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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel
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»Das ist unmöglich«, sagte sie erneut, diesmal jedoch ohne rechte Überzeugung. »Wie kann das sein? Wir haben sie gesehen. Wir haben mit ihr gesprochen.«
    »Das dachten wir.«
    Die Notfallfahrzeuge verließen nacheinander die Einfahrt. Dev zog Ramsey zur Seite. Sie schüttelte immer noch den Kopf, während sie zur Rückseite des Hauses gingen. »Vielleicht ist sie noch nicht so lange tot, wie sie glauben. Insekten richten eine Menge Schaden an. Bei näherer Betrachtung bestimmt der Rechtsmediziner den Todeszeitpunkt vielleicht neu.«
    »Aber ich sage dir, sie war an dem Abend auf der Straße, als …«
    Da er mitten im Satz verstummte, wandte sie sich zu ihm um und folgte seinem Blick zur hinteren Veranda des kleinen Häuschens.
    Dort stand Rose. Oder eigentlich schwebte sie. Die Frau, die sie soeben in dem Leichensack hatte liegen sehen. In denselben Kleidern, die sie das eine Mal getragen hatte, als Ramsey ihr begegnet war.
    Es sah aus wie Rose Thornton. Doch ihr Bild war an den Rändern unscharf wie ein Spiegelbild auf einem klaren Teich. Und im nächsten Augenblick verschwamm ihr Bild zu dem einer jungen Frau in einem hochgeschlossenen Kleid mit Knöpfen. Ihre Augen waren voller Kummer.
    »Ruth«, hauchte Dev.
    Als hätte seine Stimme es gebannt, begann ihr Abbild zu zittern und schwächer zu werden. Auf einmal waren nur noch die Lichter da. Tanzende Lichtkugeln, die flackernd durch den Garten hüpften. Und immer heller strahlten. Über der Garage. Über den Büschen. Und im Wald, wo sie schließlich verschwanden.
    »Verdammt noch mal.« Ramsey klammerte sich so fest an Devs Arm, dass sie fürchtete, ihm wehzutun, doch sie konnte einfach nicht loslassen. »Was zum Teufel war das? Was war das?«
    »Das«, begann er, ehe er stockend ausatmete und mit ehrfürchtig staunendem Unterton weitersprach, »war eines der Dinge, die sich nicht wissenschaftlich erklären lassen. Aber ich habe das Gefühl, die Einwohner von Buffalo Springs haben den roten Nebel zum letzten Mal gesehen.«
    Ramseys Verstand rang immer noch mit den Schlussfolgerungen. Dev drehte sie zu sich um. »Na ja, genau das hab ich ja immer gesagt.« Die Krümmung seiner Lippen strafte seinen ernsten Blick Lügen. »Du kannst nicht alles auf dieser Welt analysieren. Manche Dinge musst du einfach als das hinnehmen, was sie sind. Oder was sie sein könnten.«
    »Ich glaube, das hat mir schon mal jemand gesagt«, erwiderte sie mit zitternder Stimme.
    Dev nickte. »Muss ein kluger Mann gewesen sein. Hier sind noch ein paar Fakten, über die du nachdenken kannst. Wir sind beide viel auf Reisen, aber schreiben kann ich überall. Und mir ist egal, wo ich lebe.« Sein Lächeln war nicht schwächer geworden, ebenso wenig wie seine eindringliche Miene. »Aber mir ist überhaupt nicht egal, mit wem ich lebe. Und jetzt hoffe ich, dass du das Ganze nicht so eng siehst, weil ich nämlich mit dir leben möchte.«
    Sie spürte, wie vorsichtig er sich an sie herantastete und ihr nur das Allernötigste anbot, damit sie nicht wie der geölte Blitz davonlief. Weg von all dem, was er ihr anbot. Weg von allem, was er wollte.
    Ihre Handflächen wurden feucht, und ihr Herz raste. In ihren Ohren rauschte es. »Ich bin aber … ein großes Risiko.«
    »Süße, ich verdiene mein Geld mit der Jagd nach Geistern. Du bist diejenige, die hier ein Risiko eingeht.«
    Sie musste lachen, obwohl sie wusste, dass das nicht stimmte. Von ihnen beiden war sie diejenige, die entsetzliche Angst davor hatte, ihn zu enttäuschen. Entsetzliche Angst davor, dass, egal was sie gab, es nie genug sein konnte.
    Doch als sie ihn ansah, wusste sie, wie ihre Antwort lauten würde. Denn ganz egal was sie auch sonst empfinden mochte, am meisten Angst machte ihr der Gedanke, ihn nie wiederzusehen.
    »Ich habe es mir den größten Teil meines Lebens leicht gemacht. Es ist leichter, wenn man überhaupt nichts empfindet. Was ich jetzt für dich empfinde …« Sie holte tief Luft. »Es macht mir große Angst. Aber der Gedanke, es zu verlieren, dich zu verlieren, macht mir noch mehr Angst.«
    Auf seinem Gesicht prangten nach wie vor mehrere Blutergüsse, doch die reine, unverfälschte Freude auf seiner Miene brachte ihr Herz ins Stolpern. »Wir lassen es langsam angehen«, versprach er, während er seinen Kopf zu ihr neigte. »Was hältst du davon, wenn wir unseren Erstgeborenen nach meinem Daddy nennen?«
    Sie zuckte zusammen, und die alte Panik wollte sich schon zurückmelden, doch da sah sie das schelmische
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