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Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur
Autoren: Kim Jones
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wieder abziehen würden. Ich hatte Lust, ihnen ein guter Stargast zu sein; an meinen Fähigkeiten sollte es nicht mangeln.
     
    Ich betrachtete gelangweilt die Fresken, die unsere Vorfahren zeigten. Es waren Szenen aus dem Leben der berühmtesten Vampirdynastien, die es zum Teil nicht mehr gab. Viele waren von uns gegangen, hatten die gewaltigen und rachsüchtigen Kriege gegen die Dunklen nicht überlebt. Hatten sich geopfert, um kleine Siege zu erringen, und doch war es von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schlimmer geworden. Man munkelte, dass es Aufrührer und Spione in den eigenen Reihen gab, die uns verrieten und gegen uns arbeiteten. Lange hatte ich geglaubt, dass dies nur leere Phrasen seien, dass ein Volk, eine Linie, die dasselbe Blut trug, zusammenhalten musste. Doch ich wurde eines Besseren belehrt. Auf ihrer, wie auch auf unserer Seite, gab es Abtrünnige, die uns manipulierten, uns beibrachten, dass Vertrauen und Hoffnung so schnell zerstörbar waren wie Luftblasen. Wenn unter den Menschen Zwietracht herrschte, warum dann nicht auch unter uns Vampiren?
      Mein Blick fiel auf das Bildnis von Lana, Virginias leiblicher Mutter, die Vampirkönigin schlechthin. Majestätisch sah sie auf mich herab. Welche Ähnlichkeit sie mit ihrer Tochter hatte. Es war mir in den letzten Wochen immer wieder bewusst geworden. Lana schaute mich fast anklagend an, so als wollte sie mir vermitteln, dass ich gut auf die Prinzessin aufpassen sollte. Nun, bis auf einige ungünstige Zwischenfälle, die sogar ich gemeistert hatte, konnte ich mir keinen Vorwurf machen. Auch wenn ich Fehler begangen hatte, so konnte ich diese immer wieder ausbügeln. Das versuchte ich mir wenigstens einzureden. Ich hatte einen Job bekommen, und den galt es, unter dem Einsatz meines verfluchten Daseins, voll und ganz auszuführen. Komme, was wolle. Das musste ich mir nicht einschärfen, denn das war meine Bestimmung. Einmal würde ich etwas tun können, von dem ich behaupten konnte, dass es das Richtige war, und dass ich doch nicht so verdammt war, wie ich immer glaubte.
      Der Saal füllte sich immer mehr. Vor mir stand eine lange Tafel, die aus Kirschbaumholz gefertigt war und an der die drei obersten Vampire des Hohen Gerichtes saßen. Das Siegel des Clans der Reinen prangte hinter ihnen, in hellem Grau auf die Steinwand gemalt: Ein Dreieck, von Einkerbungen unterbrochen, und in dem ein schemenhaftes Gesicht mit einem großen R abgebildet war.
      Hinter mir vernahm ich das leise Getuschel der Zuschauer, die es sich sicher nicht entgehen lassen wollten, einem offenen Prozess zuzuschauen und irgendwelche vermatschte Tomaten nach mir zu werfen. Das hatte ich schon einmal erlebt, und mich gefragt, ob ich im Mittelalter gelandet war. Einige der Herrschaften hatten damals wirklich so ausgesehen. Ich stützte mich mit den Händen auf der glatten Holzvertäfelung der Absperrung ab und wartete, dass sie anfingen, mir die Leviten zu lesen.
      Was hatten sie heute mit mir vor? Musste ich chemisch verdünntes Blut trinken oder wollten sie mich schlicht und einfach auspeitschen? Die Narben auf meinem Rücken waren geblieben, dafür hatten sie gesorgt. Sie hatten die Siebenschwänzige in Säure getaucht. Diesem verfluchten Mistzeug war nicht einmal ein schnell heilender Vampirkörper gewachsen. Bevor die Peitsche sich in ihre Einzelteile auflösen konnte, hatten sie mich ein paar Mal damit geschlagen. Der brennende Schmerz hatte mir zeitweise die Sinne geraubt, ich hatte vergessen zu atmen, wäre fast zur Seite gekippt, konnte mich gerade noch so auf den Beinen halten. Diesen Gefallen, einen minimalen Sieg errungen zu haben, tat ich ihnen nicht. Oh ja, das Hohe Gericht sorgte schon dafür, dass man niemals vergaß.
     
    Ich hörte Blood winseln. Er lag an einer Kette an der Tür neben zwei Wachmännern, so fest angekettet, als wäre er der Zerberus persönlich. Die Wächter warfen meinem Rottweiler immer wieder nervöse Blicke zu. Es war lachhaft, zumal die beiden fast zwei Meter groß waren und die Statur von Schränken hatten. Blood wurde nur zur Kampfmaschine, wenn ich es ihm zuflüsterte. Und hier wollte ich bestimmt kein Blutvergießen. Kein guter Ausgangspunkt dafür, was mich jetzt bereits erwartete.
      Fackeln prasselten an den Steinwänden und warfen ein dämmriges Licht über die Gesichter. Wenn uns hier Menschen gesehen hätten, hätten diese sich um Jahrhunderte zurück katapultiert gefühlt, mir ging es ja genauso. Alte Traditionen, das Erbe, die
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