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Blutrote Kuesse

Titel: Blutrote Kuesse
Autoren: Jeaniene Frost
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Verteidigung.
    »Fast. Wie viele Vampire hast du umgelegt? Lüge mich nicht an, ich merke es.«
    Die Lippen geschürzt zog ich trotz seiner Warnung eine Lüge in Betracht. Wäre es von Vorteil für mich, ihn glauben zu lassen, ich hätte nur ein paar auf dem Gewissen? Vielleicht würde es keinen Unterschied machen. Durchschaute er meine Schwindelei, würde er mich vielleicht nicht nur einfach umbringen. Es gab viel Schlimmeres als den Tod ...
    »Sechzehn, deinen Freund von letzter Nacht mitgezählt.« Die Ehrlichkeit hatte gesiegt.
    »Sechzehn?«, wiederholte er ungläubig und musterte mich abermals eingehend.
    »Du hast sechzehn Vampire erledigt, ganz allein und nur mithilfe eines Pflocks und deines Dekolletes? Da schäme ich mich ja richtiggehend für meine Artgenossen.«
    »Und ich hätte noch mehr um die Ecke gebracht, wenn ich nicht zu jung gewesen wäre, um in Nachtclubs zu kommen, denn da treiben Vampire sich gewöhnlich herum. Mal ganz abgesehen von der langen Zeit, die ich aussetzen musste, als mein Großvater krank geworden war«, fuhr ich ihn an. So viel zu meinem Vorsatz, ihn nicht noch wütender zu machen.
    Mit einem Mal war er fort, und ich konnte nur noch die Stelle anstarren, an der er gerade noch gestanden hatte. Der war wirklich schnell. Schneller als alle Vampire, denen ich bisher begegnet war. Ich verfluchte meine eigene Ungeduld. Wäre ich doch erst am nächsten Wochenende wieder auf die Jagd gegangen...
    Endlich allein, verrenkte ich mir fast den Hals, um mich zu orientieren. Jäh wurde mir bewusst, dass ich mich in einer Höhle befinden musste. Im Hintergrund konnte ich Wasser tröpfeln hören, und sogar für meine Augen war es finster. Die einsame nackte Glühbirne erhellte nur die unmittelbare Umgebung. Sonst war es dunkel, so dunkel wie in meinen Albträumen. Leise hallende Geräusche zeigten an, dass er noch hier sein musste, wo genau, wusste ich nicht. Meine Chance nutzend, umfasste ich die Handschellen, mit denen ich gefesselt war, und zog mit aller Kraft daran. Schweiß trat mir auf die Stirn, meine Beine verkrampften sich vor Anstrengung, als jeder Muskel auf dieses eine Ziel hinarbeitete.
    Knirschend schabte Metall auf Stein, Ketten rieben rasselnd aneinander, und dann war die einzige Lichtquelle plötzlich aus. Resigniert sackte ich in mich zusammen, als ich aus der Dunkelheit Gelächter hörte.
    »Oh, das tut mir aber leid. Die rühren sich kein Stück... und du auch nicht. Aber du hast es immerhin versucht. Wäre auch zu schade gewesen, wenn dein Widerstandsgeist schon erloschen wäre. Hätte weniger Spaß gemacht.«
    »Ich hasse dich.« Um nicht loszuheulen, wandte ich das Gesicht ab und schloss die Augen. Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name...
    »Die Zeit ist um, Süße.«
    Dein Reich komme. Dein Wille geschehe...
    Meine Augen waren geschlossen, doch ich spürte, wie er näher kam und sich dann der Länge nach an mich presste. Unwillkürlich atmete ich in kurzen scharfen Zügen.
    Er griff nach meinem Haar und strich es vom Hals weg nach hinten.
    ...wie im Himmel so auch auf Erden ...
    Sein Mund presste sich auf meine Kehle, die Zunge fuhr in langsamen, kreisenden Bewegungen über meinen donnernden Puls. Harte Kanten bohrten sich mir in den Rücken, als ich versuchte, in die Felswand zu verschwinden, doch der kalte unnachgiebige Kalkstein machte ein Entrinnen unmöglich. Ich fühlte spitze, scharfe Zähne auf meiner ungeschützten und verletzlichen Halsschlagader. Er schnupperte an meinem Hals wie ein hungriger Löwe bei einer Gazelle.
    »Letzte Chance, Kätzchen. Für wen arbeitest du? Sag mir die Wahrheit, und du bleibst am Leben.«
    »Ich habe dir die Wahrheit gesagt.« Dieses piepsige Flüstern konnte unmöglich von mir kommen. Ohrenbetäubend hörte ich mein Blut rauschen. Hatte ich noch immer die Augen geschlossen? Nein, in der Dunkelheit konnte ich ein schwaches grünes Leuchten sehen. Vampiraugen.
    »Ich glaube dir nicht ...« Seine Stimme war sanft, hatte aber die Wucht eines Axthiebs.
    Amen...
    »Verdammte Scheiße, deine Augen...«
    So tief hatte ich mich in mein inbrünstiges Gebet versenkt, dass ich nicht gemerkt hatte, wie er vor mir zurückgewichen war. Er starrte mich an, den Mund ungläubig geöffnet, die Fangzähne entblößt, das Licht meiner nun grün glimmenden Augen brachte sein Gesicht zum Leuchten. Auch seine braunen Augen hatten jetzt diesen durchdringenden Farbton angenommen, zwei entsetzte Blicke trafen sich in zwei gleichermaßen
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