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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind
Autoren: Jakob Melander
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abgetötet.«
    »Was?« Es war Ulrik.
    »Glutaraldehyd. In meiner Studienzeit verwendete man es, um Leichen zu konservieren, die im Anatomieunterricht gebraucht wurden. Heute benutzt man Formaldehyd.«
    Ulriks Adamsapfel hüpfte. Allan trat zwei Schritte zurück und setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum.
    »Und wie …?«, wollte er wissen.
    »Bei dem Geruch ist ein Irrtum ausgeschlossen. Außerdem gibt es Einstichwunden von einer Kanüle an der Innenseite des rechten Schenkels. Der weiß, wie man’s macht … oder wie man es früher gemacht hat.«
    »Aber warum …?« Allan versuchte aufzustehen, fiel aber schwerfällig zurück auf den Stuhl. »Warum wurde sie konserviert? Hast du nicht gesagt, sie wurde geschlagen?«
    Sanne meldete sich. Ulriks Blick ruhte auf ihr, als sie den Mund öffnete.
    »Eine knappe Woche, bevor sie verschwand, wurde sie von ihren Zuhältern verprügelt. Die Flecken stammen vermutlich daher.«
    »Höchstwahrscheinlich.« Frelsén zog die elektrische Lupe über ihre rechte Brust. »Blutergüsse an Brust und Armen. Sie sind mehrere Tage vor Eintreffen des Todes entstanden. Hier, seht mal, das Schwarze geht schon in Grün über.«
    »Und wann wolltest du uns das mitteilen?« Ulrik wandte sich an Sanne.
    »Ich hatte bisher … keine Gelegenheit …« Sie wiederholte, was sie Lars vor der Tür erzählt hatte. Die Worte brachen geradezu aus ihr heraus.
    Ulrik nickte, als sie fertig war, und fuhr mit dem Daumen über die Innenseite des Schweißbands seiner Mütze.
    »Und ihr letzter Kunde?«
    Sanne schüttelte den Kopf.
    »Der letzte Kunde, den sie gesehen haben, fuhr einen weißen Opel Kadett. Aber eines der Mädchen hat sie eine Stunde später noch einmal getroffen.« Sie zog ihr Notizbuch heraus, blätterte: »Circa gegen 21:45 am Halmtorvet, auf dem Weg zur Skelbækgade. Sie hatte sich Drogen besorgt.«
    »Am Maria Kirkeplads.« Ulrik nickte. »Bist du dort gewesen?«
    »Ich hatte vor, heute hinzugehen.«
    »Nimm Allan mit. Die Junkies sind ganz friedlich, aber die Dealer können ziemlich aggressiv werden, wenn die Polizei in der Nähe ist. Hast du herausgefunden, wo Mira normalerweise anschaffen ging?«
    »Entweder in der Skelbækgade oder auf der Vesterbrogade zwischen …« Wieder blickte Sanne in ihre Notizen. »Vesterbro Torv und Viktoriagade. Ich werde mich auch da mal umhören.«
    »Versucht’s bei den Kiosken.« Ulrik setzte die Mütze wieder auf und vermied es, Miras Leiche anzusehen. »Die wissen über alles Bescheid. Wenn ihr am Maria Kirkeplads gewesen seid, bringt ihr die Bukoshi-Brüder mit zum Verhör.« Er nickte Frelsén und Bint zu. »Ich will euren Bericht auf meinem Schreibtisch, sobald er fertig ist.« Er stapfte aus dem Obduktionssaal.
    Frelsén sah ihm nach und schüttelte den Kopf.
    »Ich bin aber noch nicht fertig …«
    Ulrik wandte sich an der Tür um.
    »Und?«
    »Na ja, dieses kaputte Glas, das unter ihrer Schulter lag.«
    Sanne erschauderte, erinnerte sich an Frelséns Maglite, in deren Licht am Vortag das Glas geglitzert hatte. Trotzdem trat sie einen Schritt vor, als Frelsén die linke Schulter der Leiche anhob. Ein dichtes Muster aus größeren und kleineren Wunden zog sich über das Schulterblatt.
    »Die Wellen haben den Körper hin und her geschoben und dieses … was immer es auch gewesen sein mag … zerbrochen. Wir brauchen die Kriminaltechnische Abteilung, um es wieder zusammenzusetzen, aber ich würde schon ein halbes Auge verwetten …« Frelsén hielt inne. Es sah aus, als würde ihm etwas durch den Kopf gehen. Ein Witz? Es zuckte an seiner Oberlippe, als er in einem neutralen Tonfall fortfuhr: »Es sieht so aus, als würde es sich um die Reste einer Augenprothese handeln … um ein Glasauge.«

8
    Das Polizeipräsidium am Polititorvet. Breit, mächtig, uneinnehmbar.
    Leichte Wolken trieben über die blaue Tiefe. Lars nickte der Torwache zu und betrat das labyrinthische System von Fluren und Treppen. Als junger Beamter der Bereitschaftspolizei hatte er dafür sorgen müssen, dass die Fenster und Türen im gesamten Gebäude geschlossen waren, bevor er ging. Mehr als einmal hatte er sich verlaufen und musste auf die umliegenden Straßen schauen, um die Orientierung wiederzugewinnen. Aber schließlich hatte er das Prinzip begriffen.
    Er war zu Baresso an der Ecke Skoubogade und Strøget gefahren, wo Stines Freundin Astrid arbeitete. Gestern Abend hatten sich Stine, Astrid und eine dritte Freundin, Maya, bei Stine getroffen. Später waren
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