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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht
Autoren: Jonathan Kellerman
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Kopf und schlang sie lose zusammen. »Wie geht’s Robin?«
    »Besser.«
    »Gut. Könntest du mir bitte das Wasser reichen?«
    »Klar.«
    »Danke.«
    Augenblicke zuvor waren wir ineinander verloren gewesen. Jetzt führten wir ein zivilisiertes Gespräch.
    Ich fragte: »Denkst du an Robin?«
    »Sie beschäftigt mich nicht. Ich habe Mitgefühl mit ihr.« Sie trank Wasser. Stellte das Glas vorsichtig ab. »Liebling, irgendwann wirst du damit fertig werden müssen.«
    »Womit?«
    »Dass du sie gerettet hast. Was das für sie bedeutet.«
    »Tim ist bei ihr. Sie bekommt moralische Unterstützung.«
    Ich hatte vor zwei Tagen in dem Haus in Venice vorbeigeschaut. Tim war an die Tür gekommen, hatte etwas sagen wollen. Die Worte waren ihm im Hals stecken geblieben – Sprechguru mit Stummheit geschlagen. Er hatte meine Hand umklammert, sie hart geschüttelt und war hinausgegangen. Ließ Robin und mich allein im Wohnzimmer. Es war seltsam, sie dort einfach sitzen zu sehen. Seit ich sie kannte, hatte sie Schwierigkeiten damit, nichts zu tun.
    Sie akzeptierte eine Umarmung, dankte mir, sagte mir, es ginge ihr gut.
    Ich pflichtete ihr bei.
    Irgendwie überstanden wir beide den Moment. Ich blieb eine Weile, dann ging ich.
    Allison sagte: »Ich rede nicht von moralischer Unterstützung, Liebling.«
    »So, wie ich es sehe«, sagte ich, »hab ich sie nicht gerettet. Ganz und gar nicht. Tim ist der Held, sein Anruf hat den Ball ins Rollen gebracht. Ich bin nicht mal an den Apparat gegangen, als er mich das erste Mal zu erreichen versuchte. Und wenn du nicht gewesen wärst, wer weiß, ob ich wirklich hingefahren wäre.«
    »Wenn ich nicht gewesen wäre, wärst du früher dort gewesen.« Sie lächelte.
    »Was ist?«
    »Teamwork«, sagte sie. »So siehst du es.«
    Ich stützte mich auf den Ellbogen. »Ist das die beste Zeit für diese Diskussion?«
    »Welche Zeit wäre besser?«
    »Den heutigen Abend«, sagte ich, »hatte ich mir eher romantisch vorgestellt.«
    »In meinen Augen ist Aufrichtigkeit Teil einer romantischen Beziehung«, erwiderte sie. »Zumindest ein bisschen.« Sie rollte auf mich zu, nahm mein Gesicht in die Hände und küsste mich auf die Lippen.
    »Da widerspreche ich besser nicht«, sagte ich. »Einer Frau mit Schusswaffe und so.«
    Sie lächelte erneut. Legte sich wieder hin.
    Stützte sich auf die Ellbogen. Küsste mich auf eine neue Weise.

53
    »Eine ironische Geschichte für den Autor meiner Biografie«, sagte Milo und vertilgte den Rest seines Sandwichs. »Ich kriege meinen Durchsuchungsbefehl, fühle mich Spitze, und die Show läuft ohne mich ab.«
    »Shulls Mommy hat einen guten Anwalt engagiert«, sagte ich. »Die Show ist erst vorbei, wenn sie vorbei ist.«
    »Das stimmt«, erwiderte er und wischte sich das Gesicht ab. Das Sandwich war eine Do-it-yourself-Angelegenheit gewesen. Truthahn und Steak und kalte Fleischklößchen und was er an Gemüse in meinem Kühlschrank gefunden hatte zwischen mehreren Scheiben Roggenbrot. So groß, dass eine Baugenehmigung erforderlich gewesen wäre.
    »Trotzdem«, sagte er, »bekenne ich mich zu einem gewissen Optimismus.«
    »Das ist ja was völlig Neues.«
    »Wie du siehst, Alex, bin ich tatsächlich bereit, mich zu ändern.«
    »Das bist du allerdings.«
    Er faltete seine Serviette zusammen. »Es bringt mich um, dass ich es verpasst habe. Nichts ist besser, als einen auf frischer Tat zu ertappen. In zwanzig Jahren kann ich die Gelegenheiten an einer Hand abzählen.«
    Die Tat war Robin gewesen. Ich sagte nichts.
    »Stahl geht’s besser«, berichtete er. »Rick sagt, er bleibt bestimmt am Leben. Der Junge hat Glück gehabt. Und dumm war er obendrein. Allein auf Shull loszugehen, ohne Unterstützung anzufordern. Petra sagt, seine Erklärung wäre, dass alles zu schnell geschehen ist.«
    »Gott sei Dank war er da, um Shull aufzuhalten.«
    »Gott sei Dank warst du da.«
    »Das verdanke ich Allison.« Ich dachte: Robin verdankt es Tim und Allison.
    Dachte: Das Leben ist kompliziert.
    »Wie geht’s Robin?«, fragte er.
    »Sie kommt zurecht.«
    Er spielte mit seiner Serviette. »Ich bin direkt danach zu ihr gegangen. Sie sah ziemlich benommen aus.«
    Ich stand auf und goss mir eine Tasse Kaffee ein.
    »Jedenfalls«, sagte Milo, »hat Stahl heute Morgen etwas mehr mit Petra geredet. Kein Wort darüber, dass er einen Messerstich abbekommen hat, und sie wollte ihn nicht aufregen. Er wollte ihr unbedingt mitteilen, dass Shull, bevor er zu Robin fuhr, an einem leeren Grundstück in
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