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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind
Autoren: Jakob Melander
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sein.«
    Sie nickte. Man sah es am Glanz in den Augen der Beamten, an der Art, wie sie das Haus betrachteten.
    Ein dunkelblauer Ford hielt auf der anderen Straßenseite, gegenüber der Einfahrt. Die Türen gingen in dem Moment auf, als Ulrik die Einfahrt erreichte.
    »Ulrik!« Kim A . schnipste eine brennende Zigarette auf die Straße und ging über die Fahrbahn, ohne sich umzusehen. Hinter ihm Frank und Lisa.
    »Kim.« Ulrik blieb stehen, wartete. »Frank, Lisa.« Sanne und Allan hielten sich im Hintergrund.
    »Was zum Henker ist hier los?«, zischte Kim A .
    Ulrik hob abwehrend die Hände.
    »Beruhigt euch. Kein Grund, sich aufzuregen.«
    Sanne betrachtete Lisa und Frank, die dicht hinter Kim A . standen. Sie registrierte ein beinahe unmerkliches Flackern in Lisas Blick.
    Kim A . ignorierte Ulriks Bemerkung, hob die Stimme: »Er bricht sämtliche Regeln, scheißt auf die Befehlsstrukturen. Ich bin derjenige, der …«
    Die Zuschauer drehten sich zu ihnen um. Ulrik sah es.
    »Komm mit.« Er zog Kim A . in die Einfahrt. Die beiden Beamten auf dem Bürgersteig waren geistesgegenwärtig genug, die Neugierigen aufzuhalten, die ihnen zu folgen versuchten. Sanne und Allan gingen ihnen nach, Lisa und Frank folgten ebenfalls.
    Ulrik hielt Kim A . mit einer Hand auf der Schulter auf.
    »Wir haben einen Kollegen da drin … zusammen mit dem Sandmann. So wie es aussieht, hat er den Freund meiner Stieftochter als Geisel genommen. Wir müssen Lars und Christian da rausholen. Seit …«
    Kim A . schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, fokussierte er einen Punkt hinter Ulriks Schulter. Seine Kiefer mahlten. Hin … und her, hin … und her.
    »In einer Stunde hast du meine Kündigung auf deinem Schreibtisch.« Er drehte sich zu Frank und Lisa um. »Kommt«, sagte er nur und ging zurück zum Wagen.
    »Kim, zum …« Ulrik wollte ihm nach. Frank und Lisa sahen sich an. Frank setzte sich in Bewegung, er hatte es nicht eilig.
    »Komm!« Sanne zog Allan am Arm. »Lass Ulrik das klären. Wir müssen Lars finden.«
    Als sie den Garten betraten, kamen vier Beamte der Einsatzkräfte aus dem Haus.
    »Gustafsson!«, rief Allan. »Wie sieht’s aus?«
    »Ich dachte, ihr wisst Bescheid?«
    Allan wies auf das Haus.
    »Wo ist Lars?«
    »Da drin ist niemand.« Gustafsson kratzte sich am Hals.
    »Seid ihr sicher?« Sanne trat einen Schritt vor.
    Gustafsson öffnete den Kragen und wischte sich mit einer staubigen Hand den Schweiß vom Adamsapfel. Nickte.
    »Total leer. Sieht aus, als hätten sich da drin welche geprügelt. Regale und Möbel sind über den ganzen Boden verteilt. Alles ist voller Formaldehyd und Glasscherben. Und Augen, aus Glas, aber auch richtige.«
    Sanne und Allan wechselten einen Blick.
    »Hier rüber!«, rief eine Stimme auf der anderen Seite des Hauses. Allan und Sanne fingen an zu laufen, gefolgt von Ulrik und den Männern des Einsatzkommandos.
    Ein uniformierter Beamter richtete eine Stablampe auf eine offene Tür zum Garten: »Irgendjemand ist hier eingebrochen.«

54
    Das blendend weiße Licht zwingt ihn, die Augen zusammenzukneifen. Blaue und gelbe Punkte tanzen in gleißendem Rot. Langsam öffnet er die Augen, um sie an das grelle Licht zu gewöhnen.
    Eine steile Treppe führt drei, vier, fünf Meter tief hinunter. Noch ein Keller, tiefer als der erste. Stapel von verstaubten Holzkisten an sämtlichen Wänden, klobige Gewehre mit Holzkolben in einem Ständer in der Ecke. An der hinteren Wand ein Haufen Säcke, an der rechten Wand eine Art Feldküche mit Gaskocher und Flasche. Auf der Flamme köchelt ein großer Topf. In der feuchten Luft hängt der Dunst von gekochtem Kohl. Und dazu dieser chemische Gestank.
    Auf einer Kiste neben dem Gaskocher steht ein Reisegrammophon, unter dem Tonabnehmer dreht sich eine Langspielplatte. Eine warme Frauenstimme singt auf Deutsch, düstere Töne schweben durch die stehende Luft.
    Neben der Feldküche ein Tisch. Vier Stühle. Eine nackte Frau sitzt aufrecht am Tisch, die Hände auf der Tischplatte, den Kopf von ihm abgewandt. Sie wirkt vollkommen leblos. Ihr blondes Haar fällt seltsam trocken und glanzlos über die Schultern. Zwischen ihren Händen steht eine dampfende Schale mit einer grauweißen Masse. Ein Löffel ragt aus ihrer zur Faust geballten rechten Hand. Ihr gegenüber sitzt ein junger Mann, auch er mit einer Schale vor sich. Regungslos, zusammengesunken, ganz anders als die aufrecht sitzende Frau ihm gegenüber. Wie sie ist auch er nackt. Blondes
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