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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire
Autoren: Nelson Johnson
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kleinere Bergkämme erhoben sich aus den alten Stränden, unterbrochen von langen und schmalen Tälern voller naturbelassener Wiesen, Binsengewächsen, Sträuchern und Kletterpflanzen. Dazu konnte man Eichen-, Zedern- und Stechpalmenholz finden.« 2 Die höchste Düne war allerdings nur fünfzehn Meter hoch, insofern konnte man kaum von »Tälern« sprechen. Auf der Insel wuchsen hauptsächlich Bäume, aber laut Pitney gab es dort »Wildfrüchte, Strandpflaumen, Fuchsreben und wilde Beeren im Überfluss«.
    Weniger ansprechend als Stechpalmen und Wildbeeren waren die Insekten. Zwischen Juni und September beherrschten Moskitos und grünköpfige Bremsen die Insel. Sobald im Sommer die Meeresbrise abflaute, waren sie überall. Es waren so viele, dass sie einen Schatten warfen, sobald sie im Schwarm flogen. Sie waren geradezu bösartig, und ihre Bisse spürte man noch Tage später. Nur eine spezielle Essiglösung konnte den Schmerz lindern. Absecon Island war sicherlich ein unberührtes Naturgebiet, aber alles andere als ein Kurort. Niemand, der sich auf den Düneninseln von Südjersey auskannte, hätte Pitneys Briefe ernst genommen.
    Nachdem seine Briefkampagne gescheitert war, beschloss Pitney, sich mit der Idee einer Eisenbahnverbindung direkt an die Volksvertreter von New Jersey zu wenden. Mit einer Genehmigung für eine Schienenverbindung wäre er von potenziellen Investoren ernst genommen worden. 1851 reiste er mehrmals in die Hauptstadt Trenton, um sich dort mit führenden Politikern zu treffen und für seine Eisenbahnlinie zu werben. Die Reise zu Pferd dauerte lang und war anstrengend, und er wurde alles andere als herzlich empfangen: Die Abgeordneten gaben seinem Konzept den Namen »Pitneys Torheit«. Es wurde nahezu einstimmig abgelehnt und als »Schienenweg ins Nirgendwo« verhöhnt. Der Senat war sich einig, dass ein zweiter Badeort nicht konkurrenzfähig zum etablierten Cape May war, Amerikas allererstem Seebad. Die reichen Geschäftsleute aus Philadelphia und Baltimore, die Plantagenbesitzer und großen Tabaklieferanten aus Maryland und Virginia verbrachten schon seit den 1790er-Jahren ihren Urlaub in Cape May, und es gab keinen Grund, das zu ändern.
    Cape May war zunächst ein kleiner Ort für passionierte Angler aus der Oberschicht, die sich in der wilden Natur austoben wollten. Diese ersten Urlaubsgäste übernachteten in Holzhütten am Strand und in Zelten, gingen tagsüber angeln und jagten Wasservögel. Unterstützt von Sklaven, bereiteten sie ihr eigenes Essen zu und versammelten sich abends am Lagerfeuer. Im Lauf der nächsten Jahrzehnte begannen Geschäftsleute aus Philadelphia und Delaware, Hotels und Pensionen zu errichten, und ermöglichten so auch den weniger Naturerprobten einen ausgedehnten Sommerurlaub an den dortigen Stränden.
    Im Sommer 1850 beschrieb die schwedische Reiseschriftstellerin und Journalistin Frederika Bremer (1801–1865) ihren Freunden zu Hause die Szenerie als »buntes Durcheinander«, das der neue Volkssport des »Seebadens« hervorgebracht hatte. Sie berichtete von »Männern, Frauen und Kindern in roten, blauen und gelben engen Hosen und gelben Strohhüten mit roten Bändern, die in Scharen hinaus ins Meer wandern und sich unter großem Gejohle in die heranrauschenden Wellen stürzen. […] Weiße und Schwarze, Pferde, Kutschen und Hunde – alle sind sie da, und vor ihnen im Meer liegen die großen Fische und Riesenschildkröten, die manchmal den Kopf heben oder einen Luftsprung machen, vermutlich vor Freude darüber, die Menschen bei ihnen im Wasser herumtoben zu sehen.«
    Vor dem Bürgerkrieg war Cape May hauptsächlich als »Southern Resort« bekannt, ein Urlaubsmekka für die Oberschicht der Südstaaten. Plantagenbesitzer aus dem Süden und die Elite des Nordens reisten in prachtvollen Pferdekutschen nach Cape May und promenierten in der Sonne am Wasser entlang. Landesweit bekannte Musiker spielten für die feinen Damen in den Hotels auf, während die Männer sich dem Glücksspiel widmeten. Die bekannteste Spielbank war The Blue Pig , wo ausschließlich »Ehrenmänner« zugelassen waren. Immer mehr Prominente machten Cape May zu ihrem Urlaubsdomizil, um 1850 lockte kein Naherholungsgebiet in ganz Amerika so viele Reiche und Berühmte an. Saratoga in Kalifornien behauptete das Gegenteil, aber nur in Cape May ließen sich diverse US-Präsidenten blicken, manche schlugen sogar ihr Sommerquartier hier auf. Nur Long Branch in New Jersey machte Cape May als
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