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Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur
Autoren: Kim Jones
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Dadurch, weil Sebastian tot war, konnte ich nicht mehr in Erfahrung bringen, wo die Leichen meiner leiblichen Eltern hingebracht worden waren. Ich konnte sie niemals besuchen und frische Blumen auf die Gräber niederlegen. Das hätte mir zumindest etwas Frieden gegeben.
     
    Langsam wurde es heller. Die Kondensstreifen ließen die Schatten der Nacht verschwinden; glimmten in leichtem Orange, das in warmes Rot überging. Es würde ein schöner Tag werden, begleitet von Mitgefühl und Anteilnahme für die Gefallenen und ihre Freunde. Ich nahm Maggie in den Arm und dankte allen dafür, dass sie wirklich alles gegeben hatten.
      Blood wurde zu uns gebracht, der sich so intensiv freute, als hätte er uns Jahre nicht gesehen.
      Wir hoben Gräber aus, Massengräber, was mit der vampirischen Stärke ein Leichtes war. Als Mensch hätte ich vermutlich geschwitzt und andauernd laut jammernd Pausen eingelegt, aber als Untote machte es mir keine Mühe. Der Boden war durch den lange anhaltenden Regen aufgeweicht. Auch wenn wir schlammverschmiert und voller Blut besudelt weitere Schaufeln voller feuchter Erde aushoben, so war uns das egal.
     
    Zum ersten Mal war ich bei der ergreifenden Zeremonie dabei. Die Geiger spielten ein wahnsinnig trauriges Lied. Die Toten wurde so in ihr Grab herabgelassen, ohne Sarg, ohne feierliche Bestattung. Es war keine Zeit dafür.
      Rafaels Stimme erhob sich schallend. Er redete in einer mir völlig unbekannten Sprache, deren Übersetzung ich aber verstand. Er schickte die Seelen der Toten auf Wanderschaft, wies ihnen den Weg ins Licht und bedankte sich für die Zeit auf Erden, die sie für ihr Volk tapfer gekämpft hatten. Mit Staunen sah ich dem bunten Funkenregen nach, der in den grauen Himmel stieg und sich nach und nach weiß färbte.
      Als Letzter wurde Darius beerdigt. Er erhielt die feierliche Bestattung der Reinen. Zwar würde seine Seele nicht aufsteigen, aber das Pulver, das dafür sorgte, dass sich der Körper in die Hölle katapultierte, wurde natürlich nicht bei ihm angewendet. Er lag nun in der kalten Erde des aufkommenden Winters, und ich hoffte für ihn, dass er irgendwo da draußen Rosalind und Lucille wiederfand.
     
    Nach dem Regen kam der Schnee … es war kälter geworden, meine Atemwolken verloren sich in der Luft.
      Kleine Schneeflocken rieselten milde auf uns herab, während Darius begraben wurde. Ich schmiegte mich an Brandon, der mich aufmunternd anlächelte. Viele hatten überlebt, das war der einzige Trost, den ich empfand.
      Sebastian war der Verräter gewesen, so konnte man sich täuschen.
      Mein Leben hatte sich grundlegend geändert, und das war in so wenigen Tagen passiert, dass es mir wie ein Traum vorkam. Aber ich wusste auch, dass noch viel schwierigere Zeiten kommen würden, dass ich ständig auf der Hut vor Attentätern sein musste und dass ich sicher noch mehr Talente besaß, die ich in völliger Ruhe erkunden musste. In mir brodelte etwas, das ich noch nicht greifen konnte, ich wollte aber herausfinden, was es war.
      Wir mussten uns eine andere Stadt suchen, hatten schon eine in Aussicht und Hilfe war uns von unserem Volk, das über die Welt verteilt lebte, mehr als gewiss. Sicher fanden die Dunklen auch wieder irgendwo Unterschlupf. Ich war unheimlich froh, nicht zu ihnen zu gehören. Ein Leben in ewiger Dunkelheit und diese auch noch zu lieben, erschien mir krank und nicht erstrebenswert.
      Nur durch Hass sein Dasein zu fristen, war mehr als verlorene Zeit, aber ich hatte selbst gespürt, wie gerade das mir egal gewesen war. Ich war von Wut und Zorn so zerfressen, dass es mir sinnvoll vorgekommen war, kein Mitleid und Verständnis zu empfinden. Ich bekam eine Gänsehaut. Dieses Gefühl wollte ich nie wieder in mir haben.
      Der Friedhof würde vorerst hier bleiben, inwieweit wir es schafften, die Toten umzubetten, mussten wir noch besprechen. Die Dunklen würden nun auch hier ihr Unwesen treiben können, deswegen sollten Wächter von nun an die Ruhestätte beaufsichtigen, bis wir eine Lösung gefunden hatten.
      Warum sich die Reinen nach einem gezielten Biss in Dunkle wandeln konnten und umgekehrt, mussten wir unbedingt erforschen. Auch Rafael hielt es für unwahrscheinlich, dass es noch nie vorgekommen war, dass ein Dunkler im Kampf einen Reinen gebissen hatte. Man biss erst den Reinen, ließ die Gaben auf sich übergehen und dann wurde man ein zweites Mal gebissen und war ein noch kräftiger Dunkler mit den Eigenschaften der Reinen.
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