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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern
Autoren: Aufbau
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dürfen.«
    Der Blick der Anderen wandelte sich nun von Traurigkeit zu Mitleid. »Ich … ich mag diese Opfergaben für Muruk nicht. Ich mag
     seine Priester nicht. Gerne würde ich etwas verändern.«
    Nona nickte vorsichtig. Wollte die andere ihr nur verräterische Worte entlocken? »Ja, das wäre schön, doch wir sind alle die
     Sklaven von Muruk und Dungan. So steht es in den Weisungen Muruks.«
    Das Mädchen sah sich um. Nona fand, dass sie ängstlich wirkte, obwohl sie doch gerade behauptet hatte, dass sie nicht für
     die Opferungen |23| auserwählt war. »Ich muss zurück« sagte die Andere schließlich. »Ich wünschte, ich könnte dir helfen, bei Sala, ich würde
     es tun, wenn ich es könnte. Doch ich habe keinerlei Macht dazu.«
    »Natürlich nicht« antwortete Nona irritiert. Mit einem gezwungenen Lächeln fügte sie hinzu: »Es ist nicht deine Schuld.«
    » Belis nani«,
sagte das Mädchen den engilianischen Abschiedsgruß auf, dann lief sie schnell davon. Nona sah ihr hinterher und spürte dann
     erneut ein Frösteln, als sie allein war. Was nutzte es, hier herumzustehen! Ihr Schicksal war beschlossen, jegliches Hadern
     aussichtslos, eine Flucht unmöglich. Sie wusste, dass es Mädchen vereinzelt versucht hatten, doch Sasalor hatte die Greife
     hinter ihnen hergeschickt und ihnen erlaubt, mit ihnen zu verfahren, wie es ihnen beliebte. Keines der Mädchen war jemals
     wieder in Engil gesehen worden. Nona schüttelte sich. Die Greife! Vielleicht war ein schneller Schnitt durch die Kehle die
     gnädigere Art zu sterben! Ehrenvoller war sie allemal. Sie beschloss, sich ihren Schwestern anzuschließen und die letzten
     Stunden mit jenen zu verbringen, die ihre Reise mit ihr antreten würden. Alles war besser, als, von Angst zerfressen, hier
     herumzustehen und auf den Opferplatz zu starren.
     
    Denala, Tacha und Apat reckten bereits die Hälse nach Nona, als sie die Halle betrat, in denen sich die Blutschwestern versammelt
     hatten, um die Segnungen für ihre Reise in Empfang zu nehmen.
Wo warst du denn?
gab ihr Tacha ein Handzeichen, denn mittlerweile ging es auf den frühen Mittag zu. Tacha, Denala und Apat waren ihre Freundinnen,
     seit sie denken konnte. Nona mochte zwar auch die anderen Schwestern, doch diese drei standen ihrem Herzen am nächsten. Nona
     duckte sich, als sie durch die Reihen der Mädchen ging, denn heute waren nicht nur die vierzehn auserwählten Blutschwestern
     anwesend, sondern auch die jüngeren, die in den nächsten Jahresumläufen zu Muruk gehen würden. Trotzdem |24| musste ihr Fehlen aufgefallen sein, denn die Blutschwestern des hohen Sommerwendenopfers standen in der ersten Reihe der Halle.
     Die Tempelhalle war nicht viel mehr als ein quadratischer Bau aus Steinblöcken, der auch in den heißesten Tagen des Jahresumlaufes
     angenehm kühl blieb. Es gab keine Bänke oder Hocker, lediglich einen großen steinernen Altar auf einem erhöhten Podest am
     Ende der Halle. Wenn es viel regnete, roch es muffig, und die steinernen Wände begannen zu schwitzen. Doch es hatte seit zwei
     Monden nicht geregnet, und innerhalb der Wände hätte es angenehm kühl sein müssen, wenn sie nicht die Feuchtigkeit und den
     Geruch der vielen schwitzenden Mädchenleiber verströmt hätten. Es war ein scharfer, durchdringender Geruch. Nona meinte fast,
     er würde in der Nase brennen. Es war der Geruch der Angst und der Anspannung, der sich als dumpfe Vorahnung über die Halle
     gelegt hatte. Der gestampfte Boden war kühl, allerdings nicht angenehm; Nona fühlte, eine eisige Kälte durch ihre Stiefel
     in ihre Beine kriechen, doch es konnte ebenso ihre Furcht sein, die ihr zu schaffen machte. Tacha zog sie schließlich an ihre
     Seite, als der Hohepriester seinen Finger in die Schale mit Blut tauchte, um einem Mädchen das Zeichen Muruks auf die Stirn
     zu zeichnen.
    »Wo warst du denn? Sasalors Zorn steht dem Muruks nichts nach«, warnte Tacha sie flüsternd, ohne das ängstliche Zittern, das
     in ihrer Stimme lag, verbergen zu können.
    Nona warf einen verstohlenen Blick auf Sasalor, den obersten Priester Muruks. Sie mochte ihn nicht, er war ein grausamer Mann,
     dem die Mädchenopfer Freude bereiteten. Seine Priesterkrone aus Greifensilber und Schjackzähnen, von jenen grauenvollen Kreaturen,
     die im Sumpfland Dunguns lebten, passte hervorragend zu seinen kalten blauen Augen und seinem fast weißem Haar, das ihm lang
     über den Rücken fiel. Sein hochgewachsener Körper steckte in einem
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