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Blutrote Sehnsucht

Blutrote Sehnsucht

Titel: Blutrote Sehnsucht
Autoren: Susan Squires
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auf dem breiten Bett fallen. Der Junge rang nach Atem. Er hatte hässliche Wunden an seinen Lenden. Stephan wusste, wie sie zustande gekommen waren. Asharti vergnügte sich damit, diesen Jungen zu quälen, so wie sie sich auch mit dem Küchenjungen amüsiert hatte. Stephan ging zum Bett und legte zwei Finger auf den Puls des Burschen. Er schlug sehr unregelmäßig.
    Beunruhigt hob er den Jungen auf die Arme. »Rezentrov!«, rief er. Der Burgverwalter war ihm furchtsam nachgegangen und spähte durch die Tür ins Zimmer. »Bring ihn in die Küche!«, befahl Stephan. »Verbinde seine Wunden, gib ihm etwas Wein zu trinken und versuch, ihn dazu zu bringen, etwas zu essen! Ich komme gleich hinunter.« Stephan legte den jungen Mann auf den Gang vor der Tür und schloss sie hinter sich. Dann wandte er sich Asharti zu.
    Sie beobachtete ihn mit einem Lächeln um ihre Mundwinkel und unter den Decken zusammengerollt wie eine Katze.
    »Was glaubst du eigentlich, was du tust?«, fuhr er sie an.
    »Mir die Zeit vertreiben.« Keine Spur von Reue, nicht einmal die Erkenntnis ihrer Sünde lag in ihrer Haltung oder ihrer Stimme.
    Stephan ballte die Hände zu Fäusten. »Du wirst die Dienerschaft nicht anrühren und dich schon gar nicht an ihnen stärken ! Das hatte ich dir ausdrücklich verboten. Versorge ich dich etwa nicht? Erst gestern habe ich dich und Beatrix auf Nahrungssuche mitgenommen. Und niemand ist dabei zu Schaden gekommen«, fügte er nachdrücklich hinzu.
    »Du versorgst mich, so gut du kannst, Stephan.« Sie blickte unter halb gesenkten Wimpern zu ihm auf. »Nur haben einige von uns größeren Appetit als andere.«
    »Du hättest ihn umbringen können – und den Küchenjungen auch!«
    »Was kümmert mich das?«, versetzte sie und kuschelte sich noch tiefer in die Decken.
    »Die Regeln sind ...«
    »Veraltete Vorstellungen für alte Männer. Du wirst doch wohl nicht einer von ihnen sein?«, entgegnete sie mit einer Impertinenz, die die gespielte Besorgnis ihrer Stimme nicht verbergen konnte. »Ich dachte, du wolltest diese Regeln widerlegen.«
    »Die irrigen, ja. Aber du weißt so gut wie ich, dass nur unsere Diskretion uns unsere Anonymität bewahrt. Diese Anonymität verhindert Krieg zwischen Menschen und Vampiren. Sie erhält das Gleichgewicht. Von Moral werde ich erst gar nicht reden, da ich sicher bin, dass ich damit nichts bei dir erreichen werde. Doch es ist unmoralisch, mit Menschen zu spielen.«
    »Wie unsicher du bist, Stephan! Sie sind nichts, und wir sind mächtig. Wir können uns alles nehmen.«
    Er schöpfte tief Atem. Er durfte nicht den Glauben daran verlieren, dass er ihr diese ... Härte nehmen konnte, die sie so gleichgültig gegenüber Leiden anderer machte. »Nehmen ist nicht der Weg zur Zufriedenheit, Asharti.«
    Sie verengte die Augen. » Nehmen ist der Weg der Welt. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Niemand wird mir je wieder etwas nehmen, Stephan. Jetzt bin ich diejenige, die nimmt.«
    Er bestritt gar nicht, dass sie gelitten hatte. Aber sie durfte diese Erfahrung nicht in einen Zwang verwandeln, anderen Schmerzen zu bereiten, wie sie ihr einst zugefügt worden waren. Ließ der Teufelskreis sich noch durchbrechen?
    »Und du bist auch nicht besser«, fügte sie hinzu, und er konnte sehen, wie ihre Augen sich vor Gehässigkeit verengten. »Von mir nimmst du nur, während du Beatrix schier vergötterst. Von ihr willst du Liebe. Und von mir? Nur Fleischeslust. Doch da ich daran gewöhnt bin, dazu benutzt zu werden, klappt das doch ganz gut, nicht wahr?«
    »Nein, Asharti. So ist das nicht.« Aber so war es eben doch. Sie hatte recht damit, dass er Beatrix liebte. Vielleicht wollte er auch Asharti lieben, doch wie sollte das möglich sein, wenn er so klar und deutlich die zunehmende Finsternis in ihrer Seele sehen konnte?
    Sie lachte – dieses kehlige, etwas heisere Lachen. »Belüg dich selbst, Stephan, aber nicht mich!«
    Sich selbst zu belügen war etwas, wozu er sich niemals würde überwinden können. Es war seine Schuld, seine Verantwortung, dass Asharti durchgedreht war, das Böse verbreitet und auf der ganzen Welt Vampire geschaffen hatte, von einem hemmungslosen Streben nach Macht getrieben, damit niemand ihr je wieder wehtun konnte. Er hatte sie nicht getötet, nicht einmal, als er erkannt hatte, was sie war. Er hatte sie zweimal verschont, einmal in Transsylvanien und einmal in einer Pariser Kathedrale. Daher war er doppelt gestraft mit der Schuld für ihre Sünden. Wenn er Glück
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