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Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur
Autoren: Kim Jones
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sie, mich nochmals zu sehen? Das war unverkennbar und mit einem großen Ja zu beantworten. Mir war es scheißegal, was der Rat sagen würde und außerdem würden sie es ohnehin nicht erfahren. Virginia war nicht redselig, man konnte ihr trauen. Nerven konnte sie aber schon, zum Beispiel als sie mir andauernd vorhielt, wie ich sie taxiert hatte. Was sollte ich denn sagen, Herrgott? Dass ich unbedingt sehen wollte, welche Wirkung ich auf sie hatte? Dass es mich angemacht hatte, wie verwirrt sie wegen meinem dürstenden Blick gewesen war?
      Ihr süßer, köstlicher Duft war mir schon seit den ersten Wochen, in denen ich sie beschattet hatte, in der Nase förmlich hängen geblieben und in mein Blut übergegangen. Sie roch so aromatisch und geradezu lecker, dass ich am Anfang oft mit mir hadern musste, mir nicht einen Weg zu ihrem wunderbar anmutigen Hals zu suchen. Wie oft ich mich dabei zur Ordnung gerufen hatte; es war schon nicht mehr feierlich. Und dann, nach ein paar Monaten hatte ich dieses Gefühl fest im Griff. Es hatte Anstrengungen und jede Menge innerliche Zurückhaltung gekostet, aber ich hatte davon profitiert.
      Von Virginias Zieheltern, den Lewis’, die uns schon seit Jahrzehnten selbst und durch ihre Vorfahren Blut lieferten, bekam ich meine benötigte Ration, die ich fein säuberlich im Kühlschrank verstaute. Und wenn mich einmal wieder die Lust überkam, schnappte ich mir eine große, verkorkte Phiole und trank, was das Zeug hielt. So sah vampirische Befriedigung der Extraklasse aus: Ein junger Blutsauger, der seinem Schützling wahnsinnig gern die langen Fänge in das weiche Fleisch geschlagen hätte, saß gierig trinkend auf dem Fußboden und leckte sich danach ausgiebig die Lippen. Ein wahrhaft toller Anblick!
     
    Offensichtlich hatte man sich beruhigt, auch das letzte Gemurmel verstummte allmählich. Valnar sah mich finster an.
      „ Wissen Sie, wie schwer diese Vorwürfe sind, die Sie eben gegen den Rat ausgesprochen haben? Sind Sie sich der Tragweite überhaupt bewusst, Mr. Cross?“
      Bevor ich etwas erwidern konnte, flogen plötzlich die Türen weit auf. Blood sprang auf, die Wachen liefen in einer Sekunde zur Tür und wollten dem Vampir, der aufgeregt ein Stück Papier in der Hand hielt und wild damit herum wedelte, stoppen. Ein Wachmann besah sich das Schriftstück näher, der andere hielt den Boten in Schach.
      „ Ich habe wichtige Kunde“, rief der Vampir gereizt Valnar zu. „Es ist äußerst wichtig.“
      Er schien aufgeregt, seine Augen fanden zögernd meine. Es musste etwas passiert sein, gar keine Frage!
      „ Die Nachricht ist vom Rat, Euer Ehren. Rafael hat sie mir gegeben, damit ich sie Euch schnellstens überbringe.“
      Der Wachmann brachte Valnar das Papier; dieser hatte die Wache mit einer hektischen Handbewegung zu sich gerufen. Valnar riss den Brief auf und studierte ihn im schimmernden Kerzenschein. Seine Miene verdüsterte sich von Sekunde um Sekunde. Er presste die Lippen zusammen, dann gab er Uleas und Phaedra die Zeilen zum Lesen. Phaedra sah mich an, ein undurchdringlicher Blick, der mir einen Schauer über den Rücken jagte. Was war los, verdammt noch mal? Hatte es mit Virginia zu tun? Eine schlimme Vorahnung beschlich mich, leise und dunkel. Valnar räusperte sich laut.
      „ Das Verfahren gegen Mr. Cross wird vorerst eingestellt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen. Er ist hiermit entlassen und kann gehen.“
      Valnar klopfte mit seinem Richterhammer auf den Resonanzblock und erhob sich. Die Vampire begriffen nicht, was hier vor sich ging, und warum ich bereits entlassen war. Und ich, ehrlich gesagt, verstand es auch nicht.
      Ich verbeugte mich galant vor dem Gericht, was Uleas mit einem verächtlichen Blick quittierte.
      Mir folgten die wüstesten Beschimpfungen, während ich mich durch die Menge zu Blood durchkämpfte, der schwanzwedelnd auf mich zulaufen wollte, aber die Eisenkette stoppte sein ungestümes Verhalten. Ich machte ihn los, daraufhin legte er seine Vorderpfoten an meine Schenkel, bis er fast aufrecht stehen konnte und leckte meine Hand, während ich mit meiner anderen seinen Kopf kraulte.
      „ Komm, meine Junge“, forderte ich ihn auf und wir beide folgten dem Boten, der eiligen Schrittes den Gang entlang lief.
      „ Was ist los?“, fragte ich. Atemlosigkeit gehörte nicht in unser Repertoire, doch ich war mir im Moment sicher, dass ich schlecht Luft bekam. Was war hier im Gange?
      „ Können wir
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