen ist. Vielleicht
noch nicht aus dem Schneider, aber aus dem Knast. Mittenrein in eine Welt aus
Milch, Zucker und Frauen.
    »Desayuno?«, fragt er verständnislos.
    »Frühstück.« übersetzt sie.
    Da er nicht weiß, ob es bescheuerter wirkt, wenn er
auf Spanisch antwortet oder auf Englisch, nickt er einfach nur und lächelt.
    »Was möchten Sie?«, fragt sie.
    Jetzt ist er erst recht verwirrt. Ist ziemlich lange her, dass ihm
jemand diese Frage gestellt hat, ganz egal, worum es ging.
    »Irgendwas.«
    »Huevos, Toast ...« Sie ringt mit dem nächsten Wort.
»Speck?«
    »Ja, bitte«, antwortet er. »Klingt großartig.«
    »Ich sage dem Koch Bescheid«, meint sie und fügt entschuldigend
hinzu: »Es dauert ein paar Minuten, aber ich bringe Ihnen gleich schon mal den
Kaffee.«
    »He?«, ruft er ihr hinterher.
    »Si?«
    »Wo bin ich hier?«
    Sie denkt einen Augenblick lang nach, bevor sie antwortet. »An einem
schönen Ort.«
    Womit sie nicht unrecht hat, denkt Tim. Und dann denkt er noch: Wenn
ich gewusst hätte, dass das Leben von Bobby Z so aussieht, hätte ich schon vor
Jahren damit angefangen.
    Er schaut auf ihre Beine und ihren Busen, als sie mit dem Tablett
zurückkommt, sieht aber weg, als sie sich bückt, um es auf den Tisch zu
stellen.
    »Gratias«, murmelt er und kommt sich ziemlich
dämlich vor.
    »De nada«, antwortet sie, und weg ist sie.
Sie lässt ihn allein mit sich selbst und den Geräuschen von Geld - dem dumpfen
Ploppen eines Rackets, das auf einen Ball trifft, und dem leisen Plätschern,
mit dem ein Körper durchs Wasser gleitet. Ein Kind lacht.
    Nicht schlecht, denkt er, für 'ne mausetote Superniete. Nachdem er
Kaffee und Frühstück verdrückt hat, ohne dass sich ein Brian bei ihm gemeldet
hätte, schlendert er in sein Zimmer zurück und öffnet die Schränke und
Schubladen. Alles voller Klamotten, die ihm passen.
    Todschicke Nikes, todschicke Gucci-Slipper, todschicke
Calvin-Klein-Poloshirts in Pastellfarben. Zwei Armani-Anzüge, sandfarben. Ein
weißer Adolfo-Blazer. Stapelweise zusammengelegte T-Shirts, die meisten davon
schwarz, eins pflaumenfarben, eins gelb, ein paar weiße. Und alle ohne irgendwelche
Reklame oder blöden Sprüche darauf, einfach nur Farbe.
    Er duscht und rasiert sich - mit Schaum, der nicht aus der Spraydose
kommt, sondern aus einer eleganten grauen Tube mit Rasiercreme, von jemandem,
der einfach nur »M« heißt. Dann zieht er sich an. Seine Wahl fällt auf ein Paar
Ocean-Pacific-Hosen, einen mexikanischen Bauernpullover aus Baumwolle, die
Armani-Sonnenbrille und eine khakifarbene Baseballkappe. Schließlich geht er
los, immer dem Geräusch des Wassers nach.
    Es ist ein richtiger Wasserfall, mitten in der Wüste. Stürzt in
Kaskaden über Felsen hinab in einen Pool, der die Form eines arabischen
Fensters hat - ein längliches Oval mit Kreisen oben, unten und an zwei Seiten.
Fliesen am Grund. In der Mitte die Buchstaben BC in arabischer Schrift. Der
Pool allein wäre schon groß genug
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